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Schwarzes Echo

Schwarzes Echo

Titel: Schwarzes Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Sharkey«, sagte der Mann. »Wir wissen, daß du es nicht getan hast. Wir wollen nur wissen, was du gesehen hast, mehr nicht. Schließ deine Maschine ab. Wir bringen dich wieder her.«
    Der Mann nannte seinen Namen und den der Frau. Bosch und Wish. Er sagte, sie sei vom FBI, was alles nur noch komplizierter machte. Der Junge zögerte, dann beugte er sich vor und schloß sein Motorrad wieder an.
    Bosch sagte: »Wir wollen nur rüber zur Wilcox fahren, um dir ein paar Fragen zu stellen, vielleicht, um ein Bild zu machen.«
    »Wovon?« fragte Sharkey.
    Bosch antwortete nicht. Er machte nur eine Geste mit der Hand, daß er mitkommen sollte, und deutete auf einen grauen Caprice, der ein Stück weit die Straße hinauf stand. Es war der Wagen, den Sharkey vor dem Chateau gesehen hatte. Während sie gingen, hatte Bosch seine Hand auf Sharkeys Schulter gelegt. Sharkey war noch nicht so groß wie Bosch, aber beide hatten den gleichen drahtigen Körperbau. Der Junge trug ein rotes, gebatiktes T-Shirt und eine gelbe Brille. Eine schwarze Sonnenbrille hing an einem orangefarbenen Band um seinen Hals. Der Junge setzte sie auf, als sie sich dem Caprice näherten.
    »Okay, Sharkey«, sagte Bosch am Wagen. »Du kennst die Vorschriften. Wir müssen dich durchsuchen, bevor du in den Wagen steigst. Dann brauchen wir dich auf der Fahrt nicht zu fesseln. Leg alles auf die Haube.«
    »Mann, Sie haben doch gesagt, ich steh’ nicht unter Verdacht«, protestierte Sharkey. »Ich muß das nicht machen.«
    »Ich hab’ dir gesagt, daß es die Vorschrift ist. Du kriegst alles wieder. Außer den Fotos. Das können wir nicht machen.«
    Sharkey sah erst Bosch an, dann Wish, dann begann er mit den Händen in den Taschen seiner durchgescheuerten Jeans herumzugraben.
    »Ja, wir wissen über die Fotos Bescheid«, sagte Bosch.
    Der Junge legte 46,55 Dollar auf die Haube, dazu eine Schachtel Zigaretten und ein Streichholzheftchen, ein kleines Taschenmesser an einer Kette und einen Stapel Polaroid-Fotos. Es waren Fotos von Sharkey und den anderen Jungen aus der Clique. Die Modelle waren nackt und befanden sich in den verschiedensten Stadien sexueller Erregung. Als Bosch die Bilder durchblätterte, sah Wish kurz über seine Schulter, wandte sich aber schnell wieder ab. Sie nahm die Zigarettenschachtel, durchsuchte sie und fand zwischen den Kools einen einzelnen Joint.
    »Ich fürchte, den werden wir auch behalten müssen«, sagte Bosch.

    Sie fuhren zum Revier an der Wilcox, denn es war Hauptverkehrszeit und bis zum Federal Building in Westwood hätten sie eine gute Stunde gebraucht. Es war schon nach sechs, als sie ins Büro der Detectives kamen. Der Raum war leer, alle waren nach Hause gegangen. Bosch brachte Sharkey in eines der drei mal drei Meter großen Vernehmungszimmer, in dem ein kleiner, von Zigaretten angekokelter Tisch und drei Stühle standen. Ein Schild an der Wand besagte: »Jammern zwecklos!« Er setzte Sharkey auf die »Rutsche« – einen Holzstuhl, dessen Sitz dick eingewachst war und dessen Vorderbeine man um etwa einen Zentimeter verkürzt hatte. Nicht soviel, daß man es merkte, aber doch genug, daß die Leute, die auf diesem Stuhl saßen, es unbequem hatten. Die meisten harten Burschen lehnten sich zurück und rutschten langsam herunter. Es blieb ihnen nur, sich nach vorn zu lehnen, direkt vor das Gesicht des verhörenden Beamten. Bosch sagte dem Jungen, er solle sich nicht von der Stelle rühren, dann ging er nach draußen, um seine Strategie mit Wish zu besprechen, und schloß die Tür hinter sich. Wish stieß die Tür wieder auf.
    Sie sagte: »Es ist illegal, einen Jugendlichen unbeaufsichtigt in einem geschlossenen Raum zu lassen.«
    Bosch machte die Tür wieder zu.
    »Er beschwert sich ja nicht«, sagte er. »Wir müssen uns unterhalten. Was für ein Gefühl haben Sie bei ihm? Wollen Sie ihn übernehmen, oder soll ich?«
    »Ich weiß nicht«, sagte sie.
    Damit war die Frage geklärt. Das war ein Nein. Beim ersten Verhör eines Zeugen, dazu eines widerwilligen Zeugen, mußte man im richtigen Verhältnis lügen, gut zureden und fordern können. Wenn sie es nicht konnte, war sie draußen.
    »Sie sollen bei Verhören doch angeblich so großartig sein«, sagte sie mit einem Tonfall, der in Boschs Ohren höhnisch klang. »Nach Ihrer Akte zu urteilen. Ich weiß nicht, ob damit Hirn oder Gewalt gemeint ist. Aber ich würde gern sehen, wie man es macht.«
    Er nickte, ignorierte den Seitenhieb. Er holte die Zigaretten und die

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