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Schwarzer Tod

Titel: Schwarzer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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Briten tatsächlich ihr eigenes Nervengas entwickelt haben?«
    Stern versuchte, sich an sein erstes Gespräch mit Brigadegeneral Smith in der Nacht in dem Bentley zu erinnern. »Den Briten steht nur eine bestimmte Menge von Nervengas zur Verfügung«, antwortete er zögernd. »1,6 Tonnen oder so. Die Nazis haben Tausende von Tonnen in ganz Deutschland gelagert. Smith hat gesagt, daß die Alliierten diesen Vorsprung vor der Invasion niemals aufholen könnten. Also bestünde ihre einzige Chance darin, die Nazis glauben zu machen, daß die Briten nicht nur ihr eigenes Nervengas besitzen, sondern auch bereit sind, es einzusetzen. Und dann ist da noch die Probe, schon vergessen? Die Somanprobe.«
    McConnell beobachtete Stern wie ein Lehrer, der einen Schüler auf eine Antwort hin manipuliert. »Denken Sie nach, Stern! Eine Sarinprobe haben sie bereits ohne unsere Hilfe herausgeschmuggelt, erinnern Sie sich? Dafür brauchen sie uns nicht. Sie haben Anna für so etwas. Nein, das Töten der Leute ist das Entscheidende an diesem Auftrag. Es geht darum, alle in dem Lager umzubringen und die Maschinerie unversehrt zu lassen. So lautet doch der Plan, richtig?«
    »Ja.«
    »Ich habe es nicht begriffen, weil ich die Vorstellung akzeptiert habe, daß wir gekommen sind, um die Fabrik lahmzulegen. Aber wenn wir annehmen, daß Smith Ihnen wenigstens, was unser Ziel angeht, die Wahrheit gesagt hat, was sagt uns das? Wenn Sie dieses Lager mit Nervengas auslöschen, dann haben Sie den ersten chemischen Schlag dieses Weltkriegs ausgeführt. Die Risiken sind unkalkulierbar. Und wenn ich eins über Duff Smith weiß, dann das: Er ist ein pragmatischer Mistkerl. Dasselbe gilt für Churchill. Keiner würde ein derartiges Risiko eingehen, wenn er die Wahl hätte.«
    »Sie haben aber keine Wahl«, erwiderte Stern. »In vier Tagen wird Heinrich Himmler dem Führer Soman präsentieren in der Hoffnung, daß er ihn davon überzeugen kann, Nervengas gegen die Invasionstruppen der Alliierten einzusetzen. Hitler glaubt, daß die Alliierten ihr eigenes Nervengas besitzen. Himmler glaubt es nicht, und zum ersten Mal hat er beinahe recht. Churchill und Smith glauben, daß dieser Angriff, dieser Bluff, die einzige Chance ist, um Himmler davon zu überzeugen, daß er sich irrt, und ihn so zu demütigen, daß er die Demonstration abbläst.«
    McConnell schien nicht überzeugt. »Das mag ja alles sein«, sagte er, »aber Sie begreifen nicht, worum es geht. Wenn die Briten auch nur einen Liter eigenes Nervengas besitzen würden, müßte Churchill nichts weiter tun, als eine Phiole der richtigen Person in Deutschland in die Hände zu spielen. Es würde sogar reichen, die Formel durchsickern zu lassen. Wenn er das täte, würde das Hitler zeigen, daß die Briten strategisch mithalten können, auch ohne daß er einen massiven Vergeltungsschlag riskiert. Denn die Nazis haben keine Chance herauszufinden, ob die Briten nur eine Phiole oder 10 000 Tonnen haben!«
    McConnell trommelte mit den Fingern auf den Tisch. »Nein, Stern«, fuhr er fort. »Nur ein einziges mögliches Szenario rechtfertigt ein Risiko wie dieses: Die Briten haben tatsächlich ein eigenes Nervengas entwickelt, aber damit gibt es ein Problem. Vielleicht sogar mehrere Probleme.«
    »Was meinen Sie damit? Was für Probleme?«
    McConnell zuckte mit den Schultern. »Es könnte alles mögliche sein. Normalerweise braucht man drei bis sechs Monate, um ein Gas zu kopieren, und zwar bei den konventionellen Varianten. Sarin hingegen ist ein revolutionäres Gift, und soweit ich weiß, hatten die Briten nicht mal 60 Tage, um es zu analysieren. Vielleicht haben die Wissenschaftler es ja knacken können, weil Churchill ihnen im Nacken saß; aber selbst dann hätten ihre Probleme gerade erst angefangen. Kampfgase sind extrem schwierig in Masse für den Einsatz auf einem Schlachtfeld zu produzieren. Sie müssen schwerer sein als Luft, müssen Feuchtigkeit widerstehen und dürfen normalen Stahl nicht korrodieren. Sie müssen stabil genug sein, um ihre Giftigkeit während langer Lager- und Transportzeiten zu behalten. Und außerdem müssen sie die Detonation der Granate überstehen, die sie ans Ziel transportiert. Ein Nervengas sollte idealerweise geruch- und farblos sein. Wenn Sie eine Gaswolke sehen oder sie in niedriger Konzentration riechen können, dann ist die Wirkung als Waffe erheblich eingeschränkt ...!«
    »Kommen Sie auf den Punkt!« fuhr Stern ihn an.
    »Tut mir leid. Ich will damit sagen, daß das

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