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Schwarzes Echo

Schwarzes Echo

Titel: Schwarzes Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Heldenempfang, den wir ihm in D. C. bereiten wollten, hatte er zwei Tage Aufenthalt in L. A. Ein sicherer Job wartete auf ihn, den Vater ihm übers Pentagon besorgt hatte. Nur fand man ihn in einem Bordell in Hollywood. Die Nadel steckte noch in seinem Arm. Heroin.«
    Sie sah zu Bosch auf, dann wandte sie sich ab.
    »So sah es jedenfalls aus, aber so war es nicht. Es wurde als Überdosis abgetan, aber er war ermordet worden. Genau wie Meadows Jahre später. Man hat meinen Bruder genauso abgeschrieben, wie Meadows abgeschrieben werden sollte.«
    Bosch fürchtete, sie würde anfangen zu weinen. Sie mußte bei der Sache bleiben, die Geschichte erzählen.
    »Was ist los, Eleanor? Was hat das mit Meadows zu tun?«
    »Nichts«, sagte sie und sah den Weg zurück, den sie gekommen waren.
    Jetzt log sie. Er wußte, da war etwas. Er hatte das schreckliche Gefühl in der Magengrube, daß sie der Schlüssel zu der ganzen Sache war. Er dachte an die Gänseblümchen, die sie ihm ins Krankenhaus geschickt hatte. Die Musik, die sie in ihrer Wohnung gehört hatten. Daß sie ihn im Tunnel gefunden hatte. Zu viele Zufälle.
    »Alles«, sagte er, »es gehörte alles zu deinem Plan.«
    »Nein, Harry.«
    »Eleanor, woher wußtest du, daß auf dem Hang unter meinem Haus Gänseblümchen wachsen?«
    »Ich habe sie gesehen, als ich …«
    »Du hast mich nachts besucht. Weißt du noch? Du konntest unterhalb der Terrasse nichts erkennen.« Das ließ er etwas wirken. »Du warst schon vorher dagewesen, Eleanor. Als ich mich um Sharkey gekümmert habe. Und dann dein Besuch am selben Abend … das war kein Besuch. Es war ein Test. Wie der Anruf, bei dem du aufgelegt hast. Denn du hast mein Telefon angezapft. Diese ganze Sache war … Warum erzählst du es mir nicht einfach?«
    Sie nickte, ohne ihn anzusehen. Er konnte sich nicht von ihr abwenden. Sie sammelte sich und begann.
    »Hast du jemals etwas gehabt, das dir Kraft gegeben hat, das der Kern deiner Existenz war? Jeder hat eine unabänderliche Wahrheit in seinem Innersten. Für mich war es mein Bruder. Mein Bruder und seine Opferung. So bin ich mit seinem Tod umgegangen. Indem ich ihn und sein Ende überlebensgroß gemacht habe. Ihn zum Helden stilisiert habe. Das war der Keim, den ich gehegt und gepflegt habe. Ich habe eine harte Schale darum errichtet und ihn mit meiner Bewunderung begossen, und während er wuchs, wurde er ein größerer Teil von mir. Er wurde zu dem Baum, der Schatten auf mein Leben warf. Und dann, eines Tages, war er plötzlich weg. Die Wahrheit war eine Scheinwahrheit. Der Baum wurde gefällt, Harry. Kein Schatten mehr. Nur grelle Sonne.«
    Einen Moment lang war sie still, und Bosch betrachtete sie. Ganz plötzlich schien sie so zerbrechlich, daß er sie zu einer Bank bringen wollte, damit sie nicht zusammenbrach. Sie umfaßte einen Ellbogen mit der Hand und legte die andere Hand an ihre Lippen. Ihm dämmerte, was sie sagen wollte.
    »Du hast es nicht gewußt, oder?« sagte Bosch. »Deine Eltern … Keiner hatte dir die Wahrheit gesagt.«
    Sie nickte. »Ich bin in dem Glauben aufgewachsen, er wäre ein Held gewesen, wie meine Mutter und mein Vater es mir gesagt hatten. Sie haben mich geschützt. Sie haben gelogen. Aber wie sollten sie auch ahnen, daß man eines Tages ein Denkmal mit allen Namen errichten würde … mit allen Namen, außer dem meines Bruders.«
    Sie schwieg, aber diesmal wartete er ab.
    »Eines Tages, vor ein paar Jahren, war ich am Ehrenmal. Und ich glaubte, jemandem wäre vielleicht ein Fehler unterlaufen. Da lag ein Buch, eine Liste der Namen, und ich habe nachgesehen. Er war nicht aufgeführt. Kein Michael Scarletti. Ich habe die Parkleute angeschrien. ›Wie könnt ihr jemanden in dem Buch auslassen?‹ Und so habe ich den Rest des Tages damit verbracht, die Namen auf der Mauer zu lesen. Alle. Ich wollte ihnen beweisen, wie sehr sie sich getäuscht hatten. Aber … da war er auch nicht. Ich konnte nicht … Weißt du, wie es ist, fast fünfzehn Jahre deines Lebens an etwas zu glauben, dein Weltbild um eine einzige, glanzvolle Tatsache zu bauen und dann … feststellen zu müssen, daß diese die ganze Zeit über wie ein Geschwür in deinem Inneren gewachsen ist?«
    Bosch wischte mit der Hand die Tränen auf ihren Wangen weg. Er hielt sein Gesicht nah an ihres.
    »Und was hast du getan, Eleanor?«
    Die Faust an ihren Lippen wurde fester, die Knöchel blutleer wie die einer Toten. Bosch sah eine Parkbank ein Stück den Weg hinunter, nahm sie bei der

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