Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzer Valentinstag

Schwarzer Valentinstag

Titel: Schwarzer Valentinstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Bentele
Vom Netzwerk:
das kostbare Wasser.
    Dafür geben uns die Tiere fast alles, was man zum Leben braucht: Milch und Eier, Wolle und Leder, Felle, Horn und Knochen. Die Milch ist aber ursprünglich nicht für uns bestimmt, sondern für die jungen Tiere, die Kälber und die Lämmer. Wir aber nehmen die Milch und schlachten die Lämmer und die Kälber und essen ihr Fleisch. Würdest du es nun für richtig halten, wenn man die Milch, die doch von Gott für das Leben der jungen Tiere bestimmt ist, mit ihrem Fleisch zusammen kocht, isst oder trinkt?«
    Christoph staunte, so hatte er das nicht gesehen.
    »Wir essen auch kein Blut. Es liegt kein Segen auf dem Blut als Nahrung: Die Speisen verderben schnell, die Blut enthalten, sie sind auch nicht so bekömmlich. Es ist das Leben selbst, das auf besondere Weise geschützt wird. So denken wir Juden.«
    Christoph spürte, was der Jude nicht sagte: Und so retten wir dir das Leben, obwohl du uns in große Gefahr bringst. Und er war ihm dankbar, dass er es nicht sagte.
    Als Christoph unwillkürlich seine Hand fasste und küsste, ließ es Löb zum ersten Mal geschehen.
    Ein kleiner Garten war hinter dem Haus. Jetzt im Sommer war er unter einem Ausschnitt des blauen Himmels eine umgrenzte Welt von Blumen zwischen Mauern und Dächern. Alles blühte durcheinander, Hummeln, Bienen, Schmetterlinge und Vögel flogen darüber hin.
    Christoph sah Esther, wie sie sich über eine Blüte beugte.
    Wie schön sie war.
    »Die Blume bei den Blumen.« Er fand diesen Anfang gut.
    »Und der Elefant im Garten!« Lachend richtete sie sich auf.
    »Elefant? Dann wenigstens ein weißer – «
    »Na, findest du das besonders gut – die Blume bei den Blumen?«
    Christoph wusste nicht recht, was er sagen sollte. Er hatte immer wenig Umgang mit Mädchen gehabt und fühlte sich befangen, wenn er mit einem Mädchen reden sollte. Seine Schwester war gestorben, als sie noch sehr klein war. Auch seine Mutter war gestorben.
    Er blickte vor sich auf den Boden.
    »Woran denkst du?« Esther hatte eine Blume gepflückt und betrachtete sie kritisch. »Ob die dir wohl steht?« Es war eine Mohnblume, so groß und von so dunklem Rot, wie er es noch nie gesehen hatte.
    Esther kam ganz nah, Christoph spürte ihren Atem und den Duft ihrer Hände, als sie versuchte die Blume in seinen Haaren festzumachen. Er war verlegen, aber er hielt ganz still. Ihre Hand berührte seine Wange. Ganz nah war ihr Gesicht.
    Er fühlte, wie sie in seinen Haaren herumfuhrwerkte.
    »Der weiße Elefant, er soll doch geschmückt werden.«
    Ihre schwarzen Augen waren sehr groß.
    »So buschige Haare, fast wie Draht«, sagte sie und lachte wieder, »ein weißer Elefant mit schwarzen Haaren – «
    »Und wo soll mein Rüssel sein?«
    »Da«, sagte sie lachend und fuhr ihm mit dem kleinen Finger die Nase abwärts. Wenn sie lachte, stand helles Wasser in ihren Augen.
    Seine Hände zitterten etwas, als er ihre Hand fing und sie festhielt.
    »Jetzt müsste der weiße Elefant nur noch ein goldenes Glöckchen haben.«
    »Meine Mutter hatte eines«, sagte er und fühlte sich eingehüllt wie in eine Wolke. »Als ich noch ganz klein war, durfte ich damit spielen. Es klang sehr hell, als wäre es aus Silber. Wir spielten das Feenspiel.«
    »Feenspiel?«
    Er strich sacht über ihren Handrücken: »Wenn das Glöckchen läutet, dann wird man verwandelt, in eine Blume, in ein Eichhörnchen, in einen Löwen – «
    »In einen weißen Elefanten. Du, die Blume fällt gleich herunter.«
    Sie fing sie auf: »Mit meiner Mutter war ich immer im Land des goldenen Regens.«
    »Land des goldenen Regens?«
    »Ja. Wenn es sanft regnet und du hörst genau zu, klingt es immer wieder, als fielen einzelne Goldstücke zwischen den Regentropfen. Der Regen kommt aus dem Meer, hat meine Mutter gesagt, aber der Regen, der wie Gold klingt, kommt aus dem Land des goldenen Regens. Und er bringt den Segen.«
    »Regnet es dort Gold?«
    »Nein. Das Land des goldenen Regens liegt in der Wüste. Ringsum ist alles unfruchtbar, Sand, Steine, Staub, alles verbrannt und trocken. Wo vielleicht einmal ein Fluss war, ist nur heißer Kies. Nirgendwo ist der Staub so durstig wie in dieser Wüste. Aber es regnet nie, nicht einmal in hundert Jahren.«
    »Und das Gold?«
    »Mitten in dieser Wüste liegt das Land des goldenen Regens. Kannst du dir vorstellen, wie kostbar dort der Regen ist, wo die Sonne hundertfach scheint? Aber er bringt auch viel mehr Segen. Weißt du übrigens, dass Baruch gesegnet heißt?«
    Sie hielt

Weitere Kostenlose Bücher