Schwarzer Tod
Premierminister.«
Churchill trommelte mit seinen dicken Fingern auf der Schreibtischplatte. »Und wenn wir versagen? Können Sie Ihre Spuren verwischen?«
Smith lächelte. »Bomber kommen immer wieder vom Kurs ab und klinken ihre Ladung an den merkwürdigsten Plätzen aus.«
»Was brauchen Sie?«
»Für den Anfang ein Unterseeboot, das vier Tage lang in der Ostsee seine Position halten kann.«
»Das ist kein Problem. Wenigstens bei der Admiralität ist mein Wort Gesetz.«
»Und eine Mosquito-Staffel für eine Nacht.«
»Das ist eine ganz andere Sache, Duff. Das Bomberkommando ist der schmerzlichste Dorn in meinem Fleisch.«
»Aber es ist absolut notwendig. Es ist die einzige Möglichkeit, die Sache zu vertuschen, sollten wir scheitern.«
Churchill hob beide Hände, als wolle er so seine Hilflosigkeit unterstreichen. »Ich hasse es, auf den Knien zu Harris zu schleichen, aber ich glaube, einmal werde ich es überleben.«
Smith holte tief Luft, denn jetzt mußte er nach dem fast Unmöglichen fragen. »Ich brauche auch Zugang zu einem Flugplatz an der Küste Südschwedens. Mindestens vier Tage lang, besser länger.«
Churchill schob den Stuhl zurück. Seine Miene war vollkommen ausdruckslos. Verhandlungen mit vermeintlich neutralen Staaten waren eine heikle Angelegenheit. Für Schweden konnte der Preis ihrer Hilfe für die Alliierten lauten: 50 000 uneingeladene Gäste aus Deutschland, und alle mit Fallschirmen. Er richtete seinen dicken Zeigefinger auf Smith. »Bekommen Sie das hin, Duffy?«
»Irgend jemand muß es ja wohl hinbekommen, alter Freund.«
Churchill musterte seinen Freund eine Weile, und wog dessen vergangenen Erfolge gegen die Mißerfolge ab. »Na gut, Sie bekommen Ihren Flugplatz. Warten Sie, ersparen wir uns ein wenig Zeit.« Er nahm einen Füllfederhalter vom Schreibtisch, kritzelte etwas auf das oberste Blatt eines Packens Schreibpapier und reichte die Seite anschließend Smith. Die Augen des Generals weiteten sich, als er den Text las.
An alle Soldaten der alliierten Streitkräfte: Brigadegeneral Duff Smith, Chef der Special Operations Executive, wird hiermit ermächtigt, alle Hilfe zu beanspruchen, die er für notwendig hält, um militärische Operationen innerhalb des besetzten Europas vom 15. Januar bis zum 15. Februar 1944 durchzuführen. Dies gilt sowohl für reguläre als auch für nicht reguläre Streitkräfte. Alle Nachfragen an No. 10 Nebengebäude.
Winston S. Churchill »Meine Güte«, murmelte Smith.
»Dafür können Sie sich nicht soviel kaufen wie Sie glauben«, sagte Churchill mit einem Hauch von Ironie in der Stimme. »Versuchen Sie mal, wie weit Sie damit bei Sir Arthur Scheiß Harris von der Air Force kommen.«
Smith faltete den Zettel geschickt mit einer Hand und schob ihn in seine Uniformjacke. »Sie unterschätzen Ihren Einfluß, Winston. Geben Sie mir so etwas für drei Monate, und ich bringe Ihnen Hitlers Kopf in einem Picknickkorb.«
Churchill lachte herzlich. »Dann viel Erfolg. Sie haben 30 Tage. Versauen Sie es nicht.« Er reichte seinem Freund die Hand.
Smith drückte dem Premierminister kurz die Hand und salutierte dann schneidig. »Gott schütze den König.«
»Gott schütze Amerika«, erwiderte Churchill, »und hülle es in Unwissenheit.«
6
Zwei Tage nachdem Eisenhower Churchill höflich ermahnt hatte, die deutschen Giftgaslager in Ruhe zu lassen, saß Brigadegeneral Duff Smith allein in der hintersten Reihe eines Konferenzraumes in einem der mit Sandsäcken geschützten Gebäude des Verteidigungsministeriums in Whitehall. An einem langen, hohen Tisch weiter vorne im Zimmer warteten zwei Majors und ein General der britischen Armee. Smith kümmerte sich nicht um sie. Während der letzten 24 Stunden hatte er die SOE-Akten in der Baker Street durchgeblättert und nach einem geeigneten Mann für diesen Auftrag in Deutschland gesucht. Aber er hatte nicht viel Glück gehabt.
Das Verbot des Einsatzes britischer Agenten war eine frustrierende Einschränkung, aber er wußte, daß sie gerechtfertigt war. Wenn britische Agenten bei einem strategischen Auftrag erwischt wurden, der von Eisenhower explizit verboten worden war, dann würde die fragile angloamerikanische Allianz über Nacht zerbrechen. Die SOE hatte zwar Hunderte von fremden Agenten in ihren Akten, doch nur wenige verfügten über die Fähigkeiten für einen solchen Einsatz. Der typische SOE-Job, nämlich Agenten in das besetzte Frankreich zu schleusen, war zu einer solchen Routine verkommen,
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