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Schwarzes Fieber

Schwarzes Fieber

Titel: Schwarzes Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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Töchter dachte und an Bruno?
    »Der Herr Ribeiro ist damals gefahren wie der Gottseibeiuns persönlich. Nicht mal fünf Stunden hat er gebraucht für die Strecke. Ein bisschen später, und wir hätten seinem Kind nicht mehr helfen können. Aber mit Gottes Beistand und allerhand Mühen haben wir auch seine kleine Rosana wieder auf die Beine gebracht. Damals ist sie fünfzehn gewesen oder sechzehn. Acht Wochen hat sie bei uns bleiben müssen. Und sobald sie wieder hat krabbeln können, hat sie angefangen, sich nützlich zu machen. Hat gelernt, Spritzen zu geben und Blutdruck zu messen, Verbände zu wechseln. Wir haben ihr sogar geraten, Medizin zu studieren, in Europa, aber da hat sie nur gelacht. Die Rosana hat nämlich ihre Heimat geliebt. Die Natur, das freie Leben auf dem Land.«
    Nun war Bruder Georg ein wenig außer Atem. Aber bevor ich eine Frage stellen konnte, fuhr er auch schon fort: »Und sie lebt? Die kleine Rosana lebt, höre ich?«
    »Gar so klein ist sie heute nicht mehr. Und ja, sie liegt hier bei uns im Krankenhaus. Sie wurde überfallen und ziemlich übel zugerichtet. Aber das Schlimmste ist überstanden. Sie kann bald entlassen werden.«
    »Aber wie kommt sie denn um Gottes willen nach Heidelberg?«
    »Das frage ich mich auch. Können Sie mir sagen, ob sie irgendeine Beziehung zu Deutschland hat? Verwandte vielleicht? Freunde?«
    »Davon weiß ich nichts«, brummte Bruder Georgs gemütlicher Bass. »Aber ich könnte fragen bei den anderen Fratres, die sie noch von früher kennen. Aber wie schön, wie schön, dass sie lebt. Es sind ja leider nicht so viele davongekommen, damals.«
    »Sie konnte sich mit Manuel nach Huambo durchschlagen. Vom Rest der Familie hat man seither nichts mehr gehört.«
    »Ausgerechnet der kränkliche Manuel. Und dann dieser schreckliche Tod. Diese furchtbare Seuche. Der Herr Hecker hier hat’s mir vorhin erzählt.«
    Bruder Georg wollte noch dies und das über seine kleine Rosana wissen, wie sie heute aussah, was ich von ihr dachte, und tauchte noch einmal in seine Erinnerung an eine glückliche Zeit ein. Dann veränderte sich seine Stimme, wir waren wieder in der Gegenwart.
    »Der Herr Hecker wird langsam ein bisschen nervös wegen der Telefonrechnung, glaube ich.«
    »War die Farm die einzige Einkunftsquelle der Familie Ribeiro?«
    Bruder Georg hustete. »Nun«, erwiderte er gedehnt. »Es gab Gerüchte.«
    »Welcher Art?«
    »Es soll da Gold gegeben haben. Drum konnten sie vermutlich auch so lang durchhalten. Der alte Herr Ribeiro war ein verwegener Bursche, aber mit Waffen allein hat er die Farm bestimmt nicht halten können. Ich nehme an, er hat die Mittel gehabt, diejenigen, die gerade in der Übermacht waren, friedlich zu stimmen.«
    Erst als er mir zum Abschied Gottes Segen wünschte und alles, was ich sonst noch brauchen könnte, wurde mir bewusst, dass ich die ganze Zeit mit einem Geistlichen gesprochen hatte.
    »Der Herr Hecker möchte Sie noch mal haben.«
    Wenig später war dieser wieder am anderen Ende: »Nur eine Kleinigkeit noch. Frau Ribeiro soll in letzter Zeit öfter in einer kleinen Bibliothek in Huambo gewesen sein. Die Amerikaner haben da eine Bibelschule gebaut. Da soll sie hin und wieder gewesen sein.«
    »Weiß man, wofür sie sich dort interessiert hat?«
    »Das nicht. Aber ich weiß die Telefonnummer der Bibliotheksleiterin.«
     
    »Liebekind verlangt nach Ihnen, Herr Kriminalrat«, eröffnete mir meine Sekretärin gut gelaunt, als ich auflegte. Immer, wenn ich in dieses Gesicht sah, wurde mir klar, warum sie von aller Welt »Sönnchen« genannt wurde. Wie sie mir einmal anvertraut hatte, schon in ihrer Kindheit.
    Richtig. Ich hatte vollkommen vergessen, dass mein Chef irgendwann aus dem Urlaub zurückkehren würde.
    »Ich hab Ihnen schon alles gerichtet«, sagte die beste Sekretärin von allen. »Die Liste der offenen Fälle liegt ganz oben.«
    »Irgendwann werde ich über Sie herfallen und Sie abküssen, Frau Walldorf.«
    »Sie dürfen ruhig weiter Sönnchen zu mir sagen«, meinte sie und verschwand, bevor ich die angedrohten Zärtlichkeiten in die Tat umsetzen konnte.
    Kriminaldirektor Liebekind war sichtlich mitgenommen von seiner Krankheit. Die Haut grau, die Falten im Gesicht noch tiefer als sonst. Er schien sogar einige Kilo abgenommen zu haben. Mir lag schon eine mitfühlende Bemerkung über seinen verpatzten Urlaub auf den Lippen, aber in letzter Sekunde schluckte ich sie wieder hinunter. Offiziell konnte ich ja nicht wissen, dass er

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