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Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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werde ihn sobald wie möglich von hier wegbringen. Bis dahin gib ihm ein wenig Normalität. Wenn er dich wütend macht, brüll ihn an. Wenn er sich schlecht benimmt, schlag ihm mit einem Stock auf die Finger, verstehst du? Aber wenn er etwas Schwieriges meistert, tu so, als sei es gut, aber nicht außerhalb der Norm. Er soll wissen, dass jene, die zählen, nicht davon beeindruckt sein werden, wer sein Vater ist oder wie viel er wandeln kann.«
    »Und wer sind diese Leute?«, fragte Liv sarkastisch. Sie hatte es nicht wirklich laut aussprechen wollen, aber Gavin war wirklich lächerlich idealistisch. Natürlich zählte es, wer er war und wie viel er wandeln konnte. Wenn man auf dem Gipfel eines Berges geboren wurde, konnte man vielleicht so tun, als zähle der Berg nicht, aber jene, die ihn hinaufkletterten, und jene, die an seinem Fuß geboren wurden und überhaupt nicht klettern konnten, wussten es besser.
    »Ich und Orholam«, sagte Gavin und ignorierte ihren Tonfall. »Wenn wir die Einzigen sind, deren Anerkennung ihm etwas bedeutet, hat er eine Chance.«
    Liv wusste nicht, ob dass das Arroganteste oder Tiefschürfendste war, was sie je gehört hatte. Vielleicht beides. Doch was immer es sonst bewirkte, es erinnerte sie daran, wer und was Gavin war. Bei Orholams finster erhobener Braue, sie hatte sich dem Prisma gegenüber sarkastisch geäußert, dem Mann, der Orholam auf der ganzen Welt am nächsten war. Und Orholam sei gedankt, dass Liv sich von dieser schrecklichen Frau abgewandt hatte. Selbst wenn es sie einen hohen Preis kosten würde. Das Prisma selbst auszuspionieren? Es war praktisch ein Sakrileg. So schlimm Livs Dummheit, ihre Unbeholfenheit und dieser schreckliche Anflug von Vernarrtheit waren, wie schrecklich wäre es gewesen, auch noch eine Verräterin zu sein? Sie schluckte. »Es tut mir leid, Lord Prisma, ich hätte nicht …«
    Gavin hob die Hand und stand abrupt auf.
    Liv schaute zu dem Kristall hinüber, konnte aber nichts sehen. Der Kristall hatte sich nicht verändert. Sie blickte gerade rechtzeitig zu Gavin, um das Prisma erbleichen zu sehen – dann leuchtete sein Gesicht auf, als sei die Sonne gerade hinter den schwärzesten Wolken hervorgekommen.
    Eine Flut von Farben blitzte durch seine Haut, und er streckte eine Hand nach dem Kristall aus. Eine knisternde, schimmernde Röhre aus Luxin schoss aus seiner Hand und traf den Kristall an der gegenüberliegenden Wand wie ein irisierendes Spinnennetz aus Feuer. Immer mehr strömte aus dem Mann heraus und drängte sich tief in den Kristall.
    Und dann hielt Gavin inne, so plötzlich, wie er begonnen hatte. Einen Moment später erstrahlte der Kristall in einem leuchtenden Jadegrün und dann in einem weniger intensiven Blau.
    Gavin seufzte vor Erleichterung.
    »Was war das«, fragte Liv.
    »Ein Geheimnis!«, blaffte Gavin. Er machte eine Handbewegung, und Liv spürte einen kalten Windstoß und hörte die Fenster schwer in ihre Schlitze fallen.
    »Komm her«, befahl das Prisma. Sein Körper füllte sich mit allen Farben des Regenbogens, dazu mit Ultraviolett und Infrarot. Ein Seil aus grünem Luxin, das um eine Kette aus mit Gelb getränktem Blau geschlungen war, ging von seiner Hand aus. »Sofort! Ich muss der Erste dort sein, um die Sache einzudämmen, und er wird dich brauchen.«
    Benommen eilte Liv auf das Prisma zu. Sie wusste nicht einmal, wovon er sprach.
    »Auf meinen Rücken«, sagte er.
    »Was?«
    »Auf meinen Rücken, sofort! Halt dich gut fest.«
    Sie sprang ihm auf den Rücken. Er war unnatürlich heiß von dem Infrarot, das er zusammen mit allen anderen Farben hielt. Was tat er? Sie betrachtete noch einmal die Kette in seiner Hand. Dann drehte er sich um und wandte sich der Leere draußen vor seinem Fenster zu. Sie kreischte auf und hielt sich mit mörderischem Griff fest.
    »Nni so fee!«, sagte das Prisma.
    »Was?«, fragte Liv und lockerte den Griff um seinen Hals.
    »Nicht so fest«, knurrte er.
    Noch während sie sich entschuldigte, wickelten sich Luxin-Bänder um sie und hielten sie auf ihm fest. Gavin rannte auf das Fenster zu und sprang.
    Zuerst sah Liv nur das Luxin, das sich wie Spinnenseide aus Gavins Hand ergoss, ebenso schnell, wie sie fielen. Sie begriff, dass sie keine Ahnung hatte, wie weit genau sie würden fallen müssen, um auf die Ebene der Mangel zu gelangen, oder woher Gavin wissen wollte, wann er Halt machen musste. Was das betraf, wie wollte er von außen zurück in den Turm? Hoffte er, dass irgendjemand ein

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