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Schwarzer Valentinstag

Schwarzer Valentinstag

Titel: Schwarzer Valentinstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Bentele
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Spalten.
    Bald würde mit dem Mai die warme Jahreszeit beginnen. Aber mit der Wärme komme die Pest, hieß es.
    »Vielleicht schaffen wir es ja noch vor der Pest. Dann gehen wir zu Regine und Balthas und warten dort ab«, sagte Christoph zuversichtlich.
    »Ich bin überzeugt, dass der Beweis, den wir suchen, im Speicher des Herrn Dopfschütz ist, und zwar in dem verschlossenen Lattenverschlag, von dem ich dir erzählt habe. Also müssen wir in den Speicher.«
    »Was kann es sein?«
    »Keine Ahnung. Auch mein Verhör hat darüber keinen Aufschluss gebracht.«
    »Vielleicht sind es Briefe von den Stuttgarter Kaufleuten, die meinen Vater verraten haben.«
    »Würde er die in einem Speicher aufbewahren?«
    »Würde er sie überhaupt aufbewahren?« Christoph überlegte. »Ja, ich glaube schon. Mein Vater hat immer gesagt: Ein guter Kaufmann wirft niemals etwas weg, vor allem nichts Geschriebenes.«
    »Vielleicht ist es etwas Schweres oder etwas Sperriges, etwas,das man in einem Haus nicht leicht verstecken kann, wenn es notwendig wird.«
    Wie sehr sie auch grübelten, sie konnten sich nicht vorstellen,was sie in dem Speicher finden könnten.
    Manchmal stand Christoph allein auf der morschen Brettergalerie ihres schiefen Hauses. Stimmen waren dann zu hören, die leise Stimme Abrahams, die ernste Stimme Löbs, die trotzige von Nachum und das Lachen von Esther. Wenn man die Augen zumachte, war dieses Lachen ganz nah. Esther sagte: ›Christoph, mein weißer Elefant‹. Spürte er nicht ihre Hand und ihren Atem! Ganz still musste man stehen. Man konnte mit diesen Stimmen reden. Man konnte die Menschen sehen: Lächelnd kamen sie um die Ecke bei der Synagoge und beim Judenbad. Sie saßen am Vorabend des Sabbats um den Tisch in der großen Stube und tranken ihm zu, auch sein Vater saß dabei, fröhlich und mit erhobenen Armen. Es war dann auch manchmal das Klingen der Goldstücke im Rauschen des Regens zu hören.
    Oft konnte er nur einschlafen, wenn er Esther fest an sich drückte, wenn er ihren Atem hörte, wenn er still weinte.
    Es gab auch Tage, da konnte er nicht hören, wie Esther ›Christoph‹ sagte. Er horchte dann und horchte und formte ihre Worte mit seinem Mund, aber er konnte sie nicht hören.
    Wenn er sie nie mehr sehen würde –
    Die Leere in ihm war dann wie eine offene Wunde.
    Der Mai war regnerisch und kalt und kam und ging, und die Pest blieb aus. Aber mit der steigenden Sonne stieg die Angst. Der Juni brachte einige glühend heiße Tage, welche die Angst aufkochten, aber dann kam die Schafskälte und hielt die Pest fern.
    Wie unter einem unausweichlichen Schlag, der nicht fallen wollte, war die Stadt geduckt.
    Die Geißler waren allgegenwärtig. Auf allen Straßen waren Gruppen von ihnen mit ihrem Singsang, umstanden von weinenden Frauen mit ihren Kindern. Es hieß, ihre Zahl gehe bereits in die Tausende.
    Die Kerzenmacher und Wachszieher machten große Geschäfte: Die Kirchen waren überfüllt und voller Kerzenqualm und Weihrauch. Es gab Menschen, die auf einmal so fromm wurden, wie es niemand von ihnen gedacht hätte, und es gab Fromme, die nur noch in den Wirtshäusern hockten und ihr Geld verspielten.
    Viele Häuser waren leer – viele Menschen waren geflohen: in die Vogesen, in den Schwarzwald, nach Speyer, Worms, Freiburg, Basel, obwohl jeder wusste, dass dies Unsinn war, weil die Pest in alle Städte kommen würde.
    Wer nicht geflohen war, nicht im Wirtshaus saß oder nicht in einer Kirche betete oder abwechselnd das eine und das andere versuchte, den litt es trotzdem nicht zu Hause. Man trieb sich auf den Straßen herum, immer begierig das Neueste zu hören. Mit Herzklopfen wartete man auf die ersehnte Nachricht, die Pest sei jetzt heilbar. Und man hörte diese Nachricht jeden Tag in immer anderer Gestalt an jeder Straßenecke, aber niemand glaubte sie wirklich. Dennoch stand man gleich darauf schon wieder an der nächsten Ecke und hörte einem Wichtigmacher zu: So und so könne man den schwarzen Tod leicht heilen.
    Berge von Gold hätte der Frosch mit seinen falschen Alraunen verdienen können. Christoph und Philo hielten vergebens nach ihm Ausschau.
    Von Menschen wurde berichtet, die von der Pest befallen und wieder gesund geworden seien. Alle hörten gebannt zu, alle wollten es glauben, niemand glaubte es wirklich und doch klammerte sich jeder daran.
    Christoph wusste von Abraham und der alten Esther, dass in Spanien tatsächlich von der Pest befallene Menschen wieder gesund geworden waren.
    Auf

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