Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzes Echo

Schwarzes Echo

Titel: Schwarzes Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
Vom Netzwerk:
sich ihre Fotos und die dazugehörigen Beschreibungen an. Franklin war der größere von beiden. Einsachtzig, hundertneunzig Pfund, dunkles Haar. Delgado war schlank, einsdreiundsiebzig und hundertvierzig Pfund. Ebenfalls dunkles Haar. Bosch starrte die Fotos von dem großen und dem kleinen Mann an und dachte an die Beschreibungen der Männer, die Meadows’ Leiche mit dem Jeep abgeladen hatten.
    »Besuchen wir Sharkey«, sagte er nach einer Weile.
    Er rief im Home Street Home an und erfuhr, was er sich schon gedacht hatte: Sharkey war weg. Bosch versuchte es im Blue Chateau, und eine müde, alte Stimme erklärte ihm, daß Sharkeys Clique gegen Mittag ausgezogen sei. Sharkeys Mutter legte auf, als sie merkte, daß Bosch kein Kunde war. Es war fast sieben. Bosch erklärte Wish, sie würden wohl wieder auf die Straße müssen, um ihn zu finden. Sie sagte, sie wolle fahren. Die folgenden zwei Stunden verbrachten sie in West Hollywood, hauptsächlich auf dem Santa Monica Boulevard. Aber von Sharkey war nichts zu sehen, und auch sein Motorrad stand nirgendwo an eine Parkuhr gekettet. Sie winkten ein paar Streifenwagen vom Sheriffs Department heran und erklärten den Beamten, wen sie suchten, aber auch die zusätzlichen Augen halfen nichts. Sie parkten am Straßenrand vor dem Oki Dog, und Bosch überlegte, ob der Junge vielleicht wieder bei seiner Mutter war und sie aufgelegt hatte, um ihn zu schützen.
    »Hätten Sie Lust auf einen Ausflug nach Chatsworth?« fragte er.
    »So sehr ich diese Hexe von einer Mutter sehen möchte, hatte ich eigentlich eher daran gedacht, für heute Feierabend zu machen. Sharkey können wir auch morgen noch suchen. Wie wär’s mit dem Abendessen, das wir gestern abend nicht haben konnten?«
    Bosch wollte Sharkey, aber ebensosehr wollte er sie. Sie hatte recht, es gab immer einen nächsten Tag.
    »Hört sich gut an«, sagte er. »Wohin möchten Sie gern?«
    »Zu mir.«

    Eleanor Wish wohnte in einem Mietshaus, zwei Blocks vom Strand in Santa Monica entfernt. Sie parkten am Gehweg vor der Tür, und als sie hineingingen, erzählte sie Bosch, daß sie, obwohl sie so nah am Meer wohnte, sich auf dem Balkon vorbeugen und rechts den Ocean Park Boulevard hinunter schauen mußte, um es zu sehen. Dann konnte sie zwischen zwei Wohntürmen, die dort am Ufer aufragten, wenigstens ein Stückchen Pazifik erspähen. Aus diesem Winkel, sagte sie, könne sie außerdem in das Schlafzimmer ihres Nachbarn sehen. Der Nachbar war ein ehemaliger Schauspieler, der sich inzwischen als kleiner Drogendealer betätigte und durch dessen Schlafzimmer eine nie enden wollende Prozession von Frauen führte. Es lenkte irgendwie von der Aussicht ab, sagte sie. Sie bot Bosch an, sich ins Wohnzimmer zu setzen, während sie das Essen vorbereitete. »Falls Sie Jazz mögen, liegt da drüben eine CD, die ich neu habe. Ich hatte noch keine Zeit, sie zu hören«, sagte sie.
    Er trat an die Stereoanlage, die sich auf Borden neben einem Bücherschrank stapelte, und nahm die neue Platte in die Hand. Es war Rollins’ Falling in Love with Jazz, und innerlich lächelte Bosch, denn die hatte er selbst. Es war eine angenehme Gemeinsamkeit. Er öffnete die Hülle, legte die Platte auf und fing an, sich im Wohnzimmer umzusehen. Es gab pastellfarbene Läufer und helle Bezüge auf den Möbeln. Bücher über Architektur und Einrichtungsmagazine lagen ausgebreitet auf einem Glastisch vor einer hellblauen Couch. Die Wohnung war sehr gepflegt. Auf eine gerahmte Leinwand neben der Eingangstür waren die Worte »Willkommen in diesem Haus« gestickt. Mit kleinen Buchstaben stand in der Ecke EDS 1970, und Bosch überlegte, was der letzte Buchstabe heißen mochte.
    Er fand eine weitere Seelenverwandtschaft mit Eleanor Wish, als er sich umdrehte und die Wand über der Couch betrachtete. In schwarzes Holz gerahmt, hing dort ein Druck von Edward Hoppers Nighthawks. Bosch hatte selbst keinen Druck davon zu Hause, aber er kannte das Bild und dachte sogar von Zeit zu Zeit daran, wenn er in einen Fall oder eine Observation vertieft war. Er hatte das Original einmal in Chicago gesehen und fast eine Stunde davor gestanden und es betrachtet. Ein stiller, schattenhafter Mann sitzt am Tresen in einem Diner an einer Straßenecke. Er blickt zu einem anderen Kunden hinüber, der ihm selbst ganz ähnlich ist, nur befindet sich der zweite Mann in Begleitung einer Frau. Irgendwie fand sich Bosch darin wieder, identifizierte sich mit dem ersten Mann. Ich bin der

Weitere Kostenlose Bücher