Schwarzes Blut
hat mir nie seinen Namen genannt.«
»Er ist nicht gerade der nette Junge von nebenan.«
Yaksha verzieht das Gesicht zu einer Grimasse. »Das weiß ich wohl.«
Erneut berühre ich ihn. »Tut mir leid.«
Er nickt schwach. »Ich weiß noch nicht mal mehr, was ich ihm erzählt habe, aber es muß wohl eine Menge gewesen sein. Als ich schließlich und endlich wieder volles Bewußtsein erlangte, fand ich mich in seinem Eiswagen wieder, und zwar als Gefangener eines Wahnsinnigen, der sehr viel über mich und damit auch über dich wußte.«
»Hat er dir Blut abgezapft und es sich injiziert?«
»Ja. Als ich im Leichenschauhaus lag, muß er bemerkt haben, daß das, was von mir übrig war, versuchte, wieder zu heilen. Er hielt mich am Leben, damit er ständig mehr von meinem Blut abzapfen konnte. Er hat mir sehr viel abgenommen, er muß sehr mächtig geworden sein.«
»Das ist er. Zweimal habe ich versucht, ihn aufzuhalten, und zweimal bin ich daran gescheitert. Wenn es mir ein drittes Mal mißlingt, bringt er mich um.«
Yaksha zögert, und ich weiß schon jetzt, was er fragen will. Sein Gelübde Krishna gegenüber, alle Vampire zu vernichten, ist in Gefahr.
»Hat er noch mehr Vampire erschaffen?« fragt er.
»Ja. Soweit ich weiß, einundzwanzig. Aber ich konnte sie alle vernichten.« Ich halte inne. »Ein Freund hat mir dabei geholfen.«
Yaksha mustert mein Gesicht. »Dein Freund ist dabei umgekommen.«
Ich nicke nur. Wieder rinnt mir eine Träne über die Wange. Wieder ein roter Tropfen, der in das Meer von Zeit und Raum fließt, und dieses Meer nimmt die Tränen auf, ohne Gedanken daran, wie teuer sie unseren vermeintlich unsterblichen Seelen sind.
»Er ist gestorben, um mich zu retten«, sage ich.
»Dein Gesicht hat sich verändert, Sita.«
Ich schaue zum Meer hinaus und suche in ihm den Frieden, der so schwer erfaßbar ist. »Es war ein großer Verlust für mich.«
»Wir haben beide viel verloren im Lauf der Jahrhunderte. Erst dieser Verlust hat wohl eine Veränderung aufgedeckt, die bereits vorher stattgefunden hat.«
Ich bringe ein schwaches Nicken zustande und lege die Hand auf meine Brust. »In der Nacht der Explosion ist mir ein Holzpfahl durchs Herz gedrungen. Aus irgendeinem Grund ist die Wunde nie richtig verheilt. Ich habe ständig Schmerzen. Manchmal nicht so schlimm, manchmal so schlimm, daß ich es kaum aushalten kann.« Ich blicke ihn an. »Warum ist es nicht verheilt?«
»Das weißt du doch selbst. Die Wunde hätte dich töten sollen. Wir beide hätten gemeinsam sterben sollen.«
»Was ist schiefgegangen?«
»Ich bin aufgestanden und ans Fenster getreten. Du hast sicher das Gesicht deines Liebsten vor Augen gehabt, bevor du ohnmächtig wurdest, und darum noch zu Krishna gebetet, daß er euch noch ein wenig Zeit miteinander gibt.«
»Genau das habe ich wirklich getan.«
»Also hat er dir diese Zeit gegeben. Seine Gnade ist mit dir. Ich vermute, du bekommst immer alles, was du dir wünschst.«
Bitter schüttele ich den Kopf. »Mehr als alles andere habe ich mir gewünscht, daß Ray die nächsten fünftausend Jahre an meiner Seite verbringt. Aber dein hochverehrter Gott hat mir nur kurze Zeit mit ihm gegönnt.« Ich lasse den Kopf sinken. »Er hat ihn mir einfach genommen.«
»Er ist genauso dein Gott, Sita.«
Noch immer schüttele ich den Kopf. »Ich hasse ihn.«
»Den Unterschied zwischen Haß und Liebe haben die Menschen schon immer übertrieben. Beides kommt von Herzen. Du kannst nie wirklich hassen, wenn du zuvor nicht wirklich geliebt hast. Auch das Gegenteil trifft zu. Jetzt sagst du also, dein Herz ist gebrochen. Ich weiß nicht, ob es wieder heilen kann.« Er unterbricht sich und nimmt mich bei der Hand. »Ich habe es dir doch schon einmal gesagt, Sita. Unsere Zeit ist abgelaufen. Wir gehören nicht mehr hierher.«
Ich zucke zusammen und drücke ihm die Hand. »Langsam glaube ich, du hast recht.« Mein Traum kommt mir wieder in Erinnerung. »Meinst du, ich treffe Ray wieder, wenn wir von hier weggehen?«
»Du wirst Krishna treffen. Er ist in allen Wesen. Und wenn du dort nach Ray suchst, wirst du ihn auch finden.«
Ich beiße mir auf die Unterlippe und trinke mein eigenes Blut. Es schmeckt besser als das des Bullen. »Ich will daran glauben«, flüstere ich.
»Sita.«
»Kannst du mir helfen, dieses Monster aufzuhalten?«
»Nein.« Sein Blick gleitet über seinen zerfetzten Körper.
»Meine Wunden sind zu schwer. Du mußt ihn allein aufhalten.«
Seine Worte rauben mir die letzte Kraft. »Ich schaffe es
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