Schwarzer Tod
»Verstehe. Und woher wissen Sie, daß sie diese Diamanten hat?«
»Ich habe verläßliche Informationen, Sturmbannführer. Eine Meldung von einer anderen Gefangenen.«
Rachel drehte sich beinah der Magen um. Welche Mitgefangene würde sie an die SS verraten?
»Und wo versteckt sie diese Edelsteine?«
Sturm gewann rasch an Zuversicht. Endlich einmal sprachen die Tatsachen zu seinen Gunsten. »Sie versteckt sie in ihren Geschlechtsteilen, Sturmbannführer, wie alle diese schamlosen jüdischen Kühe!«
Schörner schwieg einen Augenblick lang. »Nachdem Sie diese Informationen erhalten haben, Hauptscharführer, hätten Sie mich informieren müssen. Ich hätte die Gefangene von einer zivilen Krankenschwester durchsuchen lassen. Ihr Verhalten ist äußerst unvorschriftsmäßig, und steht einem deutschen Soldaten auch nicht gut an.«
Sturm errötete. Er würde sich nicht vor einer Jüdin demütigen lassen. »Ich kenne meine Pflichten, Sturmbannführer! Wenn diese Gefangene die Vorschriften verletzt, dann durchsuche ich sie auf der Stelle.«
»Ihre Pflichten, Hauptscharführer?« Schörner hob die Augenbrauen. »Während Sie Frauen in Gassen belästigen, war ich unterwegs, um Ihre Pflichten für Sie zu erfüllen. Ich habe nicht nur herausgefunden, daß unser verschwundener Oberscharführer eine unerlaubte Affäre mit der Frau eines unserer Kriegshelden hat, sondern auch, daß er erst letzte Nacht mit ihr im Bett war. Die Frau hat berichtet, daß sie Schüsse gehört hat, nachdem er gegangen ist. Ich bin sofort zurückgekommen, um Sie und Ihre Hunde zu Hilfe zu holen, damit wir gemeinsam das Gebiet durchsuchen können. Und was muß ich sehen? Sie, der sich noch widerlicher benimmt als Gauss!«
Die Nachrichten über Gauss überraschten Sturm, aber er hatte nicht vor, Rachel einfach entkommen zu lassen. »Sturmbannführer, ich werde persönlich die Hunde nehmen und das Gebiet durchsuchen; aber erst müssen wir die Gefangene von ihrer Schmuggelware befreien«
Schörner schaute sich in der Gasse um. Der SS-Mann sah demonstrativ in die andere Richtung. Nun, da Sturms Strategie versagt zu haben schien, wollte er nichts mehr mit ihm zu tun haben. »Ich schlage vor, Hauptscharführer«, sagte Schörner eisig, »daß Sie Ihre Hunde holen und aufhören, meine Zeit zu verschwenden. Diese Gefangene ist mir bekannt. Ich bezweifle ernsthaft, daß sie Diamanten besitzt, oder daß sie sie auf eine derart widerliche Weise versteckt, wie Sie es beschreiben. Offensichtlich funktioniert Ihr Verstand genauso wie der von Oberscharführer Gauss.«
Sturm wußte, daß er jetzt besser aufhören sollte, doch er konnte nicht. »Woher wissen Sie, was zwischen ihren Beinen versteckt ist oder nicht?« fragte er.
Schörner riß den Kopf zurück, als hätte Sturm ihn mitten ins Gesicht geschlagen.
»Ganz recht«, sagte Sturm mit wachsendem Selbstbewußtsein. »Ich kenne Ihr Spiel. Sie sind nicht besser als Gauss oder irgend jemand anders. Meinen Maßstäben nach sind Sie sogar eine ganze Menge mieser.«
Schörner packte Sturm an der Kehle. Er rammte den Hauptscharführer gegen die Zwingerwand und drückte fest genug zu, daß es Sturm hätte töten können. Die Deutschen Schäferhunde kläfften wie verrückt.
Sturm versuchte zu sprechen, aber bekam keine Luft.
Schörners Stimme klang noch kälter denn zuvor. »Möchten Sie etwas sagen, Hauptscharführer?« Er lockerte den Griff weit genug, daß Sturm flüstern konnte.
Der Hauptscharführer sog soviel Luft ein, wie er konnte, und stieß dann hervor: »Sie sind eine Schande für diese Uniform, Sie judenfickender Mistkerl!«
Schörner wurde kreideweiß. Als er diese Worte aus dem Mund eines Mann hörte, der nie in einem einzigen Gefecht gestanden oder sich unter feindlichem Feuer befunden hatte, verlor er kurzfristig die Beherrschung. Er rammte Günther Sturm das Knie in die Weichteile. Als Sturm gequält vornüber kippte, hämmerte er ihm die Faust in den Nacken und warf ihn zu Boden. Bevor der Hauptscharführer reagieren konnte, setzte Schörner ihm den Stiefel auf den Hals und preßte sein Gesicht in den Schotter.
Rachel sah entsetzt und fasziniert von der Krankenhauswand aus zu. Sie bemerkte, daß Frau Hagan noch erstaunter war als sie. Sturms rotes Gesicht wurde in den Dreck gepreßt wie das eines eigensinnigen Hundes. Sturmbannführer Schörner schien zu überlegen, ob er weitermachen und Sturm mit seinem auf Hochglanz poliertem, genagelten Stiefel den Hals brechen sollte. Eine Weile
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