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Schwarzes Fieber

Schwarzes Fieber

Titel: Schwarzes Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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krank war.
    »Übermäßig erholt sehen Sie nicht aus«, sagte ich stattdessen, als ich seine breite, heute kraftlose Hand drückte. Mein Chef, ein Riese von nahezu zwei Metern und im Normalzustand sicherlich hundertzwanzig Kilo, erhob sich nur andeutungsweise und rang sich ein erschöpftes Lächeln ab.
    »Da gönnt man sich einmal im Leben eine solche Reise, und dann wird man krank. Meine Frau hatte sich so darauf gefreut.«
    Theresa! Wenn Liebekind aus dem Urlaub zurück war, dann war auch sie wieder im Land. Und vermutlich wunderte sie sich längst, warum sie keine stürmische Begrüßungs-SMS auf ihrem Handy vorfand. Mir wurde heiß und kalt. Ich setzte mich unaufgefordert und gab Liebekind hastig einen Überblick über die Lage. Zum Glück stellte er keine Fragen.
    »Gut«, murmelte er hin und wieder, ohne wirklich zuzuhören, und am Ende: »Sehr gut.«
    Er spielte heute nicht einmal an einer seiner kostbaren Zigarren herum, die er eifrig sammelte, aber niemals ansteckte. Seine Hände lagen wie gelähmt auf der leeren Schreibtischplatte.
    »Wie war’s?«, wollte Sönnchen wissen, als ich zurückkehrte. »Ist er zufrieden mit uns?«
    »Wir sollen mehr Druck machen in dieser Hinbruchserie. Sonst hat er kaum was gesagt.«
    »Ich hab in der Zeitung gelesen, jetzt hat es sogar einen Stadtrat erwischt.«
    »Und das Peinliche daran ist, dass der Mann erst im Frühjahr hier bei unserer Beratungsstelle war und sich lang und breit Ratschläge hat geben lassen, wie er sich gegen Einbrüche schützen kann. Und prompt erwischt es ihn.«
    Zurück an meinem Schreibtisch, rief ich die Bahnhofsblumenhandlung an, weil sie als Einzige um diese Zeit schon offen hatte, und bestellte für eine gewisse Theresa Liebekind einen üppigen Sommerblumenstrauß mit der Bitte um Expresszustellung. Dann wählte ich ihre Nummer mit dem plötzlichen Gefühl, mich nicht mehr an ihre Stimme erinnern zu können. Aber ihr Handy war aus und ich fast erleichtert. So schickte ich ihr ersatzweise eine schmachtende SMS, die mir selbst ein wenig gekünstelt vorkam. Sie war zu lange weg gewesen. Wir mussten erst wieder zusammenfinden. Ich konnte mir nicht einmal mehr vorstellen, wie sie sich anfühlte. Wir mussten uns sehen, riechen, fühlen. E-Mails sind einfach kein Ersatz fürs Zusammensein.
     
    Über das Wochenende war es unmöglich gewesen, für Richard Ehrenfrid einen neuen Anwalt zu finden. Heute, gegen halb elf, erschien endlich der Ersatzmann, und wir konnten mit dem Verhör fortfahren. Der neue Anwalt war jung, aufgeregt und ehrgeizig. Er trug eine bunte Brille zu einem auberginefarbenen Anzug, das gegelte Haar stand gerade so weit von seinem Kopf ab, wie es sich für einen Juristen noch ziemte, und bald kam mir der Verdacht, dies könnte der erste Klient in seiner Karriere sein, den er ganz alleine vertreten durfte. Zwanghaft versuchte er, alles richtig zu machen, und gerade deshalb machte er so gut wie alles falsch.
    Vangelis hatte irgendeine neue Spur in der Einbruchserie aufgetan und war unterwegs. Deshalb leistete uns heute Balke Gesellschaft.
    Ich kam sofort zur Sache. »Was für eine Waffe war das, die Sie Nunda verkauft haben?«
    »Und wie viel hat er dafür bezahlt?«, setzte Balke hinzu.
    »Momentchen«, sagte der Anwalt.
    »Ihr könnt mich mal«, brummte Ehrenfrid.
    Ich wandte mich an seinen Rechtsbeistand.
    »Zu Ihrer Information: Wir haben Beweise dafür, dass Ihr Mandant Mitte Juli eine Schusswaffe verkauft hat, mit der er sich zwei Tage zuvor in Rostock des versuchten Totschlags schuldig gemacht hat.«
    »Blödsinn!«, knurrte Ehrenfrid merklich beunruhigt.
    »Die Waffe ist inzwischen aufgetaucht«, log ich, ohne den Anwalt zu Wort kommen zu lassen. »Die Ergebnisse der Laboruntersuchungen müssten in Kürze vorliegen. Es wird eng werden. Machen Sie Ihrem Mandanten das bitte klar. Und ich empfehle Ihnen dringend, ihn zur Kooperation zu bewegen. Je eher er gesteht, desto besser wird er vor Gericht dastehen.«
    »Möchten Sie Bedenkzeit?«, fragte Balke verbindlich. »Sollen wir kurz rausgehen? Wir könnten die Waffe dann gleich mitbringen.« Er log kein bisschen schlechter als ich.
    »Jetzt mal bitte langsam.« Der Anwalt begann hektisch in irgendwelchen Papieren zu blättern.
    »Es handelt sich um eine alte russische Armeepistole«, klärte ich ihn auf, »Kaliber achtunddreißig.«
    Das Kaliber hatte ich dem Bericht der Rostocker entnommen, der heute Vormittag eingetroffen war. Der Typ der Waffe war bisher

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