Schwarzes Prisma
eine Ehre. Ich habe mich lange auf diese Befreiung gefreut.« Sie machte einen Knicks und zog es vor, wie die meisten alten Krieger es taten, zu ignorieren, dass sie im Krieg auf der anderen Seite gestanden hatte als Gavin.
Der Rest von ihnen folgte ihrem Beispiel, und die Wandler verbeugten sich oder knicksten im förmlichen Stil ihrer jeweiligen Heimat. Gavin verneigte sich ebenfalls förmlich, sah ihnen in die Augen und gab Acht, dass auch er Wandlern von beiden Seiten das gleiche Maß an Respekt erwies.
Innerlich brach ihm, wie es das immer tat, das Herz. Er wollte jenen, die an seiner Seite gekämpft hatten, sagen, dass er es war, dass er nicht Gavin war, dass es alles zum Besten gewesen war. Stattdessen setzte er sich zu ihnen und fand sich neben dem jähzornigen Usem dem Wilden wieder, während die Sklaven dampfende Tabletts mit Essen hereinbrachten und kühle Flaschen mit Zitrussäften und Wein.
»Als ich mit einigen der anderen darüber gesprochen habe« – Usem deutete mit dem Kopf widerstrebend zu den Izems und Samila hinüber, die für Gavin gekämpft hatten –, »fanden sie, dass es auch für sie ein gutes Jahr wäre.«
»Wir wünschten, Lord Prisma, den Sieben Satrapien vielleicht dabei zu helfen, den … Krieg hinter sich zu lassen«, meldete Samila Sayeh sich zu Wort, nachdem sie sich gerade noch gebremst hatte, den Krieg als den Krieg des falschen Prismas zu bezeichnen. »Tatsächlich sind wir gute Freunde geworden.«
»Ich persönlich«, sagte Maros Orlos, der kleinste Ruthgari, den Gavin je gesehen hatte, »bin froh, eine Befreiung ohne all das Drum und Dran zu haben. Ohne Feuerwerk und ohne die Ansprachen und die Wichtigtuerei der Satrapen und anderer kleiner Emporkömmlinge, die niemals selbst den Pakt werden erfüllen müssen. Eine Befreiung ist heilig. Sie sollte zwischen einem Wandler, dem Prisma und Orholam stattfinden. Alles andere sind Ablenkungen.«
»Ablenkungen? Wie ein Abendessen mit dem Prisma und deiner Befreiungsklasse?«, fragte Izem Rot. Er war Parianer, dünn wie eine Peitsche und mit dazupassendem Verstand. Er trug noch immer seine Ghotra, so gefaltet, dass sie der Haube einer Kobra ähnelte, ein Stil, den er sich als siebzehnjähriger Wandler zugelegt und für den er unablässigen Spott erduldet hatte. Man hatte ihn einen Poseur genannt, bis zur ersten Schlacht, als seine pfeilschnellen Feuerbälle die feindlichen Reihen dezimiert und alle Spötter ein für alle Mal zum Schweigen gebracht hatten.
Maros öffnete den Mund, um zu protestieren, erkannte, dass er im Begriff war, sich mit Izem Rot anzulegen, und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf sein Essen.
Tala, eine ältere Parianerin mit kurzem weißem Haar und roten Halos, die ihre braunen Iris berührten, sagte: »Wisst Ihr, Hoher Lord Prisma, Hauptmann Eisenfaust hat uns erzählt, dass Ihr derzeit an einem kleinen Projekt arbeitet. Etwas daran erinnert mich an dieses alte Gedicht über den Wanderer. Wie heißt es noch gleich: Manch Werk …?«
Es war ein berühmtes Gedicht; sie kannten es alle. Sie brauchte nicht einmal das ganze Stück aufzusagen. Sie bot Gavin die Hilfe aller Wandler bei seiner Mauer an. »Das wäre wunderbar …«, begann Gavin.
Bas der Einfältige, der seltsame tyreanische Polychromat, unterbrach ihn, den Kopf zur Seite geneigt. »›Manch Werk von nobler Art mag unser warten noch, wohl angemessen Männern, die mit Göttern fochten.‹ Gevison: Die letzte Reise des Wanderers, Zeilen 63 und 64.« Er blickte auf, sah, dass alle ihn anschauten, und senkte schüchtern den Kopf.
»Das wäre wunderbar«, wiederholte Gavin. »Ich verstehe es, wenn jemand Einwände hat und sich mir nicht anzuschließen wünscht, aber wenn ihr es gern tun würdet … wüsste ich es wirklich zu schätzen.« Es war ein absolutes Geschenk und eins, das die meisten von ihnen nichts kosten würde. Nicht all diese Wandler standen am Rand des Todes, die meisten von ihnen waren lächerlich mächtig, und viele waren wunderbar subtil in ihrer Chromaturgie. Ihre Hilfe würde einen riesigen Unterschied machen.
Natürlich waren dies auch all die Menschen, die Gavin und Dazen am besten gekannt hatten. Wenn irgendjemand entdecken konnte, dass Gavin ein Betrüger war, befand er oder sie sich wahrscheinlich in diesem Raum. Und da ihre Befreiung unmittelbar bevorstand, würde der Entdecker wenig oder gar nichts zu verlieren haben, indem er ihn bloßstellte.
Gavin schnürte sich die Brust zusammen, und er lächelte über
Weitere Kostenlose Bücher