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Schwarzer Tod

Titel: Schwarzer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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drängte er. »Raus damit.«
    »Danke, daß Sie ihr meinen richtigen Namen genannt haben, Doktor.«
    »Decknamen sind an diesem Punkt kindisch«, sagte Anna. Sie sah McConnell an. »Ihr Deutsch ist fürchterlich.«
    »Danke.«
    »Ich meine, Ihre Grammatik ist perfekt, aber Ihr Akzent ... «
    »Ich habe schon versucht, das zu nutzen, um mich von diesem Einsatz zu verabschieden. Es hat nicht funktioniert.«
    »Er ist nicht wegen seiner Sprachfähigkeiten hier«, erklärte Stern. »Er ist Chemiker.«
    Anna warf McConnell einen wissenden Blick zu. »Aha. Vielleicht sind Sie dann doch keine so schlechte Wahl.«
    Stern öffnete eine Tür, die zu einem kleinen Schlafzimmer führte, blickte hinein und schloß sie dann wieder. »Sie wollen wissen, wie wir beide die Fabrik lahmlegen sollen, Doktor? Das werden wir nicht. Wir werden sie genauso zurücklassen, wie wir sie vorgefunden haben. Mit einem kleinen Unterschied. Alle, die sich darin befinden, werden tot sein.«
    »Was?« McConnell wurde schwindlig. »Was haben Sie gesagt?«
    »Haben Sie mich nicht verstanden? Wir werden das Lager vergasen, Doktor. Deshalb frage ich nach dem Wind. Die ideale Windgeschwindigkeit für den Angriff liegt bei Null bis sechs Meilen pro Stunde.«
    »Das Lager vergasen? Womit?«
    »Mit Nervengas aus den Lagern von Totenhausen«, vermutete Anna.
    Stern schüttelte den Kopf. »Mit unserem eigenen Nervengas.«
    »Wir haben keins dabei«, sagte McConnell. »Wir besitzen nicht mal welches. Oder doch?«
    Stern lächelte mit der Befriedigung dessen, der geheimes Wissen besaß.
    »Aber ...« Anna brach ab, als ihr plötzlich die ganze Bedeutung von Sterns Worten klar wurde.
    »Verstehe«, sagte McConnell; doch er verstand gar nichts. Er hatte gewußt, daß Smith ihm Fakten über diesen Auftrag vorenthalten hatte; aber von allen Möglichkeiten, die er sich vorgestellt hatte, wäre er auf diese hier nicht im Traum gekommen. »Ist das Ziel wirklich eine Gasfabrik und eine Experimentieranlage, wie man mir weisgemacht hat?«
    »Ja.«
    »Aber ... Wie wollen Sie die SS vergasen, ohne die Gefangenen zu töten?«
    »Das kann ich nicht.«
    McConnell setzte sich an den Küchentisch und versuchte, diese Nachrichten zu verdauen.
    »Es gibt keine Möglichkeit, die Gefangenen zu warnen, ohne den Erfolg des Einsatzes zu gefährden«, erklärte Stern. »Selbst wenn wir sie von der SS trennen würden, könnten sie nirgendwohin.«
    »Mein Gott!« flüsterte Anna.
    »Warum haben Sie mir das alles nicht in Achnacarry gesagt?« verlangte McConnell zu wissen. »Ich habe Sie oft genug gefragt.«
    »Ich habe es Ihnen nicht gesagt, weil Sie dann nicht mitgekommen wären. In einem Punkt hat Smith nicht gelogen, Doktor. Der Zeitfaktor ist entscheidend. Wir hatten keine Zeit, jemand anderen zu suchen.«
    »Hätten Sie mir nicht wenigstens die Wahl lassen können?«
    »Sie haben jetzt die Wahl. Wollen Sie mir helfen?«
    McConnell war versucht, nein zu sagen, wenn auch nur aus Wut, derart reingelegt worden zu sein. Aber gleichzeitig wußte er auch, daß es falsch war, was Smith von ihnen verlangte.
    »Nein«, sagte er. »Ich werde Ihnen nicht helfen, unschuldige Gefangene zu töten.«
    Stern warf die Hände in die Höhe. »Sehen Sie? Es war richtig, es Ihnen nicht vorher zu sagen.«
    »Himmel, was haben Sie denn jetzt durch Ihre Lügen gewonnen?«
    »Sie sind hier, oder nicht? Hören Sie: Sie müssen mir nur bei der letzten Phase helfen. Gehen Sie in die Fabrik und sagen Sie mir, wovon ich Fotos machen muß. Helfen Sie mir, die Proben zu bekommen. Smith glaubte, Sie würden die Notwendigkeit des Einsatzes einsehen, nachdem Sie erst einmal darüber nachgedacht hätten.«
    »Nun, ich sehe die Notwendigkeit aber nicht ein! Ich wußte genau, daß so etwas nicht ohne Verluste von Menschenleben durchgezogen werden kann. Darauf bin ich vorbereitet. Aber das ... Himmel, Stern, Sie reden darüber, Hunderte von unschuldigen Menschen zu ermorden! Ich dachte, wir würden uns verstehen! Glauben Sie nicht, daß Sie mir ein bißchen Ehrlichkeit schulden?«
    »Schulden?« Stern lief rot an. »Ich habe Sie erst vor zwei Wochen kennengelernt! Ich will Ihnen sagen, wem ich etwas schulde, Doktor: den Juden, die in schmutzigen Todeslagern überall in Deutschland und Polen darauf warten, ermordet zu werden. Ich schulde den Soldaten etwas, die ihr Leben riskieren, um Europa zu befreien und diese Juden zu retten. Das Retten von Juden mag nicht ihre oberste Priorität sein, aber sie werden es früher oder

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