Schwarzer Tod
könnte, Duff. Was ist, wenn sie gefangen und gefoltert werden, bevor sie den Angriff starten können? Haben Sie Ihnen diese Pillen gegeben?«
»Stern hat die ganze Zeit eine bei sich ... kaum zu glauben. Aber ich glaube nicht, daß McConnell Zyankali nehmen würde, selbst wenn er es bei sich hätte.« Brigadegeneral Smith tastete in seiner Tasche nach der Pfeife. »Aber darüber brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Wenn eine Gefangennahme bevorsteht, hat Stern den Befehl, den guten Doktor auf der Stelle zu erschießen.«
Churchills Telefon hörte endlich auf zu klingeln.
»Das ist ein harter Befehl, Duff. Er würde einigen Leuten nicht besonders gefallen - und zwar auf beiden Seiten des Atlantiks.«
Smith hatte dieses letzte Aufbäumen von Gewissen erwartet. »Es gibt einen Präzedenzfall, Winston. Als wir unsere Radarexperten nach Dieppe geschickt haben, um diese Deutsche Radarstation zu erkunden, haben wir Killer, getarnt als Leibwächter, hinter ihnen hergeschickt. Für den Fall, daß die Jerries zu nahe kämen.«
»Ich verstehe nicht, wieso das unsere Lage verbessern sollte.«
Smith lächelte. »Einer dieser >Leibwächter< war ein amerikanischer FBI-Agent. Wenn die Yankees keine Bedenken hatten, daß ein FBI-Mann unsere Wissenschaftler abknallt, dann sehe ich nicht, wie sie Einwände dagegen haben könnten, wenn wir dasselbe tun.«
Brendan Bracken öffnete die Tür zum Arbeitszimmer. »Hayes Lodge. General Eisenhower wartet auf Sie in der Leitung.«
Churchill nickte und winkte seinem Berater, das Zimmer zu verlassen. »Darüber ließe sich streiten, Duff, aber sollte irgendwas von dieser Sache jemals herauskommen, dann ist es vollkommen irrelevant, wer wen erschossen hat. Alles, was zählt, sind Geheimhaltung und Ergebnisse. Aber sagen Sie mir eines ... Glauben Sie, daß Stern McConnell wirklich kaltblütig erschießen würde?«
Duff Smith stand auf und glättete seine Khakihose. »Winston, daran habe ich nicht den geringsten Zweifel.«
28
Das Tarnflugzeug stürzte wie ein Nachtfalke aus dem dunklen Himmel und schoß in so steilem Sturzflug durch die unheimlichen Wolken, daß McConnell dachte, die Flügel würden abreißen jedenfalls kam es ihm so vor.
»Halten Sie sich an den Sitzen fest!« riet ihnen der Pilot.
McConnell schloß die Augen, während die Lysander weiter ratternd auf die Erde zustürzte. Das Flugzeug war gerammelt voll. Die Koffer mit den Anti-Gas-Anzügen und den gestohlenen Sprengmitteln hatten sie in den schmalen Raum hinter ihren Sitzen gepreßt. Der Koffer mit den Sauerstoffflaschen lag auf McConnells Schoß. Sein Seesack, der Verpflegung, seine Schmeisser und Zivilkleidung zum Wechseln sowie einige medizinische Mittel enthielt, stand neben ihm.
»Wird Ihnen schlecht?« fragte Stern mit lauter Stimme «Über das Dröhnen des Motors hinweg.
McConnell öffnete die Augen. Er fühlte sich wie ein Mann, der in den Tod springt, während Sterns Gesicht vollkommen unbeteiligt wirkte. Ob er selbst wohl auch so einen authentischen Nazi abgab wie Stern? McConnell trug die Uniform eines Untersturmführers und hatte Papiere dabei, die ihn als SS-Arzt auswiesen, aber er fühlte sich genauso deutsch wie ein Frankfurter Würstchen aus einer Fleischfabrik in Georgia. In der feldgrauen SD-Uniform und der Mütze, mit dem Eisernen Kreuz Erster Klasse an der Uniformjacke strahlte Stern eine finstere Autorität aus.
»Scheißflugzeug!« fluchte Stern laut und rückte die gefütterte Ledertasche und die Schmeisser auf seinem Schoß zurecht.
»Pech!« schrie der Pilot. »Dagegen konnte ich nichts machen!«
McConnell schwieg. Die Linie aus blaßblauem Licht am östlichen Horizont war Kommentar genug. Es wurde allmählich Morgen, und sie waren noch immer nicht gelandet. Die ganze Nacht war ein Rennen gegen die Zeit gewesen. Nach dem Treffen mit Churchill hatten sie einen kurzen Abstecher zu einem gesperrten Flugplatz gemacht. Dort hatten Brigadegeneral Smith und ein Adjudant sie an Bord eines gekaperten Junkersbombers gebracht. Der war laut Smith angeblich so geheim, daß sie nicht einmal den Piloten sehen durften. Die Junkers trug noch alle Original Luftwaffenmarkierungen, die für einen gefährlichen Flug aus dem britischen Luftraum sorgten, aber dafür war die Reise nach Schweden ereignislos verlaufen. Während des Fluges hatte Smith dem Piloten sogar befohlen, die Bombenschächte zu öffnen, damit er ihnen die deutschen Kriegsschiffe zeigen konnte, die nun schon seit Jahren versuchten,
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