Schwarzes Echo
ran, wenn die Operation läuft. Für den Fall, daß jemand rauskommt und die ATVs holen will. Oder irgendeiner, der schon draußen ist, taucht auf und fährt sie rein.«
Bosch nickte und trank. So konnte es funktionieren. Ihm fiel ein, daß seine Zigarette im Aschenbecher glomm, und er warf sie aus dem offenen Fenster.
Als könnte sie Gedanken lesen, sagte sie: »Rourke meint, nach allem, was sie sehen können, liegt keine Decke im Kofferraum. Aber wenn es der Jeep sein sollte, mit dem Meadows’ Leiche zum Wasserreservoir gebracht wurde, müßten noch Faserspuren zu finden sein.«
»Was ist mit dem Siegel, das Sharkey an der Tür gesehen hat?«
»Rourke sagt, da wäre kein Siegel. Aber sie könnten es entfernt haben, als sie den Jeep abgestellt haben.«
»Ja«, sagte Bosch. Ein paar Augenblicke später sagte er: »Stört es dich eigentlich, daß sich alles so gut zusammenfügt?«
»Sollte es?«
Bosch zuckte mit den Achseln. Er sah den Wilshire hinauf. Am Bordstein vor dem Hydranten stand niemand. Seit sie vom Essen gekommen waren, hatte Bosch den weißen LTD nicht mehr gesehen. Er hielt ihn für einen IAD-Wagen, wußte aber nicht, ob Lewis und Clarke noch da waren oder schon Feierabend hatten.
»Harry, gute Polizeiarbeit zahlt sich mit Fällen aus, bei denen sich am Ende alles zusammenfügt«, erklärte Eleanor. »Ich meine, wir sind bei dieser Sache noch lange nicht am Ziel. Aber ich glaube, wir haben inzwischen doch etwas Überblick. Verdammt viel mehr als vor drei Tagen. Wozu also die Sorge, weil endlich manches paßt?«
»Vor drei Tagen hat Sharkey noch gelebt.«
»Wenn du schon dabei bist, wieso nimmst du nicht auch die Schuld für alle anderen auf dich, die jemals die Wahl hatten und dann umgebracht wurden. Du kannst es nicht ändern, Harry. Und du mußt nicht den Märtyrer spielen.«
»Was soll das heißen? Sharkey hatte keine Wahl.«
»Die hatte er allerdings. Als er sich für die Straße entschieden hat, wußte er, daß er vielleicht dort sterben würde.«
»Das glaubst du doch selbst nicht. Er war ein Kind.«
»Ich glaube einfach, daß viel Scheiße passiert. Ich glaube, daß man sich in diesem Job nur bemühen kann und daß es am Ende unentschieden steht. Manche gewinnen und manche verlieren. Es läßt hoffen, daß die Guten immerhin die Hälfte der Zeit gewinnen. Das sind wir, Harry.«
Bosch trank seinen Becher aus, und sie saßen eine Zeitlang schweigend da. Sie hatten einen guten Blick auf den Tresor, der wie ein Thron in der Mitte des Glasraums aufragte. Da draußen im Freien, poliert und schimmernd unter den hellen Deckenleuchten, schien er der Welt zu sagen: »Nimm mich«. Und irgendwer würde es tun. Und wir lassen es zu, dachte Bosch.
Wish nahm das Funkgerät, drückte zweimal auf den Sendeknopf und sagte: »Broadway Eins an First, können Sie mich hören?«
»Wir können Sie hören, Broadway. Was gibt’s?« Es war Houcks Stimme. Man hörte einiges Rauschen, da die Funkwellen von den umstehenden Hochhäusern abprallten.
»Nur zur Kontrolle. Wie ist Ihre Position?«
»Wir stehen südlich der Eingangstür vor der Pfandleihe. Deutlich zu sehen, daß nichts passiert.«
»Wir stehen östlich. Können den …« Sie stellte das Mikro ab und sah Bosch an. »Wir haben unseren Code für den Tresor nicht näher definiert. Hast du eine Idee?«
Bosch schüttelte den Kopf, dann sagte er: »Saxophone. Ich hab’ Saxophone im Fenster der Pfandleihe gesehen. Musikinstrumente, Unmengen davon.«
Sie klickte das Mikro wieder an. »Tut mir leid, First Street, wir haben hier technische Probleme. Wir stehen östlich der Pfandleihe, haben das Klavier im Schaufenster im Blick. Drinnen keine Aktivitäten.«
»Haltet die Augen auf.«
»Na logo. Broadway over.«
Bosch grinste und schüttelte den Kopf.
»Was?« sagte sie. »Was?«
»Ich hab’ ja schon einige Instrumente in Pfandleihen gesehen, aber noch kein Klavier. Wer bringt schon sein Klavier in die Pfandleihe? Man bräuchte einen Lastwagen. Du hast unsere Tarnung verraten.«
Er nahm das Mikro, und ohne den Sendeknopf zu drücken, sagte er: »Ähm … First Street, hören Sie. Da steht kein Klavier im Fenster. Es ist ein Akkordeon. Unser Fehler.«
Sie boxte ihn an die Schulter und sagte, er solle sich keine Sorgen um das Klavier machen. Sie machten es sich bequem und genossen die Stille. Überwachungsjobs waren der Fluch im Leben fast aller Detectives. Nur Bosch hatte in seinen fünfzehn Jahren im Job gegen keine einzige Überwachung etwas
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