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Schwarzes Blut

Schwarzes Blut

Titel: Schwarzes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Pike
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noch seltener um als zuvor. Übrigens bin ich früher einmal Vlad begegnet, der Person, auf dem die Figur des Grafen Dracula beruht. Es war im Transsylvanien des fünfzehnten Jahrhunderts, während des Krieges mit den Osmanen. Die ganzen Geschichten mit seinen gefährlich aussehenden Eckzähnen kann man vergessen. Es war einfach nur jemand, dem der Besuch bei einem Zahnarzt heutiger Zeit gutgetan hätte. Ihm faulten die Zähne weg, und er hatte den allerübelsten Mundgeruch. Ein Vampir war er auch nicht, sondern bloß ein katholischer Fanatiker mit einem Tick für Enthauptungen. Er lud mich zu einer Ausfahrt in seiner Kutsche ein. Ich ziehe ungewöhnliche Männer eben an.
    Auf unserer Fahrt die Küstenstraße entlang entdecke ich ein junges Pärchen. Die beiden liegen auf ihren Schlafsäcken und knutschen. Außer ihnen ist keine Menschenseele am Strand. Für mich sieht das nach einem leckeren Abendessen aus, doch Ray hat seine Bedenken. Die hat er ja immer. Wären wir beide ein ganz normales Pärchen und gingen in ein Restaurant, würde er todsicher ständig am Menü herummäkeln. Als Vampir kann man aber nicht wählerisch sein, das funktioniert einfach nicht. Und was ist mit Blutkrankheiten? Mit Aids? Spielen für uns keine Rolle, kann uns nichts anhaben. Unser Blut ist eine fermentierte schwarze Suppe, die mit dem normaler Menschen nicht viel gemein hat. Dieses Pärchen hier macht mir einen besonders gesunden und glücklichen Eindruck, und auf die Sorte Blut stehe ich. Ich bin nämlich durchaus empfindlich, was die Leute angeht, von deren Blut ich mich ernähre. Einmal habe ich das Blut eines berühmten Rapsängers getrunken und hatte eine Woche lang Kopfweh davon.
    »Was ist denn mit denen nicht okay?« frage ich Ray, als wir etwa hundert Meter von ihnen entfernt den Wagen abstellen. Sie sind ein Stück hinter und unter uns, nicht weit von der Brandung. Die Wellen schlagen hoch, es ist Flut.
    »Die sind ja nicht viel älter als ich«, meint er.
»Na und? Wär’s dir lieber, sie wären über achtzig?«
»Du verstehst mich nicht.«
»Und ob ich dich verstehe. Sie erinnern dich an das Leben, das du hinter dir
    gelassen hast. Aber ich brauche Blut. Das muß ich dir doch nicht erst groß erklären. Ich habe gestern abend zwei schwere Verletzungen erlitten und mußte dann auch noch dir etwas abgeben, als ich nach Hause gekommen bin.«
    »Ich habe dich nicht darum gebeten.«
    Ich hebe beschwichtigend die Hände. »Und ich habe nicht darum gebeten, dir beim Sterben zuzusehen. Bitte, Ray, laß uns die Sache hier hinter uns bringen, damit wir uns um das kümmern können, weswegen wir losgefahren sind.«
    »Wie sollen wir uns an sie ranschleichen?«
    Ich öffne die Wagentür. »Ranschleichen gibt’s nicht. Wir laufen hin, schnappen sie uns und trinken ihr Blut. Fertig, aus.«
Ray nimmt mich an den Arm. »Nein. Sie werden sich total erschrecken. Sie werden zur Polizei laufen.«
»Die Polizei hat hier was anderes zu tun, als sich mit zwei hysterischen Zwanzigjährigen zu beschäftigen.«
Ray bleibt störrisch. »Du brauchst doch nur einen kleinen Moment dafür, sie mit Hypnose zu beruhigen. Dann haben sie keine Schmerzen.«
Ich klettere aus dem Wagen und blicke ihn finster an. »Du willst wohl, daß ich Schmerzen habe.«
Lustlos steigt Ray aus. »Nein, Sita. Ich würde lieber fasten.«
Ich gehe um das Auto herum und nehme ihn bei der Hand. Ein nettes junges Pärchen bei einem netten kleinen Spaziergang. Aber meine Laune ist hin. »Du willst lieber, daß ich Schmerzen habe«, wiederhole ich.
Die beiden Blondies schauen noch nicht mal auf, als wir zu ihnen gehen, sosehr sind sie mit der Anatomie des jeweils anderen beschäftigt. Erneut werfe ich Ray einen unerfreuten Blick zu. Er will wohl immer noch, daß ich sie hypnotisiere. Er zuckt bloß mit den Schultern: Wenn es nach ihm ginge, müßte ich sie wohl anästhisieren, bevor ich ihnen die Adern öffne. Mein Geduldsfaden ist gerissen. Ich gehe auf das heißblütige Pärchen zu, schnappe mir ihre Schlafsäcke und ziehe sie unter ihnen weg. Sie fliegen wortwörtlich einen Meter in die Luft. Sie schauen mich an, als wäre ich dabei, sie zu beißen. Also nein: so was aber auch!
»Das ist ein Überfall«, erkläre ich. »Mal auf ganz neue Art. Wir tun euch nicht weh, und wir nehmen euch auch kein Geld ab. Aber ihr werdet uns einen ganz besonderen Dienst erweisen. Bleibt ruhig, und in zehn Minuten ist die Sache gegessen.«
Sie bleiben nicht ruhig. Mir auch recht. Ich packe das

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