Schwarzer Tod
Manchester Guardian erschienen. Manchmal werden sogar die vollständigen Namen und die genaue Lage der Todeslager erwähnt. Wenn ich richtig informiert bin, ist eine solche Geschichte sogar in der New York Times erschienen. Was ich nicht verstehe, ist, warum die Alliierten sich immer noch weigern, diesbezüglich etwas zu unternehmen.«
General Little strich sich mit dem linken Zeigefinger über die Ecke seines penibel gestutzten grauen Schnurrbarts. »Ich glaube«, erwiderte er kalt, »daß Sie erreicht haben, was Sie hier erreichen wollten. Ich versichere Ihnen, daß diesen Berichten die ihnen gebührende Aufmerksamkeit zuteil werden wird.«
Jonas Stern schnaubte verächtlich. »General, ich habe nicht einmal annähernd erreicht, was ich hier erreichen wollte. Diese Berichte habe ich Ihnen nur gegeben, um die verzweifelte Aktion zu rechtfertigen, die zu ergreifen ich Sie im Interesse des jüdischen Volkes ersuchen will.«
»Mehr will ich mir von diesem Lausejungen nicht mehr anhören«, erklärte Major Dickson. »Wir sollten diese Farce beenden.«
»Einen Augenblick, Clive«, mischte sich der Offizier zu General Littles Linker ein, ein Gardemajor. »Hören wir ihn zu Ende an. Ich vermute, daß er ein Mitglied der >Bombardiert die Eisenbahnenc-Bewegung ist. Stimmt das, Mr. Stern? Wollen Sie, daß die RAF die Eisenbahnlinien bombardiert, die zu den Konzentrationslagern führen?«
»Nein, Major.«
»Aha. Dann sind Sie sicher einer von jenen, die eine jüdische Brigade bilden wollen, um an der Invasion teilzunehmen. Ich hätte es wissen müssen. Sie haben an den Kämpfen in Nordafrika teilgenommen, nicht wahr?«
»Deshalb bin ich nicht hier.«
General Little schlug mit der flachen Hand auf Sterns Aktenordner. »Warum zum Teufel sind Sie dann gekommen? Hören Sie endlich auf, uns auf die Folter zu spannen, ja?«
»General Little«, sagte Stern, »ich weiß, wie Politik funktioniert. Ich weiß, daß eine jüdische Brigade den Keim für eine jüdische Armee in sich birgt, die nach dem Krieg nach Palästina zurückkehren und gegen die Briten und Araber kämpfen könnte. Darum bitte ich nicht. Ich weiß auch, daß vorgeschlagen wurde, die Nazigaskammern von den polnischen Widerstandskämpfern zerstören zu lassen. Aber die Polen sind dafür zu schwach, und selbst wenn sie es nicht wären, würden sie nicht ihr Leben riskieren, um Juden zu retten.«
»Ganz recht«, knurrte Major Dickson.
Stern ignorierte ihn. »Ich verfüge über eine gewisse militärische Erfahrung, und mir ist durchaus klar, daß es keinen Zweck hätte, die Bahnlinien zu bombardieren, die zu den Konzentrationslagern führen. Gleise sind relativ leicht zu reparieren, und die Nazis könnten außerdem Lastwagen einsetzen, um den Nachschub an Opfern sicherzustellen.«
Brigadegeneral Smith bemerkte, daß die realistische Einschätzung des jungen Mannes die Aufmerksamkeit von General Little und dem Offizier der Guards weckte, wenn auch nicht die von Major Dickson.
»General«, fuhr Stern fort, »ich habe eine ganz einfache Bitte: Ich bitte Sie um vier schwere Bombereinsätze über Deutschland und Polen. Ich habe die Namen und die genaue Position von vier Konzentrationslagern, in denen Juden vergast und erschossen werden. Die Quote beträgt vorsichtig geschätzt 5 000 Juden am Tag. Das heißt, 5 000 Juden pro Lager. Im Namen der Humanität und im Namen Gottes, bitte ich Sie, diese vier Beinhäuser dem Erdboden gleichzumachen.«
Schweigen senkte sich über den Raum. Major Dickson richtete sich auf und starrte Stern fassungslos an. Nachdem General Little sich vom ersten Schock erholt hatte, räusperte er sich. »Wollen Sie damit sagen, Mr. Stern, daß Sie diese Lager mitsamt den jüdischen Gefangenen darin bombardieren wollen?«
»Genau das will ich damit sagen, General.«
Duff Smith war zufrieden mit dem, was er hörte.
»Er ist verrückt«, konstatierte Major Dickson. »Absolut übergeschnappt.«
»Ich bin ziemlich gesund, Major«, widersprach Stern. »Und mir ist es außerordentlich ernst.«
»Und ich bin vollkommen sicher«, erklärte General Little, »daß die Herren Shertok und Weizmann trotz ihrer verzweifelten Bitten niemals etwas auch nur annährend so Drastisches vorgeschlagen haben. Sie behaupten, daß Sie für das jüdischen Volk sprechen, wenn Sie eine solche Verrücktheit verlangen?«
Stern antwortete ruhig und bestimmt. »General, Weizmann und Shertok sind Politiker und weit von dem entfernt, was in Europa wirklich geschieht. Die
Weitere Kostenlose Bücher