Schwarzes Fieber
Geschenke.«
»Bloß Geld.«
»Das ist ja alles gut und schön, Mädels. Aber was ist im Winter? Werdet ihr dann immer noch Zeitungen austragen und Prospekte verteilen?«
»Wieso nicht?«, fragten sie erstaunt. »Andere machen’s doch auch.«
»Oder traust du uns das etwa nicht zu?«
Das zuzugeben, wäre aus pädagogischer Sicht unklug gewesen.
Sie ließen nicht locker, und nur um mir das Gequengel nicht länger anhören zu müssen, hatte ich schließlich zum Hörer gegriffen. Aber die angegebene Telefonnummer gehörte einer Firma, Cominex GmbH, Bürozeiten werktags von acht bis achtzehn Uhr. Und so hatte ich meinen Töchtern versprechen müssen, sobald ich im Büro war, den Besitzer ihres neuen Traums anzurufen.
Eine mürrische Frau verband mich nach dreimaligem Nachfragen mit ihrem Chef, als sie endlich begriffen hatte, worum es ging. Brunos Besitzer war der Firmeninhaber persönlich, ein Herr Bachmaier. Und er war mir schon nach den ersten Sätzen unsympathisch. Zu jung, zu dynamisch, zu selbstbewusst. Das Pferd hatte er irgendwann mal irgendwie geschenkt bekommen, und nun wollte er es loswerden, weil er nicht die Zeit fand, sich darum zu kümmern.
»Bruno steht die ganze Zeit bloß im Stall und langweilt sich krumm und bucklig.« Aus irgendeinem Grund fand er das zum Lachen. »Und dann, der Job, nicht wahr? Ständig im Flieger, ständig bis spät nachts in irgendwelchen Meetings. Es ist ja nicht wegen dem Geld. Der arme Bruno tut mir einfach leid. Deshalb gebe ich ihn ja auch so billig her. Ich will, dass er in gute Hände kommt.« Wieder lachte er. »Geld hab ich genug.«
Keine schlechte Basis, den Preis zu drücken.
»In gute Hände würde er kommen, da können Sie sicher sein. In sehr gute Hände. Aber eigentlich wollten wir uns Ihren Bruno erst mal nur ansehen. Und im Fall des Falles müssten wir natürlich auch noch über den Preis …«
»Sie wollen doch jetzt nicht anfangen zu handeln?« Das fand er nun gar nicht witzig. »Da läuft nichts. Das hab ich echt nicht nötig. Bruno ist ein Schnäppchen. Wenn Sie das nicht wissen, dann verstehen Sie nichts von Pferden.«
Ich versuchte die Mitleidnummer. »Er wäre für meine Töchter. Sie sind so vernarrt in Pferde und …«
»Dann sollten Ihre Töchter es vielleicht mal beim Gnadenhof probieren.«
Ich hasste den Mann inzwischen für sein Lachen.
»Würde es Ihnen heute Abend passen?«
»Eigentlich nicht. Die nächste Zeit bin ich überhaupt supereng mit Terminen. Morgen früh um sechs geht der Flieger nach Shanghai, und vorher hab ich noch eine Menge zu erledigen. Aber okay, wenn’s nicht zu lange dauert. Sagen wir um sieben?«
Ich rief meine Töchter an, sie saßen gerade beim Frühstück, und verkündete die frohe Botschaft. Sie jubelten und jauchzten, dass es in meinen Ohren gellte, und schworen, mir bis ans Ende meines Lebens dankbar zu sein. Der Brief an Oma war in der Post, aber die Antwort stand noch aus.
Eilig erledigte ich noch ein wenig Aktenkram, beantwortete E-Mails, zeichnete Berichte ab, sortierte vieles auf den wachsenden Stapel, den Sönnchen nach ihrer Rückkehr erledigen würde. Dann war es neun, und die kleine Ermittlungsgruppe, die die Einbruchserie bearbeitete, marschierte mit langen Gesichtern auf. In der Nacht auf Sonntag hatte es eine Villa in Wilhelmsfeld erwischt, die unglücklicherweise einem bekannten Mitglied des Heidelberger Stadtrats gehörte. Der Anruf der Staatsanwaltschaft würde nicht lange auf sich warten lassen.
Schon wurde es wieder minütlich wärmer in meinem Büro. Das Einzige, was das gestrige Gewitter bewirkt zu haben schien, war ein kräftiger Anstieg der Luftfeuchtigkeit. Jeder, den ich an diesem Vormittag traf, schwitzte, dampfte und schimpfte.
Ich machte meinen Leuten mit ernsten Worten klar, dass ich von nun an Erfolge erwartete. Bisher waren die Einbrüche in den Medien mehr als Kuriosum behandelt worden, aber das würde sich nun vermutlich ändern. Wie bestellt kam mitten in meiner Ansprache der erwartete Anruf: Die leitende Oberstaatsanwältin persönlich gab mir die Ehre und machte mir mit ernsten Worten klar, dass sie nun endlich Erfolge von mir erwartete. Sie zitierte mich auf zehn Uhr zum Rapport.
So entließ ich meine deprimierten Truppen, schloss die Fenster und erledigte noch einige wichtige Dinge, die ich seit Tagen vor mir herschob. Ich schickte eine nörgelige Stellungnahme nach Stuttgart wegen der Freigabe unserer gesperrten Stellen, bestätigte meine Teilnahme an einer
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