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Schwarzer Tanz

Schwarzer Tanz

Titel: Schwarzer Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanith Lee
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über der Tür waren unbeschadet geblieben.
    Als das Licht verschwunden war und sie Michael hörte, der die Lampe im Gang anzündete, ging sie nach draußen.
    » Michael, hast du die Fenster gesehen?«
    » Ja, Miss Rachaela.«
    Doch er gab keine weiteren Informationen preis. Was die Scarabae vorhatten, das führten sie auch aus, es war wie bei Sylvian und seiner Bibliothek. Einem Impuls folgend, ging Rachaela daraufhin in die Bibliothek. Eine Lampe brannte auf dem Tisch neben dem Globus, nichts schien verändert. Rachaela ging zu der Nordwand und zog ein Buch aus dem Regal. Es war unbeschadet und leserlich. Rachaela drehte sich um. Auf dem Tisch lag ein aufgeschlagenes Buch, Gesicht nach oben. Zwei Linien in Form von zwei Kreuzen waren exakt über jede Seite gemalt worden.
    Auch all die vorhergehenden Seiten waren durchkreuzt. Das Ebenholzlineal lag bereit, und der Federhalter war feucht gewesen, hatte einen Tropfen Tinte auf dem Tisch zurückgelassen.
    Eine seltsame, aufgeregte Furcht überkam Rachaela.
    Sie verließ die Bibliothek und lief zurück in die Halle.
    Kein Scarabae weit und breit. Wie still das Haus war, und wie laut die See rauschte.
    Im Wohnzimmer brannten die Lampen.
    Rachaela ging langsam auf den Raum zu. Wahrscheinlich war nur Anna nach unten gekommen. Anna, die Matriarchin, mit größter Wahrscheinlichkeit Adamus’ Mutter, das Sprachrohr der Scarabae.
    Rachaela betrat das Wohnzimmer nur zögernd.
    Sie wartete, hielt Ausschau nach Cheta, Maria … doch die waren wahrscheinlich schon vor einer halben Stunde hier gewesen, um die Lampen anzuzünden. Michael würde bald auftauchen, um die Drinks zu servieren.
    War Stephan im Zimmer? … und Ruth … Ruth würde nicht da sein.
    Rachaela betrat das Wohnzimmer.
    Sie ließ ihren Blick vorsichtig durch den Raum schweifen. Betrachtete die feingliedrigen Möbel mit ihrer viele Jahre alten Staubschicht, die glänzenden Oasen der polierten Tische, das noch nicht beendete Schachspiel, die Sofas und Sessel vor dem weißen Marmorkamin mit seinen Säulen und Schirmen. Anna lag auf dem Teppich vor dem Kamin.
    Sie schien aus einem Sessel gefallen zu sein, da ihr Strickzeug überall verstreut lag, die bunte Seide voller Blut.
    Anna wirkte äußerst dekorativ, ihre dunklen Röcke neben ihr ausgebreitet, ihre Hände lagen an ihrer Seite. Ihr Kopf war ein wenig nach rechts gedreht, und auf ihrer Stirn prangte ein leuchtendes Mal, wie ein Klecks aus roter und purpurner Farbe.
    In ihrer linken Brust steckte irgendetwas.
    Rachaela trat vor und starrte verständnislos auf dieses Ding hinunter, bis ihr plötzlich bewusstwurde, dass es der abgerundete Kopf einer stählernen Stricknadel war. Sie war ihr mit solcher Wucht in den Körper gerammt worden, dass einzig der Boden unter Annas Rücken sie hatte aufhalten können.
    Annas Gesicht wirkte erstaunt, fast heiter, doch ihr Mund stand offen, ebenso wie damals bei Sylvian. Rachaela vernahm ein leises Geräusch hinter sich, dem das laute Krachen von zerbrechendem Glas folgte. Ein Schrei wie von einem in der Falle gefangenen wilden Tier gellte durch den Raum.
    Sie drehte sich um und sah Maria, die das silberne Tablett mit den Karaffen und Flaschen, von denen fast alle zerbrochen waren, fallen gelassen hatte. Die Scherben lagen in einer blutroten Lache auf dem Boden. Maria heulte auf und rannte aus dem Zimmer.
    Rachaela wurde übel. Die Wände schienen einzustürzen und standen dann wieder still. Anna war tot. Anna war ermordet worden.
    Und das Einzige, was Rachaela tun konnte, war dazustehen, möglicherweise schuldbewusst, und immer wieder auf das Stigma an Annas Stirn und die Nadel in ihrer Brust zu starren. Die anderen kamen leise herein. Sie schlurften aus ihren Schlupfwinkeln und Spalten herbei. Die Scarabae. Niemand sonst schrie auf, nur ein- oder zweimal war ein gedämpftes, kleines Aufschluchzen zu hören. Rachaela drehte sich nicht zu ihnen um. Sie war wie hypnotisiert. War sie also doch wie die anderen?
    Schließlich trat jemand an ihre Seite; es war Stephan, der auf Anna herabblickte und seltsame, ziellose Bewegungen mit seinen Händen vollführte, als wollte er die Wellen der Luft glätten. Dann kam Carlo und hob Anna hoch, um sie aufs Sofa zu legen. Auf dem Teppich war kein Blut. Die Nadel hatte die Wunde, die sie beigebracht hatte, verkapselt, und das Mal auf der Stirn hatte kaum geblutet.
    Die Scarabae drängten sich um die auf dem Sofa liegende Anna, gingen an Rachaela vorüber, als wäre sie ein Möbelstück. Sie

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