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Schwarzes Blut

Schwarzes Blut

Titel: Schwarzes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Pike
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Eddie aufhalten
kann, und der Schmerz über meinen Verlust stoßen mir scharfe Pfähle ins Herz,
die ich nicht mehr herausbekomme. Zum erstenmal kann ich meine Probleme nicht mehr in Blut ertränken, wie ich es im Laufe der Jahrhunderte in schwierigen Zeiten sooft getan habe. Ich wünschte, ich wäre kein Vampir, sondern ein normaler Mensch, der Trost in den Armen eines anderen findet. Der nicht tötet, um zu leben. Mein Traum, mein Seelenwunsch läßt mich nicht mehr los. Die roten Tränen kehren zurück. Ich will nicht länger anders sein als die
anderen.
Gary stöhnt leise vor Vergnügen und Schmerz, als ich von ihm ablasse.
Benommen sinkt er zu Boden. Ich nehme ihm Schlüssel und Mütze ab und
setzte mich in den Streifenwagen. Mein Plan ist denkbar einfach. Ich werde das,
was von Yaksha übrig ist, ins Auto legen und dann an der Straßensperre an
meine Mütze tippen und den Beamten, den ich vor mir habe, fest anstarren. Ich
werde Yaksha irgendwo hinbringen, wo wir für uns sind. Dann werden wir
miteinander reden. Vielleicht über Zauberei. Auf jeden Fall aber über den Tod.
    12.
KAPITEL
    Ich fahre ans Meer, gar nicht weit weg von der Stelle, an der ich vergangene Nacht die Frau getötet habe. Auf dem Weg dorthin sitzt Yaksha neben mir auf dem Beifahrersitz. Genauer gesagt: das, was von ihm übrig ist. Ein zerrissener Rumpf, unten verhüllt von einem Ölsack, aus dem die Metallstifte herausragen, die ihm Eddie in den Leib getrieben hat, um ihn ständig unter Schmerzen zu halten. Wir schweigen. Bevor ich ihn in den Streifenwagen verfrachtete, wollte ich ihm diesen grauenhaften Sack abnehmen und die Metallstifte herausziehen, aber er hat es nicht zugelassen. Er wollte nicht, daß ich sehe, was aus ihm geworden ist. Schönheit lag in seinen dunklen Augen, und in dieser Schönheit begegneten sich unsere Blicke, trotz allem, was zwischen uns geschehen war. Unausgesprochen waren wir uns darin einig: Ich will, daß du mich so in Erinnerung behältst, wie ich war. Und auch mir ist es lieber so.
    Die Brandung, die gestern noch wütete, hat sich gelegt. Das Meer ist nun fast so friedlich wie ein See, und mir fällt ein, wie mich Yaksha einmal an einen riesigen See in Südindien mitgenommen hat, nur einen Monat, bevor wir Krishna begegneten. Es war natürlich nachts. Er wollte mir etwas Kostbares zeigen, das er unter Wasser entdeckt hatte. Yaksha hatte eine besondere Ader, um wertvolle Juwelen und Gold aufzuspüren. So etwas faszinierte ihn einfach: geheime Höhlen, unterirdische Minen – wie ein Magnet zogen sie ihn an. Doch wenn er auf etwas stieß, behielt er es nie für sich. Er wollte einfach nur schauen, welch schöne Dinge die Vergangenheit uns zum Entdecktwerden überlassen hat.
    Unter diesem See aber, erzählte er mir, lag eine ganze Stadt, und niemand sonst wußte etwas davon. Er hielt sie für mehr als einhunderttausend Jahre alt, die letzten Überreste einer großartigen Zivilisation, die von der Geschichte einfach vergessen worden war. Er nahm mich bei der Hand und führte mich ins Wasser. Dann tauchten wir tief hinab. Damals konnte ich eine halbe Stunde lang ohne Luft auskommen. Yaksha kam wohl sogar mehrere Stunden ohne Sauerstoff aus. Als Vampire konnten wir sogar im dunklen, trüben Wasser ganz gut sehen. Wir tauchten mehr als dreißig Meter tief, und plötzlich lag sie vor uns, die Stadt: Säulen, marmorgepflasterte Wege, aus Stein gehauene Brunnen mit Silber und Gold verkleidet, nun von derart vielen Wassertropfen überflutet, daß sie nie mehr in der Sonne sprudeln würden. Die Stadt flößte mir Ehrfurcht ein. Wie war es möglich, daß es sie hier einfach gab, so wunderschön, so zeitlos, ohne daß jemand davon ahnte? Es stimmte mich auch traurig.
    Yaksha führte mich zu etwas, das früher einmal ein Tempel gewesen sein mußte. Hohe Buntglasfenster, manche davon noch immer intakt, umgaben den weiten Innenraum, der sich Schritt für Schritt in konzentrischen Kreisen anhob, eine Abfolge von Bänken, die sich von der Wand bis an die Steindecke zogen. Der Tempel war insofern einzigartig, als daß es in ihm keine Gemälde und keine Statuen gab. Ich begriff, daß hier ein Volk den körperlosen Gott verehrt hatte. Ob das es war, was sie hatte in Vergessenheit geraten lassen? Yaksha glitt an meine Seite, und in seinem Blick lag eine solche Freude, wie ich es nie zuvor bei ihm erlebt hatte. Er kam von jenseits des Abgrunds, und vielleicht war es so, daß er nun sein Volk gefunden hatte. Natürlich waren es

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