Schwarzes Echo
einen eher zufälligen Eindruck. Ich hab’ ein Video im Büro, das zeige ich Ihnen. Aber es scheint fast, als hätten sie gesagt: ›Du nimmst die Wand da, ich nehm’ die andere‹, und so weiter. Manche Fächer gleich neben anderen, die aufgebohrt waren, haben sie nicht angerührt. Wieso, weiß ich nicht. Sah nicht so aus, als hätten sie ein Schema verfolgt. Trotzdem wurden uns bei neunzig Prozent der aufgebohrten Fächer Diebstähle gemeldet. Größtenteils nicht auffindbare Sachen. Sie haben klug gewählt.«
»Wie kommen Sie darauf, daß es drei waren?«
»Wir haben uns ausgerechnet, daß man mindestens drei bräuchte, um so viele Fächer aufzubohren. Außerdem waren so viele ATVs da.«
Sie lächelte, und er biß die Zähne zusammen. »Okay, woher wissen Sie das mit den ATVs?«
»Na, da waren Spuren im Schlamm des Abwasserkanals, und über die Reifen haben wir sie identifiziert. Außerdem haben wir Farbe, blaue Farbe an der Wand einer der Kurven des Kanals gefunden. Einer von ihnen war im Schlamm ins Rutschen gekommen und gegen die Mauer geprallt. Das Farblabor in Quantico fand das Baujahr und die Marke heraus. Wir waren bei sämtlichen Honda-Händlern in Südkalifornien, bis wir auf den Kauf von drei blauen ATVs bei einem Händler in Tustin gestoßen sind, vier Wochen vor Labor Day. Der Mann hat bar bezahlt und sie auf seinen Hänger geladen. Hat einen falschen Namen und eine falsche Adresse angegeben.«
»Wie war der?«
»Der Name? Frederic B. Isley, wie FBI. Ist noch mal wieder aufgetaucht. Einmal haben wir dem Händler ein paar Bilder gezeigt, unter denen auch Meadows’ Foto, Ihres und die einiger anderer waren, aber außer Isley konnte er niemanden erkennen.«
Sie wischte sich den Mund mit einer Serviette ab und warf sie auf den Tisch. Er konnte keinen Lippenstift daran entdecken.
»Also«, sagte sie, »das war genug Wasser für eine Woche. Treffen wir uns drüben in meinem Büro, und wir gehen durch, was wir haben und was Sie bezüglich der Meadows-Sache wissen. Rourke und ich glauben, das ist die Richtung, in die wir gehen sollten. Wir haben sämtliche Spuren in dem Bankraub bis zum Ende verfolgt und stoßen mit dem Kopf an die Wand. Vielleicht bringt uns der Fall Meadows den nötigen Durchbruch.«
Wish nahm die Rechnung, Bosch gab das Trinkgeld.
Sie fuhren in getrennten Wagen zum Federal Building. Bosch dachte beim Fahren an sie, nicht an den Fall. Er wollte sie nach der kleinen Narbe an ihrem Kinn fragen und nicht danach, wie sie die WestLand-Tunnelgräber mit den Vietnam-Tunnelratten in Verbindung brachte. Er wollte wissen, woher der süße, traurige Ausdruck auf ihrem Gesicht kam. Er folgte ihrem Wagen durch ein Viertel voller Studentenwohnungen nahe der UCLA und dann über den Wilshire Boulevard. Sie trafen sich am Fahrstuhl in der Tiefgarage des Federal Building.
»Ich glaube, es wäre das Beste, wenn Sie erster Linie mit mir zu tun hätten«, sagte sie, als sie allein nach oben fuhren. »Rourke … Sie und Rourke hatten nicht gerade den besten Einstieg, und …«
»Wir hatten überhaupt keinen Einstieg«, sagte Bosch.
»Nun, wenn Sie ihm die Chance geben würden, könnten Sie sehen, daß er ein guter Mann ist. Er hat das getan, was ihm für den Fall das Beste zu sein schien.«
Die Fahrstuhltüren glitten im siebzehnten Stock auseinander, und da stand Rourke.
»Da sind Sie beide ja«, sagte er. Er hielt Bosch seine Hand hin, der sie ohne große Überzeugung nahm. Rourke stellte sich vor.
»Ich wollte gerade auf einen Kaffee und ein Brötchen nach unten«, sagte er. »Wollen Sie mitkommen?«
»Uuh, John, wir kommen gerade aus einem Coffeeshop«, sagte Wish. »Wir sehen uns nachher hier oben.«
Inzwischen waren Bosch und Wish draußen vor dem Fahrstuhl und Rourke drinnen. Der Stellvertreter des leitenden Special Agent nickte nur, und die Tür schloß sich. Bosch und Wish gingen in das Büro.
»In gewisser Weise ist er Ihnen sehr ähnlich … hat den Krieg mitgemacht und das alles«, sagte sie. »Versuchen Sie es mit ihm. Sie schaden der Sache, wenn Sie nicht etwas auftauen.«
Er ging nicht darauf ein. Sie liefen den Flur hinunter zur Gruppe 3, und Wish deutete auf einen Schreibtisch hinter ihrem. Sie sagte, er stünde leer, seit der Agent, der ihn benutzt hatte, zur Gruppe 2, dem Porno-Department, versetzt worden war. Bosch stellte seinen Aktenkoffer auf den Tisch und setzte sich. Er sah sich im Raum um. Es war sehr viel voller als am Tag zuvor. Etwa ein halbes Dutzend Agenten
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