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Schwarzes Blut

Schwarzes Blut

Titel: Schwarzes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Pike
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Mädchen und schiebe es Ray zu, und dann mache ich mich über den Kerl her. Ich biege ihm die Arme hinter den Rücken und halte sie dort mit einer Hand fest. Mir ist es völlig gleich, ob er den Mund aufreißt und um Hilfe schreit. Bei den tosenden Wellen hier wird ihn doch keiner hören. Und selbst wenn: Das würde auch keinen Unterschied machen. In Los Angeles könnte die Erde beben, und die Leute würden glauben, nur ein Zug führe vorbei. Ein bißchen Schreien am Zuma Beach würde jedenfalls niemanden alarmieren. Schließlich und endlich drücke ich dem Burschen aber doch den Mund zu.
»Beim Essen möchte ich meine Ruhe haben«, sage ich. Dabei werfe ich einen Blick auf Ray, der mit dem Mädchen kämpft – ohne daß er das nötig hätte. Zu ihm gerichtet bemerke ich: »Wenn du es in die Länge ziehst, machst du es nur schwieriger.«
»Ich mache es auf meine Art«, gibt er zurück.
»Hmmm«, grummele ich mißmutig zurück. Dann schließe ich die Augen und öffne mit meinem langen Daumennagel eine Halsader. Ich presse die Lippen auf das aufgerissene Fleisch und sauge kräftig. Ich habe die Schlagader erwischt. Heiß ergießt sich das Blut in meinen Mund. Der junge Mann erschlafft in meinen Armen – und bekommt Spaß an der Sache. Diese Art von Mahlzeit kann nämlich äußerst sinnlich sein, sowohl für mich als auch für mein Opfer. Er fühlt sich so, als würde ihm jeder einzelne Nerv seines Körpers von tausend Fingern zugleich gestreichelt. Und für mich ist das Blut wie ein warmer, lebensspendender Fluß.
Keines meiner Opfer wird natürlich allein davon ein Vampir, daß ich es beiße. Für diese Umwandlung bedarf es schon eines massiven Blutaustauschs. Ob Eddie Fender wohl Nadeln und Spritzen bei sich hat?
Ich bin dermaßen damit beschäftigt, wieder Kraft zu tanken, daß ich gar nicht sofort bemerke, daß wir nur noch zu dritt sind statt zu viert. Kaum daß ich die Augen öffne, sehe ich, daß Rays Mädchen davongelaufen ist. Ohne einen Laut von sich zu geben, rennt sie den Strand entlang, hin zu den Betontreppen, die sie hinter die Dünen und zurück auf die Küstenstraße bringen.
»Zum Teufel noch mal!« fluche ich zu Ray.
Er zuckt bloß mit den Schultern. »Sie hat mir in die Hand gebissen.«
»Schnapp sie dir. Nein, warte, ich schnappe sie mir lieber selbst.« Ich reiche ihm meinen glücklichen und zufriedenen Jungen hinüber. »Labe dich an dem hier. Er hat noch einen Schluck übrig für dich.«
Widerstrebend nimmt Ray den jungen Mann in Empfang. »Seine Kräfte lassen nach.«
»Kümmer dich um deine eigenen Kräfte!« rufe ich ihm über die Schultern zu, als ich lossause, das Mädchen einzuholen. Sie ist noch etwa dreißig Meter entfernt und gerade im Begriff, die Stufen hinauf zulaufen. Daß sie noch nicht losbrüllt, grenzt an ein Wunder. Wahrscheinlich steht sie unter Schock. Sie ist nur noch ein paar Meter vor der Straße, als ich mich auf sie stürze und sie wieder auf die Stufen drücke. Sie wehrt sich entschiedener, als ich es erwartet hätte. Sie wirbelt herum und boxt hart gegen meine Brust. Zu meiner großen Überraschung schmerzt der Schlag. Sie hat mich genau an der Stelle getroffen, an der der Pfahl mir durchs Herz gedrungen war. Doch mein Griff lockert sich nicht. »Das wird dir jetzt weh tun, meine Liebe«, sage ich ihr, während sie mich noch entsetzt anschaut. Mit der Rechten drücke ich ihre Arme nieder, mit der Linken verschließe ich ihr den Mund. Erneut setze ich den Daumennagel ein, um die große Halsader zu öffnen. Jetzt bin ich noch gieriger als vorhin und sauge ihren roten Fluß aus wie einen Unsterblichkeitstrank. Was es eigentlich ja auch ist. Es ist jedoch nicht der Stoff, nicht die Flüssigkeit, und es sind auch nicht die Bestandteile des Blutes, die dem Vampir ein langes Leben garantieren. Es ist das Leben selbst – die Essenz, die noch kein Wissenschaftler im Labor hat reproduzieren können –, das jede andere Quelle im Vergleich wie ein Nichts dastehen läßt. Die Mahlzeit hier mit dem Mädchen ist aber kein erotischer Akt, sondern das Stillen eines Bedürfnisses. Als wollte ich meinen Schmerz und meine Erschöpfung in einem Schluck ertränken, trinke ich aus dem Mädchen, als sei ihr Leben für mich die Belohnung für all das, was ich in letzter Zeit Gutes für die Menschheit getan habe.
Der Durst trübt meine Sinne, läßt mich unvorsichtig werden. Mit einemmal werde ich gewahr, wie Ray an mir rüttelt, um mich zum Aufhören zu bewegen. Ich öffne die Augen. Der

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