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Schwarzes Fieber

Schwarzes Fieber

Titel: Schwarzes Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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erschöpft. Inzwischen hatte sie anscheinend den Faden verloren.
    »In beiden Fällen suchen wir weiter nach Kontaktpersonen.«
    Sie schraubte ihren Füller auf und wieder zu. Ihre Augenlider sanken herab. Plötzlich zuckte sie zusammen, legte entschlossen ihr vergoldetes Schreibgerät auf den modernen, säuberlich aufgeräumten Schreibtisch aus hellem Holz.
    Dann sah sie mich an. »Was ist los mit Ihnen? Sie wirken heute etwas nervös.«
    »Tatsächlich?« Jetzt erst merkte ich, dass meine Finger ganz ohne mein Zutun unentwegt gymnastische Übungen machten. Ich war wohl wirklich etwas angespannt. »Die Hitze vermutlich.« Ich zwang meine Hände zur Ruhe.
    Aber das stimmte nicht. Es war nicht nur die Hitze. Da war noch etwas anderes. Eine merkwürdige Nervosität und innere Unruhe. Als stünden wir kurz vor dem Durchbruch, könnten die Lösung schon mit Händen greifen und sahen sie nicht. Oder als hätte ich etwas Entscheidendes übersehen.
    »Wie dem auch sei.« Plötzlich war ihre alte Energie wieder da. »Ich erwarte morgen Ihren ausführlichen Bericht. Und ich hoffe sehr, darin interessante Neuigkeiten zu lesen.«

12
    Auf dem Weg zurück zur Polizeidirektion wählte ich nochmals die Nummer des Krankenhauses. Heute würde ich Frau de Santos härter anfassen als bisher. Bisher hatte ich in ihr nur ein Opfer gesehen. Aber inzwischen war ich davon überzeugt, dass sie ein Spiel mit mir spielte, mit den Ärzten, mit uns allen. Sie wollte nicht reden, vermutlich, weil sie etwas verschwieg und nicht riskieren wollte, sich zu verplappern. Weil sie keine Lust hatte, unangenehme Fragen zu beantworten. Aber damit musste nun Schluss sein. Es tutete und tutete, aber niemand ging ans Telefon.
    »Da sind Sie ja!« Runkel hatte mich erwartet. Er stand im Flur des ersten Obergeschosses, wo der größte Teil der Kripo untergebracht war, rieb sich die Hände und strahlte übers ganze Gesicht. »Kommen Sie mal mit. Ich muss Ihnen was zeigen.«
    Er führte mich in sein Büro und schloss umständlich die Tür hinter sich. Der Kollege, mit dem er sonst das Büro teilte, war offenbar im Urlaub. An einem kleinen Besprechungstisch saß ein junges Paar von der Sorte, die ich nie in der Nähe meiner Töchter zu sehen hoffte. Abgerissene, schmutzige Klamotten, leise klirrendes Metall überall, aufsässige Mienen in den mit zahllosen Piercings verunstalteten Gesichtern. Die beiden Gestalten mochten Anfang zwanzig sein. Das Mädchen trug eine Art graubraune Filzmatte auf dem Kopf, die in Rastalocken endete. Hier half Kämmen längst nicht mehr. Der junge Mann trug dagegen einen bunten und offenbar regelmäßig ausrasierten Irokesenschnitt, der vermutlich von der Unsicherheit in seinem Blick ablenken sollte.
    »Die zwei Hübschen haben Ihnen nämlich was Interessantes zu erzählen, Chef.« Runkel trat hinter die beiden und strahlte immer noch, als wäre er der Weihnachtsmann. Das Mädchen versuchte, Runkel durch giftige Blicke zu töten. Der verteilte beidhändig zwei fast liebevolle Klapse auf die Hinterköpfe.
    »So, ihr zwei, jetzt erzählt meinem Chef mal eure Geschichte.«
    Ich zog mir einen Stuhl heran und setzte mich.
    »Es ist wegen dem Neger«, begann der Mann mit krächzender Stimme und hartnäckig auf die Tischkante gerichtetem Blick.
    Runkel hob schon die Hand für die nächste tätliche Zurechtweisung. Ich gab ihm ein Zeichen, er solle die beiden Punker in Ruhe lassen. Auf den zweiten Blick wirkten sie nicht annähernd so gefährlich wie auf den ersten.
    Das pummelige, auch in anderer Kleidung gewiss nicht hübsche Mädchen war vielleicht zwei, drei Jahre jünger als ihr hagerer Freund, der sie um zwei Köpfe überragte. Sie rochen nach Bier, Hund und heute nicht zum ersten Mal durchgeschwitzter Kleidung.
    »Wir …« Exakt gleichzeitig hatten sie zu sprechen begonnen. Erschrocken verstummten sie wieder.
    »Haben Sie dem Mann etwas getan?«
    Erschrocken sahen sie auf. »Nee!«, tönte es in Stereo.
    »Wir harn echt nix gegen Schwarze und so!«, erklärte mir das Mädchen.
    »Wir sind nämlich voll so multikultimäßig drauf!«, ergänzte der Mann. »Wir haben bloß mit dem gequatscht und paar Bierchen gezischt.«
    »Jetzt mal bitte der Reihe nach.« Ich sah auf die Uhr. »Was, wann, wo?«
    »Auf jeden Fall war’s vor unserem Urlaub«, murmelte der Mann mit einem Seitenblick auf seine Freundin.
    »Urlaub?«, fragte ich.
    »Zwei Wochen Malle. Last Minute.«
    »Echt voll krass, da unten!« Das Mädchen warf mir einen strahlenden

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