Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
Vom Netzwerk:
abgetrennt und flog klatschend ins Wasser, während der Rest als ein langer, blutiger Fleck zurückblieb.
    Es schien ihm nicht real zu sein. Ein Teil von Kip wusste, dass er es hätte sein können, dass er es vielleicht hätte sein sollen, aber plötzlich war er sich Livs bewusst, die in ihrer Wohnung stand. »Kip, Kip, wir haben sie getötet«, sagte Liv. Kip war sich überdeutlich bewusst, dass seine Eier schmerzten und er vor dem einzigen Mädchen, das er kannte, mehr oder weniger nackt war, und er war fett und ekelhaft und sollte sich auf der Stelle bedecken.
    Er hatte kaum seine Hose hochgezogen, als Liv zum Geländer des Balkons taumelte und sich übergab. Kip hasste das Erbrechen. Er hasste es, wenn er es selbst tat, und er hasste es, wenn andere es taten. Aber am meisten, so entdeckte er jetzt, während der Wind über den gelben Turm wehte und Nebel durch die Regenrinne trug, hasste es Kip, wenn man sich auf ihn erbrach. Neblige Feuchtigkeit traf sein Gesicht und seinen offenen Mund.
    Er rollte sich herum, spuckte, hustete und schlug sich in das eigene Gesicht, um den Nebel von Erbrochenem abzuwischen. Dann erhob er sich schwankend; seine Eier schmerzten noch immer, und sein Gesicht war zu einer Grimasse verzogen.
    »Oh nein«, sagte Liv, ihr Gesicht grau und entsetzt, als sie begriff, dass sie sich auf ihn erbrochen hatte. Sie schaute von seinem Gesicht zu seinem Schritt hinunter, wo seine Hose zerrissen war, und dann zu den Felsen so tief unter ihnen. Sie rang nach Worten und fand keine.
    »Weißt du, ich bin froh, dass es zwischen uns keine Peinlichkeit gibt«, bemerkte Kip. Hatte er das wirklich gerade gesagt? Es war, als könne ein Teil von ihm nicht umhin, sich vollkommen unangemessen zu benehmen. Er hatte soeben jemanden getötet, und er war so erschrocken und verlegen und gedemütigt und dankbar dafür, am Leben zu sein, und er wusste nicht, was sonst noch alles, er konnte einfach nicht dagegen an.
    Livs Mund zuckte für eine halbe Sekunde, dann beugte sie sich wieder über das Geländer und übergab sich abermals.
    Immer etwas zu sagen, nie das Richtige. Gut gemacht, Kip.

51
    »Mittsommer naht«, sagte die Weiße. »Der Sonnentag.«
    Gavin stand vor ihr auf dem Dach der Chromeria. Gemeinsam beobachteten sie den Sonnenuntergang. Mittsommer nahte, soweit es Gavin betraf, immer.
    »Ich habe mit den Vorbereitungen für die Befreiung begonnen«, erklärte sie. »Glaubt Ihr, dass Euer Vater in diesem Jahr teilnehmen wird?«
    Gavin schnaubte. »Nicht in diesem Jahr. Niemals.«
    »Es ist nicht natürlich«, bemerkte die Weiße leise. »Früher habe ich über seine Selbstbeherrschung gestaunt. In diesem schrecklichen Raum zu leben, seinen Geist scharf zu halten, die Albträume in Schach zu halten.«
    »Die Albträume müssen ihn in Schach halten.«
    »Ich lebe zur Hälfte in Dunkelheit, Gavin«, sagte die Weiße, als habe er sie nicht unterbrochen. »So fühlt es sich an zu leben, ohne zu wandeln. Aber zur Gänze in Dunkelheit zu leben? Ist das nicht eine Zurückweisung Orholams selbst? ›Sie lieben die Dunkelheit, denn ihre Taten sind dunkel, und das Licht beschämt sie.‹«
    »Ich überlasse den Zustand der Seele meines Vaters meinem Vater. Sollen wir nicht unsere Väter ehren und uns der Autorität beugen, die der Vater von Allem ihnen verliehen hat?«
    »Ihr seid nicht nur ein Sohn, Gavin. Ihr seid das Prisma. Ihr solltet Orholam ehren, indem Ihr die Autorität, die er Euch verliehen hat, ausübt, nicht nur die Macht.«
    »Vielleicht wird es Zeit, dass Ihr befreit werdet«, erwiderte Gavin voller Bitterkeit. Er führte diese Gespräche mindestens einmal im Jahr. Er hatte sie satt. Die Weiße fragte nach seinem Vater, sein Vater schlug vor, dass die Weiße als Erste ging. Beide bedrängten ihn, den anderen zu bedrängen.
    Die Weiße hob die Hände, die Innenflächen nach oben gedreht. »Wenn Ihr es befehlt, mein Prisma, werde ich mich der Befreiung anschließen. Mit Freuden.«
    Ihre Worte raubten ihm den Atem. Sie meinte es ernst.
    »Auch ich gehorche«, sagte die Weiße. »Es mag Euch überraschen, es zu erfahren, Gavin, aber ich habe den Strohhalm gezogen, um die Weiße zu werden, bevor ich zu begreifen begann, was es überhaupt bedeutete, eine Wandlerin zu sein, geschweige denn eine Farbe, geschweige denn die Weiße. Aber vielleicht ist es keine Lektion, die erteilt werden kann, sondern eine, die nur gelernt werden kann.«
    »Wovon sprecht Ihr?«, fragte Gavin.
    »Wisst Ihr, warum es uns schwerer

Weitere Kostenlose Bücher