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Schwarzes Echo

Schwarzes Echo

Titel: Schwarzes Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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gestanden hätte, für alle Fälle. Der Mann oben hatte wahrscheinlich per Funk mit ihnen kommuniziert, außer vielleicht gegen Ende der Aktion, um die Sprengsätze nicht versehentlich durch Funkwellen zu zünden.
    Die Männer unten hatten sich mit Honda Geländefahrzeugen, sogenannten ATVs, durch die Kanalisation bewegt. Im Becken des Los Angeles River gab es nordöstlich der Innenstadt eine Einfahrt zur Kanalisation. Dort waren sie reingefahren – wahrscheinlich im Schutz der Dunkelheit – und hatten sich mit Hilfe der Archivkarten durch das Tunnelsystem gearbeitet, bis zu einer Stelle unter dem Wilshire Boulevard, etwa zehn Meter tief gelegen und hundertfünfzig Meter westlich der WestLand National. Es war eine Fahrt von zwei Meilen.
    Eine Industriebohrmaschine mit einem Sechzig-Zentimeter-Bohrer, wahrscheinlich mit Diamantspitze, wurde an einen Generator an einem der ATVs angeschlossen. Damit wurde ein Loch in die fünfzehn Zentimeter dicke Betonwand des Hochwassertunnels gebohrt. Von da aus hatten die Männer zu graben begonnen.
    »Der eigentliche Einbruch in den Tresor geschah am Labor-Day-Wochenende«, sagte Wish. »Wir glauben, sie müssen die Arbeit am Tunnel drei oder vier Wochen vorher aufgenommen haben. Sie haben wohl nur nachts gearbeitet. Sind reingegangen, haben ein Stück gegraben und waren bei Morgengrauen wieder draußen. Das DWP, das ›Department of Water and Power‹, zuständig für die Wasser- und Stromversorgung, hat Inspektoren, die das Kanalsystem routinemäßig überprüfen und nach Rissen oder anderen Problemen suchen. Sie arbeiten tagsüber, also war das Risiko für die Täter äußerst gering.«
    »Was ist mit dem Loch, das sie in die Seite gebohrt haben? Müßten die Inspektoren das nicht gesehen haben?« fragte Bosch, der sich augenblicklich über sich selbst ärgerte, weil er eine Frage stellte, bevor Wish fertig war.
    »Nein«, sagte sie. »Die Leute haben an alles gedacht. Sie haben ein kreisrundes Stück Sperrholz ausgesägt, etwa sechzig Zentimeter im Durchmesser. Sie haben es mit Zement bestrichen – wir haben es hinterher gefunden. Wir glauben, wenn sie morgens gegangen sind, haben sie es in das Loch geschoben und jedesmal etwas mehr Zement um den Rand gestrichen. Es sah sicher aus wie das alte, verschlossene Ende eines Abflußrohrs. Das ist da unten so üblich. Ich war da. Überall sieht man verschlossene Rohre. Die sechzig Zentimeter sind ein Standardmaß. Das hat also ganz normal ausgesehen. Niemand bemerkt es, und die Täter kommen einfach am nächsten Abend wieder, gehen rein und graben sich ein Stück weiter zur Bank durch.«
    Sie sagte, der Tunnel sei in erster Linie mit Handwerkzeugen gegraben worden – Schaufeln, Hacken, Bohrern, die vom Generator des ATV betrieben wurden. Wahrscheinlich hatten die Tunnelgräber Taschenlampen benutzt, aber ebenso Kerzen. Manche davon hatten noch gebrannt, als der Raub entdeckt wurde. Sie standen in kleinen Nischen in den Wänden.
    »Klingelt da bei Ihnen was?« fragte Wish.
    Er nickte.
    »Wir haben errechnet, daß sie pro Nacht drei bis sechs Meter vorangekommen sind«, sagte sie. »Wir haben zwei Schubkarren im Tunnel gefunden. Man hatte sie in zwei Hälften zerlegt und so auseinandergebaut, daß sie durch das Loch paßten. Hinterher wurden sie dann zusammengebunden, um sie während des Grabens zu verwenden. Es muß die Aufgabe von einem oder zweien der Täter gewesen sein, den Schutt und die Erde aus dem Tunnel in den Hauptkanal zu kippen. In diesem Kanal gibt es eine ständige Strömung, und die hat den Schutt irgendwann bis zum Flußbett weggespült. Wir denken, ein Komplize hat in manchen Nächten Feuerhydranten aufgedreht, damit unten mehr Wasser floß.«
    »So hatten sie da unten Wasser, sogar bei Dürre.«
    »Sogar bei Dürre …«
    Wish berichtete, daß die Diebe, als sie schließlich unter der Bank angekommen waren, die unterirdische Stromversorgung und die Telefonleitungen der Bank angezapft hatten. Da Downtown L. A. an Wochenenden einer Geisterstadt glich, hatte die Filiale samstags geschlossen. Daher konnten die Diebe am Freitag nach Geschäftsschluß die Alarmanlage kurzschließen. Einer der Täter muß Schmiere gestanden haben. Nicht Meadows, der war wahrscheinlich für das Sprengen verantwortlich.
    »Das Komische ist, daß sie eigentlich niemanden zum Schmierestehen brauchten«, sagte sie. »Die Sensoren-Alarmanlage im Tresor war in dieser Woche mehrfach losgegangen. Die Täter müssen den Alarm beim Graben mit ihren

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