Schwarzes Gold Roman
gespielt, als für
sie und Néslien auf unserer – also Spennings – außerordentlichen
Hauptversammlung letztes Jahr die Flagge hochging. Erling Sachs und
Kapitalinvest waren gekniffen, genau wie Sie und Néslien. Ihre Quelle heißt
Erling Sachs. Es ist unerheblich, dass ich das weiß. Sie müssen es machen wie
ich – Ihren Job erledigen. Es ist mir wurscht, wie viel Sie und Ihre
Zeitschrift über Spenning, die Bahamas oder andere Steuerparadiese absondern.
Eins aber können Sie mir glauben: Erling Sachs versorgt Sie nicht wegen
Aktienkursen oder politischer Manipulation des Aufsichtsrats von Spenning mit
diesen Informationen. Es geht überhaupt nicht um Geld. Erling Sachs will mir
das Kreuz brechen – es ist persönlich, es geht um Gefühle. Auch wenn ich
Ihnen nicht unterstelle, sich mir gegenüber gefühlsmäßig im Ungleichgewicht
zu befinden, muss ich doch zugeben, dass es scheint, als hätten Sie und Sachs
das gleiche Ziel. Mein Tipp: Glauben Sie nicht alles, was man Ihnen ins Ohr
flüstert. Wenn Sie mich drankriegen wollen, bitteschön, aber tun Sie es auf
Ihre Weise. Sie haben bereits gesehen, dass der Beweis, den er Ihnen in die
Hände gegeben hat, kein Beweis ist.«
Vebjørn lehnte sich zurück und nahm seine ursprüngliche
Haltung wieder ein, den Kopf nachdenklich schief gelegt, langsam die Daumen
drehend. »Nächste Frage«, sagte er. »Sie führen doch ein Interview, oder
nicht?«
Sie sahen einander an, bis Bløgger schief lächelte und
sagte: »Glauben Sie, tief innen, selbst dran, dass Sie davonkommen
werden?«
Lindeman antwortete nicht.
Nach einer langen Stille erhob sich Bløgger und verließ den
Raum, ohne sich umzudrehen.
Der Abend war gekommen, und es war still in Vebjørn
Lindemans Büro. Es war nichts zu hören, außer den elektronischen Geräuschen
von Vebjørns Telefon und dem Tuten, das verriet, dass es am anderen Ende
läutete.
»Erling, ich bin’s, Vebjørn.«
»Das höre ich.«
»Ich mache es kurz, Erling. Dagfinn Bløgger war heute hier
und hat mit einem Dokument gewedelt, das er von dir hat. Du hast unsere
Absprache gebrochen, daher sehe ich unsere Rechnung als ausgeglichen und alle
früher getroffenen Absprachen als hinfällig an –, egal ob sie über deinen
kryptischen Zwischenmänner oder mit dir direkt eingegangen wurden. Ist das
klar?«
Es knisterte an Vebjørns Ohr. Am anderen Ende war es
totenstill, nicht einmal Erlings Atem war zu hören.
»Ich deute dein Schweigen als Zustimmung. Leb wohl.«
Vebjørn legte auf.
37
Das Buch
Doffens Unterwelt
ging sechsundvierzigmal
über die Buchhandelstheke. Die gesamte Auflage belief sich auf
tausendzweihundert Exemplare. Eintausend davon wurden durch die staatliche
Einkaufsordnung für norwegische Bibliotheken erworben. Doch das Buch war ein
Flop.
Das Geld, das Anders nach dem Kauf der Wohnung noch vom
Kredit geblieben war, hatte er längst verbraucht. Er hatte kein Geld, um seine
Schulden zu tilgen. Die Raten bezahlte Bette Line Sachs. Als Gegenleistung
forderte sie einen eigenen Wohnungsschlüssel. Das machte nichts aus. Das
einzige Problem mit Bette Line war, dass Anders eine Art Beziehung mit Irene
hatte. Sie hatte eine Rolle beim Oslo Nye Theater bekommen und wohnte in einer
Wohngemeinschaft in Smestad. Einmal kam Bette Line herein, als Irene zu Besuch
war. Glücklicherweise waren die beiden gerade nicht im Bett. Sie saßen auf
ihren Küchenstühlen und tranken Tee.
Der anschließende Streit war einer Fernsehserie würdig.
»Wer ist sie? Was hat sie hier zu suchen?«
»Ich helfe Ihr mit Sprechproben.«
»Mit Sprechproben«, wiederholte Bette Line höhnisch.
»Shakespeare, nehme ich an.«
»Die spanische Fliege.«
Solche Auseinandersetzungen endeten meistens damit, dass
Bette Line sich einen Schnaps genehmigte. Es war selten der erste des Tages.
Den nächsten bot sie Anders an. So ertränkte sie ihre Eifersucht in Alkohol
und Leidenschaft.
Wenn er aufwachte, war er in der Regel allein und hatte einen
Haufen schlechter Gefühle im Bauch. Ihre Stimmungen blieben in der Wohnung
zurück, er hatte das Bedürfnis, die Fenster aufzureißen, Luft
hereinzulassen. Er stand am Fenster und schnappte nach Luft, als hätte ihm
jemand den Kopf zu lange unter Wasser gedrückt.
Aftenposten, 1. September 1987
Einstellung des Steuerverfahrens wird zum
Wahlkampfthema
Das viel diskutierte Steuerverfahren gegen den verstorbenen
Reedereibesitzer Georg Spenning und Vebjørn
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