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Schwarzes Blut

Schwarzes Blut

Titel: Schwarzes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Pike
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Ungläubig reißen sie die Augen auf, als sie mich entdecken, und
ich muß beinahe loslachen. Auf dem Dach ihres Einsatzwagens liegt eine
Schachtel Donuts, und die beiden trinken Kaffee aus Plastikbechern. Wir sind einen Block entfernt und ziemlich ab vom Geschehen. Die Situation
spricht meine teuflische Natur an.
»Na so was! Ihr auch hier?« sage ich.
Hastig legen sie ihr Essen und Trinken beiseite. »Was machst du denn hier?«
fragt der ältere Bulle höflich. »Hier ist Sperrzone.«
Ich gebe mich dreist. »Na, ihr tut ja gerade so, als wär das hier ein Atom-UBoot.«
»Wir meinen’s ernst«, sagte der jüngere. »Du siehst am besten zu, daß du von
hier schleunigst verschwindest.«
Ich trete näher heran. »Ich verschwinde erst, wenn ihr mir eure
Wagenschlüssel gegeben habt.«
Sie grinsen sich an. Der ältere nickt. »Hör mal, hast du keine Zeitung gelesen?
Weißt du nicht, was hier passiert ist?«
»Aber klar doch, hier ist ‘n Atombömbchen hochgegangen.« Ich strecke die
Hand aus. »Her mit den Schlüsseln jetzt. Ich hab’s eilig.«
Der jüngere legt die Hand an den Schlagstock. Als ob er den brauchte bei
einer jungen Dame von achtundneunzig Pfund. In Wirklichkeit brauchte er
natürlich einen Kampfpanzer, um mich aufzuhalten. Der Kerl wirkt auf mich
aufgesetzt wie ein Privatschulschnösel, wie einer dieser Studienabbrecher mit
jeder Menge Kohle, der den Numerus clausus für Jura nicht gepackt und dann
bei den Bullen angefangen hat, um Papa eins auszuwischen.
»Wir haben jetzt keine Zeit mehr für den Blödsinn hier«, sagt Schnösi und
macht dabei voll einen auf Rambo. »Hau sofort ab, oder wir buchten deinen
Knackarsch ein.«
»Meinen Knackarsch? Und der Rest von mir? Das ist ja wohl der übelste
Sexismus, von dem ich je gehört hab’.« Ich gehe voll auf Schnösi zu und starre
ihm in die Augen. Dabei tue ich mein Bestes, um sie ihm nicht auszubrennen.
»Weißt du, gegen gute Bullen habe ich ja nichts, aber sexistische Schweine
kann ich nicht ausstehen. Die kotzen mich bloß an, und wenn mich irgendwas
ankotzt, dann kenne ich überhaupt nichts mehr.« Ich schlage dem Kerl hart auf
die Brust. »Entschuldige dich bei mir, sofort, oder ich reiße dir den Arsch auf.« Zu meiner großen Überraschung – immerhin könnte ich hier doch sauber als
High-School-Mädchen durchgehen – zieht er seinen Revolver und richtet ihn
auf mich. Ich weiche zurück, als wäre ich geschockt, und hebe die Hände hoch.
Der ältere Bulle geht zögerlich einen Schritt auf mich zu. Er hat mehr
Erfahrung; er weiß, es ist immer ein Fehler, auf Ärger aus zu sein, wo es gar
keinen Ärger gibt. Aber er hat natürlich keinen Schimmer, daß Ärger eine feste
Nummer in meinem Programm darstellt.
»Hey, Gary«, sagt er. »Laß die Kleine in Ruhe. Sie flirtet doch nur rum. Steck
die Knarre wieder ein.«
Gary hört nicht auf ihn. »Für einen Flirt hat sie ein verdammt dreckiges Maul.
Woher wissen wir eigentlich, daß sie keine Prostituierte ist? Ja, klar, vielleicht
ist sie wirklich eine. Vielleicht sollten wir ihren Knackarsch wegen unzüchtiger
Handlungen gegen Annahme von Geld einbuchten.«
»Ich hab’ dir doch gar kein Geld angeboten«, sage ich.
Gary wird wütend. Er fuchtelt mir mit dem Revolver am Bauch herum. »An
die Wand hier und die Beine auseinander!«
»Gary«, mokiert sich der ältere Bulle. »Hör doch auf.«
»Hör jetzt echt besser auf, Gary«, warne ich ihn. »Eins sag ich dir: die Sache
hier ziehst du nicht durch.«
Gary packt mich am Arm und drückt mich gegen die Wand. Ich lasse ihn
machen. Wenn ich sauer bin, will ich jagen. Überhaupt: Wenn ich irgendein
starkes Gefühl empfinde, regt sich bei mir der Jagdinstinkt, dann will ich Blut
trinken, ja sogar töten. Während sich Gary daran begibt, mich zu filzen,
überlege ich, ob ich ihn umbringen soll. Einen Ehering trägt er nicht, besonders
vermißt werden wird er also nicht, außer vielleicht von seinem Kollegen hier,
aber dem steht demnächst sowieso ein Herzanfall bevor bei seiner Donut-undSchwarzer-Kaffee-Diät. Sein Blut schmeckt bestimmt gut, denke ich, als Gary
mir in die Taschen greift und dabei mein Messer entdeckt. Die Welt wird schon
klarkommen mit einem miesen Typen weniger. Triumphierend hält er seinem
Kollegen die Waffe entgegen, ganz so, als hätte er einen Tresorschlüssel
entdeckt. So kommt es ihm wohl auch vor. Jetzt, wo ich erwiesenermaßen eine
Verbrecherin bin, kann er mit mir anstellen, was er will, solange es keine Videoaufnahmen davon gibt.

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