Schwarzer Tod
sollte reichen, um alle in dem Luftschutzbunker zu töten.«
»Sie begreifen nicht, worum es hier geht. Wenn wir einen dieser Kanister leeren, und das Gas funktioniert, dann tötet es vielleicht jede lebende Kreatur im Umkreis von mehreren hundert Metern. Wie lange, glauben Sie, wird es dauern, bis Schörners Patrouillen das entdecken? Außerdem würden die SS-Männer die Detonation hören. Und selbst in einem Anzug möchte ich nicht in der Nähe sein, wenn das hier hochgeht. Es ist einfach zu gefährlich.«
McConnell stand auf. »Dann eben kein Test. Gehen wir.«
»McShane hat irgendwas von Stangen gesagt, mit denen man die Kanister tragen könnte«, sagte Stern. »Wir könnten unsere Seile zwischen zwei lange Stangen binden und den Tank wie einen Körper auf einer Bahre tragen.«
»Das klingt gut. Wir müssen dann zwar zweimal gehen, aber das ist die Sache wert.«
Es dauerte einige Minuten, bis sie abgestorbene Äste fanden, die so stark waren, daß sie das Gewicht tragen konnten; doch dann ging alles sehr schnell. Zielstrebig und leise marschierten sie durch den Wald. Sie wußten, daß ein Nachlassen der Konzentration den Tod für sie beide bedeuten konnte. Ihre Stimmung besserte sich erst wieder, als es erneut anfing zu schneien, weil das gnädigerweise ihre Spuren verwischte.
Sie vergruben die beiden Kanister in einem Gehölz in der Nähe der gewundenen Hügelstraße. Es sollte für Anna kein Problem sein, Gretas Wagen dort morgen abend anzuhalten, gerade lange genug, daß Stern und McConnell die Kanister unter dem Wagen anketten konnten.
Auf dem Rückweg zum Haus hielten sie sich abermals so weit wie möglich von der Straße entfernt. Sie gingen gerade auf der Seite von Dornow den Hügel hinunter, als Stern den Geruch wahrnahm, der ihn schon so oft vor Gefahr gewarnt hatte: Zigarettenrauch. Er griff nach McConnells Arm, aber seine Hand tastete ins Leere.
Er ließ sich geräuschlos auf den Bauch fallen.
Drei Meter vor ihm flammte ein Streichholz auf.
In der ersten Sekunde gingen ihm viele Dinge durch den Kopf. Sie waren ahnungslos wieder zur Straße zurückgekehrt, und vor ihnen standen zwei SS-Männer am Fuß der Böschung mit Maschinenpistolen in der einen und Zigaretten in der anderen Hand. Ihre Köpfe waren in der Höhe, in der eben noch Sterns Knie gewesen war, bevor er sich hatte hinfallen lassen, und McConnell war zu weit weg, als daß er ihn hätte warnen können, ohne sich selbst zu verraten. Er konnte nur hoffen, daß der Amerikaner den Rauch rechtzeitig wahrgenommen hatte.
Doch das hatte er nicht. Als das Streichholz aufflammte, stand McConnell schon am Straßenrand. Während er wie erstarrt stehenblieb, brach sein Gewicht den gepreßten Schnee los, und er taumelte rutschend auf die Straße und landete auf dem Bauch.
Die beiden SS-Männer hätten sich vor Angst beinahe in die Hosen gemacht; trotzdem warfen sie sofort ihre Zigaretten weg und zielten mit ihren Maschinenpistolen auf die stöhnende Gestalt am Boden. Ein deutscher Schäferhund kläffte wütend.
Als Stern den Hund sah, hörte er für sich selbst einfach auf zu existieren. Er besaß keine Masse, machte keine Bewegung. Er wußte, daß das leiseste Geräusch oder der schwächste Duft sofort die Aufmerksamkeit des Tiers erregt hätte.
Einer der SS-Männer zog McConnell auf die Füße und leuchtete ihm mit der Taschenlampe ins Gesicht. Der zweite hielt ihn mit der Maschinenpistole in Schach. Die SS-Uniform und die Abzeichen eines Sturmbannführers verwirrten sie einen Moment. Sie erkannten zwar McConnell nicht, aber sie waren sich ihrer Sache auch nicht sicher genug, um ihn wie einen Kriminellen zu behandeln. Der Mann mit der Taschenlampe stellte ihm hastig ein paar Fragen auf deutsch, während der Schäferhund drohend knurrte. McConnell sagte nichts, sondern reichte ihnen einfach nur seine gefälschten Papiere.
Der Mann mit der Taschenlampe überprüfte sie sorgfältig.
Etwas mehr als einen Meter über ihnen nahm Stern lautlos die Schmeisser von der Schulter und kroch weiter durch den Schnee, wie ein Nerz auf der Jagd. Er spürte die Hitze in seinem Blut, das wie eine Droge durch sein Herz und sein Gehirn pulsierte. Bis auf den Schnee hätte er auch wieder in der Wüste sein und sich an Rommels Trappen anschleichen können. Es kostete ihn ungeheure Anstrengung, nicht einfach schreiend auf die Straße zu springen und die beiden SS-Männer zu erschießen.
Er zwang sich dazu, nachzudenken.
Wenn er die Soldaten tötete, würden
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