Schwarzer Tod
englisch.
»Ich bin Anna Kaas«, sagte die junge Frau, zog ihren schweren Mantel aus und enthüllte eine Figur, die absolut nichts Männliches an sich hatte. »Sagen Sie Ihrem faulen Freund, daß er diese Koffer in den Keller bringen soll. Sie sind jetzt in Deutschland.«
»Ach du lieber Gott!« sagte Stern, der in der Tür erschienen war.
»Haben Sie einen Mann erwartet?« fragte Anna. »Tut mir leid, daß ich Sie enttäuschen muß.«
McConnell sah verblüfft zu, wie die junge Frau ihnen Kaffee einschenkte. Sie war fast in seinem Alter und hatte dunkelbraune Augen. Sehr untypisch für eine Frau, die ansonsten dem arischen Typ der strohblonden, blauäugigen Brunhilde entsprach.
»Sie haben sich um Stunden verspätet«, sagte sie. »Wollten Sie uns umbringen?«
»Wir hatten ein Problem mit unserer Maschine«, erklärte Stern und trat in die Küche. »Arbeiten Sie im Lager?«
»Ja, ich bin Krankenschwester. Wir sind zu sechst.«
»Macht Ihnen Ihre Arbeit Spaß?«
Selbst im Licht der Kerze sah McConnell, wie die Frau bei seiner Bemerkung errötete. »Wenn ja, würde ich dann zwei unhöfliche Engländer bei mir übernachten lassen?« gab sie zurück.
»Ich bin Amerikaner«, bemerkte McConnell.
»Und ich Deutscher«, fügte Stern hinzu. »Ich bin 30 Kilometer von hier aufgewachsen, in Rostock.«
»Wie schön für Sie«, meinte Anna. »Vielleicht bleiben Sie dann ja lange genug am Leben, um Ihren Auftrag auszuführen.«
Stern trat ans Küchenfenster und spähte durch den Spalt zwischen den Vorhängen hindurch. McConnell sah das Morgengrauen selbst von der Stelle, an der er stand.
»Sobald der Wind nachläßt«, sagte Stern, »muß ich nur noch eine halbe Stunde überleben, um das tun zu können.«
»Wie meinen Sie das?« wollte Anna wissen.
»Ich meine, daß wir den Auftrag ausführen werden, sobald der Wind sich legt.«
»Wohl kaum - jedenfalls nicht, wenn Sie Erfolg haben wollen.«
Stern drehte sich vom Fenster weg. »Warum nicht? Das Tageslicht ist zwar ein Problem, aber wir haben die deutschen Uniformen. Wir schaffen es bis zum Hügel. Es wird zwar nicht leicht sein, hinterher lebend wieder hier wegzukommen, aber ...« Er machte eine unbestimmte Handbewegung.
»Hat London Ihnen denn nichts gesagt?« Anna Kaas schüttelte erstaunt den Kopf. »Sturmbannführer Schörner hat den Leichnam eines SS-Oberscharführers entdeckt, der in den Hügeln verscharrt worden ist. Er ist mit einer automatischen Waffe erschossen worden. Die SS hat vier Fallschirme bei ihm gefunden. Vier britische Fallschirme.«
»Verdammt«, zischte Stern. »Das hat McShane also gemeint, als er sagte, daß man uns einen >heißen Empfang< bereiten würde. Sie haben jemanden während der Vorbereitung getötet. Smith muß ihm befohlen haben, uns nichts davon zu erzählen.«
»Entzückend«, sagte McConnell.
»Es ist ein Wunder, daß wir überhaupt diesen Hof erreicht haben«, erklärte Anna. »Sturmbannführer Schörner läßt die halbe Garnison Streife gehen. Eine Motorradeinheit ist fünf Minuten, bevor ich zum Treffpunkt aufbrechen wollte, hier vorbeigekommen. Wenn sie zurückgekommen wäre, während ich weg war, würden wir jetzt um unser Leben rennen.«
»Wie weit sind wir vom Kraftwerk entfernt?« erkundigte sich Stern.
»Etwa drei Kilometer. Es geht die ganze Zeit bergauf.«
»Ist es dort stark bewaldet? Gibt es genug Deckung?«
»Ja, aber eine Serpentinenstraße kreuzt mindestens ein Dutzend Mal den Weg bis dahin.«
Stern zuckte unwillkürlich zusammen. »Was ist mit dem Wind? Weht er die ganze Nacht so stark?«
»Warum ist der Wind so wichtig?«
Als Stern nicht darauf antwortete, erklärte sie: »Er hat die ganze Nacht nicht nachgelassen.«
»Eine Minute«, mischte sich McConnell ein. »Was hat es mit diesem Kraftwerk auf sich? Da wir jetzt endlich in Deutschland sind, können Sie mir den Plan vielleicht mal etwas genauer erklären. Wie sollen wir beide diese Anlage außer Gefecht setzen, damit ich einen genauen Blick auf ihre Maschinerie werfen kann? Haben wir noch weitere von Vaughans Fallschirmkommandos zu erwarten?«
»Nein.«
»Ich bin auch verwirrt«, erklärte Anna. »Da nur Sie beide gelandet sind, dachte ich, daß Ihr Team schon hier wäre und sich im Wald versteckt. Was können Sie beide schon gegen die ganze Garnison von Totenhausen ausrichten?«
»Mehr als Sie glauben«, sagte Stern.
»Sie wissen gar nicht, wie Ihr Auftrag lautet?« McConnell blickte Anna fragend an. « »Nein.«
»Kommen Sie, Stern«,
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