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Schwarzes Echo

Schwarzes Echo

Titel: Schwarzes Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Nasenbein. Es hörte sich an, als würde ein Bleistift zerbrechen, und die Plastikschüssel mit dem Thunfisch fiel zu Boden. Dann war alles voller Blut auf dem gedeckt weißen Teppich.

DRITTER TEIL
Dienstag, 22. Mai
    Eleanor Wish rief am Dienstag morgen wieder an, als Bosch vor dem Badezimmerspiegel an seiner Krawatte herumnestelte. Sie sagte, sie wolle sich mit ihm in einem Coffeeshop in Westwood treffen, bevor sie ihn mit zum FBI nähme. Er hatte schon zwei Tassen Kaffee getrunken, sagte aber, er würde da sein. Er legte auf, fummelte den obersten Knopf an seinem weißen Hemd zu und zog die Krawatte eng um den Hals. Er konnte sich nicht erinnern, wann er den Details seines Äußeren zuletzt eine solche Aufmerksamkeit gewidmet hatte.
    Als er ankam, saß sie an einem Tisch am Fenster. Sie hatte beide Hände um das Glas Wasser vor sich gelegt und wirkte zufrieden. Ein Teller war zur Seite geschoben, auf dem die Papierhülle eines Muffin lag. Sie warf ihm einen kurzen Blick zu und lächelte höflich, als er sich setzte und der Kellnerin winkte.
    »Nur Kaffee«, sagte Bosch.
    »Sie haben schon gegessen?« sagte Wish, als die Kellnerin ging.
    »Mh, nein. Aber ich möchte nichts.«
    »Sie essen n icht viel, das sieht man.«
    Klang eher wie eine Mutter, nicht wie ein Detective.
    »Also, wer will es mir erzählen? Sie oder Rourke?«
    »Ich.«
    Die Kellnerin stellte eine Tasse Kaffee ab. Bosch konnte hören, daß am Nebentisch vier Vertreter um ihre Rechnung feilschten. Er nahm einen kleinen Schluck Kaffee.
    »Ich hätte das Ersuchen des FBI um meine Mitarbeit gern schriftlich, unterschrieben vom leitenden Special Agent des Büros Los Angeles.«
    Sie zögerte einen Augenblick, stellte ihr Glas ab und sah ihn zum ersten Mal direkt an. Ihre Augen waren so dunkel, daß sie nichts preisgaben. An den Rändern sah er den Beginn eines feinen Faltenmusters auf der sonnengebräunten Haut. Am Kinn hatte sie eine kleine, weiße, halbmondförmige Narbe, sehr alt und kaum wahrnehmbar. Er fragte sich, ob die Narbe und die Falten sie störten, wie es wohl den meisten Frauen ergehen würde. Ihre Gesichtsform schien eine gewisse Trauer zu vermitteln, als hätte sich ein Geheimnis aus ihrem Inneren nach außen vorgearbeitet. Vielleicht ist es Erschöpfung, dachte er. Dennoch war sie eine attraktive Frau. Er schätzte sie auf Anfang Dreißig.
    »Ich glaube, das läßt sich arrangieren«, sagte sie. »Noch irgendwelche Forderungen, bevor wir an die Arbeit gehen?«
    Er lächelte und schüttelte den Kopf.
    »Wissen Sie, Bosch, ich habe Ihre Mordakte gestern bekommen und sie heute nacht gelesen. Für das, was Sie hatten, und für den einen Tag Arbeit war das sehr gut. Bei den meisten anderen Detectives würde diese Leiche noch immer in der Warteschlange vor dem Leichenschauhaus stehen und als versehentliche Überdosis gelten.«
    Er sagte nichts.
    »Wo wollen wir heute anfangen?« fragte sie.
    »Ich hab’ ein paar Sachen laufen, die noch nicht in der Akte stehen. Wieso erzählen Sie mir nicht erst mal von dem Bankraub? Ich brauche mehr Hintergrund. Ich weiß nur, was Sie den Zeitungen gegeben und in den Fahndungsmeldungen veröffentlicht haben. Bringen Sie mich auf den letzten Stand, dann übernehme ich und erzähle Ihnen von Meadows.«
    Die Kellnerin kam und sah nach seiner Tasse und ihrem Glas. Dann erzählte Eleanor Wish die Geschichte des Bankraubs. Bosch überlegte sich währenddessen Fragen, versuchte aber, sich diese zu merken und später zu stellen. Er spürte, daß sie über die Geschichte, die Planung und Ausführung staunte. Wer diese Tunnelgräber auch sein mochten, sie hatten ihren Respekt. Er wurde beinahe eifersüchtig.
    »Unter den Straßen von L. A.«, sagte sie, »gibt es mehr als sechshundert Kilometer von Abwasserabflüssen, die breit und hoch genug sind, um mit einem Wagen durchzufahren. Dazu die Nebenkanäle. Eintausendachthundert weitere Kilometer, durch die man gehen oder zumindest kriechen kann.
    Das bedeutet, daß jeder runtersteigen und – wenn er den Weg kennt – zu jedem Gebäude der Stadt gelangen kann. Und es ist nicht schwer, den Weg zu finden. Die Pläne für das gesamte Netz sind öffentlich, liegen im Archiv des County aus. Jedenfalls haben diese Typen die Kanalisation benutzt, um zur WestLand National zu kommen.«
    Soweit hatte er es sich schon gedacht, behielt es aber für sich. Sie sagte, das FBI sei davon überzeugt, daß mindestens drei Leute unter der Erde gewesen wären, und mindestens einer oben Wache

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