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Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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würden sie nach ihm Ausschau halten. Tatsächlich war es gut möglich, dass bereits Männer auf der Jagd nach ihm waren.
    Wenn das der Fall war, war es wahrscheinlich nicht die beste Idee, auf dem höchsten Punkt im Orangenhain zu hocken.
    Wie auf ein Signal hin hörte Kip einen Ast knacken. Es hätte ein Reh sein können. Schließlich nahte der Abend. Es gab eine Menge Rehe im Orangenhain, nachdem …
    Keine dreißig Schritte entfernt fluchte jemand.
    Redende Rehe?
    Kip ließ sich auf den Bauch fallen. Er konnte nicht atmen. Er konnte sich nicht bewegen. Sie würden ihn töten. Genauso wie sie Delclaras Familie getötet hatten. Micael Delclara war groß. Zäh wie eine alte Eiche. Und sie hatten ihn niedergemetzelt.
    Beweg dich, Kip, beweg dich einfach. Sein Herz war in wildem Aufruhr. Er zitterte. Er nahm winzige Atemzüge, viel zu schnell. Langsamer, Kip. Atme. Er holte tief Luft und riss den Blick von seinen zitternden Händen los.
    Nicht weit von hier war eine Höhle. Kip hatte seine Mutter einmal dort gefunden, nachdem sie drei Tage lang verschwunden gewesen war. Es gab schon seit langem Gerüchte über Schmugglerhöhlen, und wann immer seiner Mutter der Nebel und das Geld ausgingen, suchte sie nach diesen Höhlen. Vor ungefähr zwei Jahren hatte sie endlich Glück gehabt und genug von der Droge gefunden, dass sie nicht nach Hause gekommen war. Als Kip sie entdeckt hatte, hatte sie tagelang nichts gegessen. Sie war beinahe gestorben. Er hatte jemanden laut sagen hören, er wünsche, sie wäre gestorben, um seinetwillen.
    Unten angelangt begann Kip zu laufen, wobei er versuchte, die Ruine zwischen sich selbst und dem Mann zu halten, den er gehört hatte. Er rannte ungefähr so schnell, wie Sanson gerannt wäre, hätte er einen weiteren Sanson auf dem Rücken getragen. Also lief Kip weiter, versuchte, leise zu sein, und bewegte sich im Zickzack zwischen den geraden Baumreihen hindurch. Dann hörte er ein Geräusch, das ihm das Mark in den Knochen gefrieren ließ: bellende Hunde.
    Angetrieben von Furcht lernte Kip, richtig zu rennen. Er ignorierte das Brennen in seinen Beinen, die Stiche in seiner Lunge. Er war bereits auf dem Weg zum Fluss; die Höhle lag am Ufer. Er hörte einen Soldaten fluchen, vielleicht zweihundert Schritt hinter sich, vielleicht weniger. »Haltet die Hunde fest! Wollt ihr einen Wandler finden, während es noch hell ist?«
    Es wurde von Minute zu Minute dunkler. Das war also der Grund, warum er noch lebte. Da nachts alle Farben von Dunkelheit gedämpft waren, waren Wandler zu dieser Zeit nicht annähernd so mächtig. Und wegen des Rauchs und einer schwarzen Wolkenbank, die heranrollte, verdunkelte der Himmel sich schneller als gewöhnlich. Wenn die Hunde frei gewesen wären, hätten sie ihn längst zur Strecke gebracht. Aber da die Dunkelheit so schnell nahte, musste er jeden Moment damit rechnen, dass die Meute losstürzte.
    Plötzlich hatte Kip das Flussufer erreicht. Er trat auf ein Hosenbein und wäre beinahe gestürzt; mit knapper Not stützte er sich mit einer Hand ab. Die Höhle lag flussaufwärts, keine zweihundert Schritt entfernt, die Stadt lag flussabwärts. Er hob zwei Steine auf, die perfekt in seine Hände passten. Wenn er in der Höhle war und nur noch von vorn Gefahr drohte, konnte er … was? Langsam sterben?
    Er betrachtete die Steine in seinen Händen. Steine. Gegen Soldaten und Kriegshunde. Er war dumm. Wahnsinnig. Wieder betrachtete er die Steine, dann warf er einen an das gegenüberliegende Ufer des Flusses, stromabwärts. Den zweiten Stein warf er weiter. Dann ergriff er zwei neue Steine, rieb sie an seinem Körper und warf sie, so weit er konnte. Der letzte krachte durch die Zweige einer Weide. Lausiger Wurf.
    Keine Zeit, seine Unfähigkeit zu betrauern. Kips Duftfährte führte bereits flussaufwärts – in die Richtung, die er einschlagen musste. Er würde einfach hoffen müssen. Es war ein jämmerlicher Versuch, aber etwas anderes hatte er nicht. Er bewegte sich weiter stromaufwärts am Ufer entlang und versuchte das Gebell der näher kommenden Hunde zu ignorieren. Dann trat er in den Fluss, sorgfältig darauf bedacht, dass seine Kleider keine trockenen Steine berührten. Die Stelle, an der er den Fluss erreicht hatte, war eine Biegung, so dass er bald außer Sichtweite sein würde.
    »Lass die Hunde los!«, rief dieselbe Stimme.
    Dann befand sich Kip dem Höhleneingang gegenüber. Er war vom Fluss aus unsichtbar, verdeckt von Felsbrocken, die vor der Öffnung

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