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Schwarzer Tanz

Schwarzer Tanz

Titel: Schwarzer Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanith Lee
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zögerte.
    » Cheta«, sagte sie, » wann wurde das Kaninchen gefangen?«
    » Gestern Morgen, Miss Anna.«
    » Ich glaube nicht, dass Fleisch in so kurzer Zeit verderben kann. Es ist besser, wenn man ein Weilchen mit dem Verzehr wartet.«
    » Es ist schlecht«, wiederholte Ruth boshaft.
    » Sei nicht albern«, sagte Anna. » Glaubst du, ich würde dir gestatten, irgendetwas Verdorbenes zu essen? Sieh her, ich esse es doch auch.«
    » Du würdest alles essen«, sagte Ruth.
    Anna widersprach vernünftig: » Natürlich würde ich das nicht, Ruth.«
    » Doch würdest du. Du trinkst Blut. Du gehst in der Dämmerung nach draußen und fängst irgendwelche Dinge, und dann trinkst du ihr Blut.«
    Anna sah verwundert und betroffen drein.
    » Was bringt dich nur auf solch fürchterliche Gedanken …«
    » Ihr seid Vampire. Alle Scarabae sind Vampire.«
    » Unsinn, Ruth. Du weißt ja nicht, was du redest.«
    » Du trinkst Blut«, wiederholte Ruth hartnäckig, fast stolz.
    Anna wirkte wie eine Fliege in einem Spinnennetz. Ihre übliche Gelassenheit hatte sie wohl für einen Augenblick verlassen, so wie damals, als Rachaela sich mit ihr über sexuelle Dinge unterhalten wollte. Offensichtlich war auch das Trinken von Blut eine sexuelle Angelegenheit und hatte nichts mit Nahrungsaufnahme zu tun. Wahrscheinlich hatte Anna so etwas auch noch nie getan. Adamus war derjenige, in dem das verzauberte Gen zum Vorschein gekommen war.
    » Du weißt nicht, was du redest«, sagte Anna. » Ich hätte nie ein solches Benehmen von dir erwartet.«
    » Du saugst die Kaninchen in der Küche aus! Der alte Dorian kaut die Knochen! Alice strickt mit Knochen!«, sang Ruth und sprang erregt von ihrem Stuhl hoch. » Livia macht Halsketten aus Knochen. Jack hat braune Flecken auf seinen Händen, es sind Flecken aus altem Blut, und George spült sich die Zähne mit Blut.«
    » Ruth. Jetzt ist aber genug …«
    » Miriam und Unice trinken Blut aus Teetassen und tun so, als wäre es Tee. Stephan trinkt vor dem Abendessen Blut. Wenn ihr sterbt, werdet ihr alle in die Hölle kommen.«
    » Ruth!« Annas Stimme klang kalt und autoritär, Ruths ausgelassene Stimmung brach in sich zusammen. » Du bist ein ungezogenes, dummes kleines Mädchen. Du darfst dein Abendessen stehen lassen, da du es nicht magst, und du wirst sofort auf dein Zimmer gehen.«
    » Ich will Adamus sehen!«, brüllte Ruth. Ihre Stimme trug einen groben, schrillen Unterton. Niemals hatte Rachaela Ruth so nahe der Hysterie gesehen, wenn ihr etwas verweigert worden war. Doch sie hatte ihr auch nie etwas verweigert, wonach es sie so sehr verlangte.
    » Wenn Adamus bereit ist, wird er dich empfangen«, sagte Anna. » Aber ich bezweifle, dass er ein ekelhaftes kleines Gör sehen will, das so hässliche Reden schwingt.«
    » Doch, das will er«, sagte Ruth. » Er mag mich. Er will mich heiraten.«
    » Vergiss es«, sagte Anna. » Ich habe dir schon gesagt, dass du zu jung für eine Ehe bist und dass du warten musst. Dein Ausbruch heute Abend hat das nur noch mehr gezeigt.«
    » Du bist schlecht«, sagte Ruth, ebenso wie sie es von dem Kaninchen behauptet hatte. Ihr Gesichtsausdruck schien jetzt unbeugsam, ebenso wie Annas. » Du hinderst ihn daran, mich zu sehen.«
    » Er will dich nicht sehen. Er muss sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern. Du bist ein Kind, Ruth, und du musst dich auch dementsprechend benehmen. Geh auf dein Zimmer, wie ich es dir befohlen habe.« Ruth verließ den Tisch. Sie warf Rachaela einen kurzen emotionslosen Blick zu. Rachaela hätte genauso gut ein weiteres Möbelstück sein können.
    » Ich gehe auf mein Zimmer, aber du bist trotzdem schlecht. Du bist böse und wirst in die Hölle kommen.«
    Anna erhob sich, um sie herum herrschte eine Aura des Eises und der Dunkelheit.
    Ruth ging aus dem Zimmer.
    Anna setzte sich und nahm einen Schluck aus ihrem Wasserglas. Zu Rachaela gewandt, sagte sie: » Du hast sie nie richtig an die Kandare genommen.«
    » Doch«, sagte Rachaela. » Aber ich habe nie versucht, ihren Willen zu brechen. Damit wirst du jetzt zu kämpfen haben.«
    » Ich werde mit niemandem kämpfen müssen. Sie wird schon noch Vernunft annehmen.«
    » Das hat mit Vernunft überhaupt nichts zu tun. Sie will ihren Vater, ihren Liebhaber und Ehemann. Du wirst ihn ihr aushändigen müssen, oder du hast ein richtiges Problem.«
    » Ich bin nicht sein Vormund.«
    » Oh doch, das bist du. Du und die Scarabae. Ihr könnt vielleicht Adamus dazu zwingen, euch zu gehorchen.

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