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Schwarzer Tod

Titel: Schwarzer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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Idee, diese Lager zu bombardieren, wurde zuerst von Mitgliedern des jüdische n Untergrunds in Polen und Deutschland vorgeschlagen. Ich habe mit jemandem gesprochen, der entkommen konnte. General, ich habe in die Augen von Frauen geblickt, denen SS-Leute die Kinder aus den Armen gerissen und mit den Köpfen gegen die Wand geschlagen haben, bis sie tot waren. Ich habe Vätern zugehört, die mitansehen mußten, wie ihre Kinder von Bajonetten durchbohrt wurden, während sie weinend kaum einen Meter daneben standen ...«
    »Das reicht«, befahl Little. »Ich brauche von Ihnen keine Lektion über die Greuel des Krieges.«
    »Aber diese Menschen führen keinen Krieg, General! Es sind einfache Zivilisten. Unschuldige Frauen und Kinder.«
    General Little warf einen Blick auf die Papiere, die Stern mitgebracht hatte. »Junge«, sagte er leise, »ich muß Ihren Mut bewundern, der Sie einen solchen Vorschlag machen läßt. Aber Ihr Begehren kann leider nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden - nicht einmal von einem rein militärischen Standpunkt aus. Unsere Bomber haben nicht die Reichweite, diese Lager zu bombardieren. Ihre Jägereskorte kann nicht so weit fliegen ...«
    »Das stimmt nicht mehr, General«, unterbrach ihn Stern. »Die neuen amerikanischen P-51 Mustangs besitzen eine Reichweite von 850 Meilen. Damit befinden sich die Lager innerhalb der Reichweite für einen Luftschlag von Italien aus.«
    »Sie sind überraschend gut informiert«, räumte Little ein. »Aber selbst wenn dem so wäre, bleibt da noch immer die Frage, militärische Mittel für nichtmilitärische Missionen einzusetzen ... «
    »Aber diese Juden werden als Sklavenarbeiter für die Kriegsindustrie eingesetzt!«
    Little hob die Hand. »Das einzige Angriffsziel der alliierten Luftstreitkräfte sind die Kriegsgüter produzierenden Einrichtungen des Reichs. Das bedeutet: Ölproduktion, Kugellagerfabriken oder synthetisches Gummi - aber keine zivilen Haftlager. Würden wir diese Lager bombardieren, würden wir Hitler die perfekte Gelegenheit geben, zu behaupten, daß wir all die Juden getötet hätten, die in der Gefangenschaft ums Leben gekommen sind. Und außerdem wäre da noch das Thema unseres besonderen Einsatzes für jüdische Zivilisten. Wenn wir mit Vergeltungsmaßnahmen auf die Leiden der Juden reagieren, werden sich auch sofort andere Gruppierungen melden, denen Unrecht widerfahren ist, und dieselben Schutzmaßnahmen einfordern.«
    »Und vergessen Sie nicht«, merkte Major Dickson an, »daß diese Juden deutsche Staatsbürger sind. Hitler hat von Anfang an gesagt, daß die jüdische Frage ein internes deutsches Problem sei, und rein technisch gesehen hat er sogar recht.«
    General Little warf Dickson einen verärgerten Blick zu. »Was wir nicht ignorieren können, ist die Tatsache, daß die Nazis fast eine Million Kriegsgefangene in ihrer Gewalt haben. 40 000 Briten sind ihnen allein in Dünkirchen in die Hände gefallen. Wir können es uns nicht leisten, mit so einem Vergeltungsspiel anzufangen, schon gar nicht auf dem Gebiet der Gefangenenlager. Hitler könnte zu noch drastischeren Methoden greifen, als er es bisher schon getan hat.«
    »Methoden?«
    »Hören Sie, Mr. Stern«, fuhr General Little fort. »Captain Owen hat mir geschrieben, daß Ihr Vater in Deutschland in der Falle sitzt. Das ist hart, das weiß ich. Wir haben alle Verwandte im Krieg verloren. Aber so läuft das Spiel nun mal. Ich habe 1940 einen Bruder in Frankreich verloren. Vollkommen sinnlos.
    Eine britische Mädchenklasse hätte sich effektiver zur Wehr gesetzt als diese Froschfresser. Aber in Zeiten wie diesen ...«
    Duff Smith hätte beinahe laut aufgestöhnt. Hier war er, der alberne, selbstherrliche Engländer der schlimmsten Sorte. Ich habe einen Verwandten verloren, warum also machst du so einen Wind um deine? Knapp eine Million von ihnen, hm? Ganz schön schwer, mit seinem Verstand solche Zahlen zu erfassen, was?
    »Mir kommt es so vor«, erklärte Little, während er eine Seite von Sterns Aktenordner überflog, »daß diese Zahlen übertrieben sind. Ehrlich gesagt scheint mir Übertreibung sogar ein typisch jüdischer Charakterzug zu sein. Aber ich will Ihnen wirklich keine Vorwürfe machen. Das ist der beste Weg, um in der Menge Aufmerksamkeit zu erregen. Zwei Millionen ermordete Juden? Meine Güte, die blutigste Schlacht des Großen Krieges hat nur 600 000 Menschen das Leben gekostet. Wir wollen doch vernünftig sein, Mr. Stern. Stellen wir uns den bloßen

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