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Schwarzer Sonntag

Schwarzer Sonntag

Titel: Schwarzer Sonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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sauber. Die Polizeiakten verzeichnen nur eine einzige Verhaftung. Tätlicher Angriff und Erregung öffentlichen Ärgernisses in einem französischen Restaurant. Die Anklage wurde fallengelassen.
Das Haus war nicht sehr ergiebig«, fuhr er fort. »Es war eine Plastikbombe, etwa ein halbes Kilo. Wir nehmen an, daß sie an die Glühbirnenfassung im Kühlschrank angeschlossen war. Jemand zog den Stecker raus, schloß die Bombe an, machte den Kühlschrank zu und steckte den Stecker wieder rein. Ungewöhnlich.«
»So eine Geschichte hab ich doch schon einmal gehört«, sagte Kabakov leise, zu leise.
»Ich lasse Sie gleich morgen früh ins Bethesda Naval Hospital verlegen. Dort können wir ausreichende Sicherheitsvorkehrungen treffen.«
»Ich gedenke nicht so lange zu bleiben.«
»O doch, Sie bleiben.« Corley nahm die Spätausgabe der New York Post aus der Jackentasche und hielt sie hoch. Kabakovs Bild war auf Seite 3. Es war über die Schulter eines Krankenträgers hinweg geschossen worden, als man Kabakov in die Notaufnahme gebracht hatte. Das Gesicht war rauchgeschwärzt, aber durchaus erkennbar. »Ihr Name wird mit ›Kabov‹ angegeben, ohne Adresse und ohne Beruf. Wir haben die Presseabteilung der Polizei zum Schweigen vergattert, noch bevor Ihre Identität endgültig geklärt war. Jetzt habe ich Washington auf dem Hals. Mein Chef meint, die Araber könnten Sie auf diesem Bild erkennen und zuschlagen.«
»Großartig. Dann können wir einen kassieren und uns mit ihm über die Sache unterhalten.«
»O nein. Nicht hier in diesem Krankenhaus. Dazu müßten wir es erst evakuieren. Außerdem könnte es ihnen gelingen. Und tot nützen Sie mir nichts. Wir wollen keinen zweiten Yosef Alon.«
Oberst Alon, der israelische Luftattaché in Washington, war 1973 von einem Mordkommando der Guerillas in der Einfahrt zu seinem Haus in Chevy Chase, Maryland, niedergeschossen worden. Kabakov hatte Alon gekannt und geschätzt. Er hatte auf dem Flughafen Lod neben Mosche Dajan gestanden, als Alons Leiche aus dem Flugzeug gebracht wurde und der Wind die Flagge kräuselte, die seinen Sarg bedeckte.
»Möglicherweise schicken sie dieselben Leute, die Oberst Alon getötet haben«, sagte Moschevsky mit einem Krokodillächeln.
Corley schüttelte müde den Kopf. »Sie würden Killer herschicken, das wissen Sie. Nein. Wir wollen keine Schießerei im Krankenhaus haben. Später können Sie meinetwegen in einem roten Fallschirmspringerdress vor der Vertretung der VAR eine Rede halten. Ich aber habe Befehl, dafür zu sorgen, daß Sie am Leben bleiben. Der Arzt sagt, Sie müssen mindestens eine Woche fest liegen. Packen Sie morgen früh Ihr Stechbecken ein. Sie kommen ins Bethesda. Der Presse sagen wir, daß wir Sie nach San Antonio ins Brooklyn Army Hospital gebracht haben, auf die Intensivstation für Verbrennungsfälle.«
Kabakov schloß ein paar Sekunden lang die Augen. Im Bethesda war er den Bürokraten ausgeliefert. Man würde ihn zwingen, das nächste halbe Jahr die Bilder verdächtiger arabischer Zuckerbäcker zu betrachten.
Aber er hatte nicht die Absicht, ins Bethesda zu gehen. Er brauchte nur ein bißchen ärztliche Pflege und einen Platz, wo er sich zwei oder drei Tage ungestört erholen konnte. Er wußte, wo er all das haben konnte. »Corley, ich kann selbst für mich sorgen. Hat man Ihnen gesagt, daß es unbedingt das Bethesda sein muß?«
»Man hat mir gesagt, daß ich für Ihre Sicherheit verantwortlich bin. Und Sie werden in Sicherheit sein.« Es war eine unausgesprochene Drohung. Wenn Kabakov nicht mitspielte, würde das State Department dafür sorgen, daß er nach Israel zurückbeordert wurde.
»In Ordnung. Bis morgen früh habe ich alles arrangiert. Sie können dann die Sache überprüfen, bis Sie zufriedengestellt sind.«
»Ich verspreche Ihnen nichts.«
»Aber Sie geben mir eine Chance?« Kabakov haßte es, zu betteln.
»Wir werden sehen. Ich lasse inzwischen fünf Mann auf dieser Etage. Sie können es wohl nicht ertragen, eine Runde zu verlieren, nicht wahr?«
Kabakov sah ihn an, und Corley mußte bei seinem Anblick plötzlich an den Dachs denken, den er als Junge in Michigan gefangen hatte. Der Dachs war auf ihn zugekommen und hatte die Falle hinter sich her geschleppt. Der gebrochene Hinterlauf zog dabei eine Furche durch den staubigen Boden. Das Tier hatte ihn so flehend angesehen wie Kabakov.
Sobald Corley das Zimmer verlassen hatte, versuchte Kabakov sich aufzurichten und sank dann, von der Anstrengung ganz benommen, aufs

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