Schwarzes Blut: Thriller (German Edition)
Salzgeschmack auf der Zunge.
Er war völlig ausgedörrt und kurz davor, aus Erschöpfung und Hunger ohnmächtig zu werden.
Die Stadt verschwand aus dem Rückspiegel, und Junior bemerkte eine Asphaltstraße, die parallel zu dem Schotterweg verlief, auf dem er unterwegs war. Entlang des alten Highways, der nach Norden zur Staatsgrenze führte, waren kleine Ortschaften wie Perlen auf einem Armband aufgereiht. Durch die neu gebaute Interstate waren sie alle dem Untergang anheimgefallen.
Junior erreichte eine Kreuzung, sah sich zu beiden Seiten um und bog auf die Teerstraße, die durch ihre vielen Schlaglöcher und Risse an eine Mondlandschaft erinnerte. Kurze Zeit später bemerkte er ein unauffälliges beiges Auto im Schatten der staubigen Pappeln am Straßenrand. Beide Türen standen sperrangelweit offen – ein weiterer armer Teufel ohne Klimaanlage –, und Junior konnte eine menschliche Gestalt auf dem zurückgeklappten Beifahrersitz erkennen.
Instinktiv wurde Junior langsamer und hielt kurz vor dem beigen Wagen an. Er saß eine Weile da und beobachtete das Auto im Rückspiegel. Die Silhouette auf dem Beifahrersitz bewegte sich nicht.
Junior schaltete den Motor aus. Selbst das Öffnen der Autotür stellte eine gewaltige Anstrengung dar. Keuchend versuchte er auszusteigen. Mit letzter Kraft hielt er sich am glühend heißen Wagendach fest, bis seine Handflächen so sehr schmerzten, dass er loslassen musste.
Schwankend machte er einen Schritt auf den beigen Wagen zu. Dann noch einen. Er biss die Zähne zusammen und schaffte es, zum anderen Auto zu gelangen und den Kühlergrill der Limousine – ein Chevrolet, wie er bemerkte – zu packen. Da der Schatten der Bäume auf das Chrom fiel, konnte er sich daran anlehnen und Atem holen, ohne sich die Hände zu verbrennen.
»Unfall?«
Die Stimme kam aus dem Chevrolet. Junior wandte den Kopf. Ein Mann spähte über das Armaturenbrett hinweg und klappte den Sitz in die aufrechte Position zurück.
»Verzeihung?«, fragte er höflich – schließlich hatte ihm seine Mutter Manieren beigebracht. Das Skalpell drückte gegen sein Handgelenk.
»Na ja, für ’nen Herzinfarkt sind Sie noch zu jung, also dachte ich, Sie hätten ’nen Unfall gehabt oder so.«
Junior nickte. »Auf dem Highway westlich von hier sind zwanzig Autos ineinandergerauscht. War wohl ein Buschfeuer. Man hat auf einmal nichts mehr gesehen. Ich hatte noch Glück.«
»Und Sie haben sich gleich wieder in den Sattel geschwungen. Respekt, mein Freund. Das war mutig.«
Der Mann, der sich nun aus dem Auto wuchtete, war um die sechzig, hatte sprödes graues Haar und ein gerötetes Gesicht. Das bügelfreie kurzärmlige Hemd spannte über seinem beachtlichen Bauch. Er trug einen dunklen Schlips und eine Anzughose. Junior bemerkte ein Jackett, das an einem Kleiderbügel im Heck des Wagens hing. Offenbar ein Vertreter – wenn auch kein besonders erfolgreicher.
»Wo wollen Sie denn hin, Kumpel?«
»New Jericho«, sagte Junior, obwohl er nicht einmal wusste, ob so ein Ort überhaupt existierte.
»Hab ich noch nie gehört, tut mir leid.«
»Schade. Da habe ich mich wohl verfahren. Ich hatte gehofft, Sie könnten mir helfen.«
»Hat Ihre kleine Konservenbüchse denn kein Navi?« Der Mann deutete auf das grüne Auto. Junior brauchte einen Augenblick, bis er kapierte.
»Das Ding ist futschikato«, sagte Junior. Diesen altertümlichen Ausdruck hatte seine Mutter immer gerne benutzt.
»Ist das zu glauben? Genau wie meine vermaledeite Klimaanlage.«
»Sir, glauben Sie, ich dürfte …«, fing Junior an.
Der Mann unterbrach ihn, indem er eine rosa Handfläche hob. »Weed heiße ich, Kumpel. Hoagland Weed.«
»Mr. Weed, ob ich Sie wohl um einen Schluck Wasser bitten dürfte?«
»Wasser habe ich nicht im Angebot, aber wie wär’s mit einer Pepsi?«
»Sie sind ein Engel.«
Weed lachte, öffnete den Kofferraum und kramte in einer Kühlbox. Junior hörte ein Plätschern und Eiswürfel, die gegen die Stahlwände klirrten. Der Mann reichte ihm eine tropfende Coladose.
Junior riss sie auf und schüttete sich das sprudelnde, ekelhaft süße Getränk in die Kehle. Dann hielt er sich die Hand vor den Mund, rülpste leise und nahm einen etwas manierlicheren Schluck.
»Vielen Dank, Mr. Weed.«
»Nichts zu danken, Kumpel.«
»Oh, Verzeihung«, sagte Junior. »Eugene Martindale.« Er schüttelte die klamme Hand des Mannes, die so schlaff wie Rindertalg war.
»Mit einem gewissen Boyd Martindale hab ich mal im
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