Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schwarzer Tod

Titel: Schwarzer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
Vom Netzwerk:
bin ich mir nicht mehr so sicher. Ich glaube, daß die Alliierten vielleicht doch von unserer Fabrik erfahren haben. Die Polen wurden zwar zwischen hier und Peenemünde gefangengenommen, aber das sagt uns weder etwas über ihre Aktivitäten noch über ihr Ziel. Nur eine Befragung könnte das ergeben. Sturmbannführer Beck ist bereits von Peenemünde mit einem Verhörspezialisten der Gestapo hierher unterwegs.«
    Schörner hörte eine Weile angestrengt zu. »Herr Doktor, ich glaube nicht, daß Sie sich selbst herbemühen sollten. Sie kennen die Gestapo. Ja. Ich stimme Ihnen absolut zu. Ich werde dafür sorgen, daß ich bei dem Verhör dabei bin. Ich habe eine Schwester holen lassen, damit der Mann vorzeigbar ist. Ja, gute Nacht.«
    Schörner legte auf und winkte Anna zu sich. Sie sah ihm starr ins Gesicht. Den Blick des Mannes auf dem Tisch wollte sie unter allen Umständen meiden.
    »Ich möchte, daß Sie den Mann da säubern«, sagte Schörner. »Er ist ziemlich mitgenommen, aber tun Sie, was Sie können.«
    Jetzt konnte sie es nicht mehr vermeiden. Anna senkte den Blick.
    Miklos Wojik sah sie mit den Augen eines Tieres an, das in einer Schnappfalle gefangensaß. Als er sie erkannte, begann er zu weinen.
    Gott vergib mir, dachte Anna verzweifelt, aber verhindere, daß er meinen Namen nennt.
    »Wie schlimm ist es?« fragte Schörner.
    Anna zog das Laken zurück, das den Körper des jungen Polen bedeckte. Er sah längst nicht so schlimm aus wie sein Bruder. Seine ausgemergelte Brust war zwar verletzt, und ein Handgelenk schien gebrochen zu sein, aber er hatte weder Schnitte noch Brandwunden. Sie räusperte sich.
    »Was ist ihm zugestoßen, Sturmbannführer?«
    Schörner sah Miklos Wojik mit kalten Augen an. »Er ist ein polnischer Partisan. Ich hätte den anderen Mann gern selbst befragt, aber Hauptscharführer Sturm und seine Leute haben die beiden gefangengenommen. Sturm hat beschlossen, ihn auf der Stelle zu verhören. Wie Sie sehen, kann seine Professionalität sich leider nicht mit seinem Eifer messen.«
    Anna warf einen Blick auf den Leichnam von Stan Wojik.
    Von ihrem jetzigen Standort aus bemerkte sie, daß sein Genitalbereich besonders stark verletzt war. Vermutlich das Ergebnis von wiederholten Tritten. Sie konnte sich gut vorstellen, wie Sturm das genossen hatte. Sie fragte sich, ob der Hauptscharführer auch gegen Stan Wojik angetreten wäre, wenn er keine bewaffneten Truppen als Verstärkung im Rücken gehabt hätte.
    »Ein Gestapoagent wird in Kürze hier eintreffen, um diesen Mann da zu verhören«, erklärte Schörner. »Die Gestapo ist sehr verärgert darüber, daß wir einen Gefangenen bereits verloren haben. Ich gehe davon aus, daß dieser Mann anständig aussieht, wenn der Gestapomann ankommt.«
    Anna nickte. »Ich tue, was ich kann, Sturmbannführer.«
    »Bitte.« Schörner starrte sie mit priesterlichem Blick an, als plötzlich das unverwechselbare Prasseln von Gewehrfeuer im Treppenhaus widerhallte.
    »Sturmbannführer!« rief Anna. »Was war das?«
    Schörner hatte nicht mit der Wimper gezuckt. »Eine weitere Vergeltungsmaßnahme«, sagte er leise. »Hauptscharführer Sturm glaubt, daß hinter dieser überfälligen Patrouille mehr steckt als Schnaps und billige Weiber. Er hat Brandt davon überzeugt, daß man nur herausfinden kann, was es ist, wenn man weitere Gefangene erschießt. Sie werden an der Krankenhauswand exekutiert.« Schörner schnaubte verächtlich. »Als wenn diese Gespenster hier im Lager ein Spionagenetz aufbauen könnten.«
    »Wen töten sie dieses Mal?« fragte Anna.
    Schörner kniff die Augen zusammen. »Haben Sie ein Interesse an besonderen Gefangenen?«
    »Nein, Sturmbannführer, ich war einfach nur neugierig.«
    »Verstehe. Ich glaube, sie haben fünf jüdische Frauen und fünf polnische Männer erschossen. Sturm hat vor, alle 24 Stunden zehn Häftlinge zu exekutieren.«
    Anna konnte an Schörners Gelassenheit ablesen, daß Rachel Jansen nicht unter den Verdammten war. Aber dann dachte sie nach. War Rachels Tod nicht der einfachste Weg für ihn, sich vor allen zukünftigen Schwierigkeiten zu schützen ...
    »Sie sind Fräulein Kaas?« fragte Schörner.
    Anna geriet plötzlich in Panik. »Ja, Sturmbannführer.«
    »Ihre Schwester ist die Frau von Gauleiter Hoffmann?«
    »Ja, Sturmbannführer.«
    »Hören Sie mir zu. Natürlich hätte jede Krankenschwester diesen Gefangenen reinigen können. Ich habe aber Sie hierherrufen lassen, weil ich mit jemand Verläßlichem sprechen

Weitere Kostenlose Bücher