Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
Vom Netzwerk:
Jahren der Lügen.
    »Mutter.« Es tat gut, sie glücklich zu sehen, aber es war schrecklich, sie hier zu sehen. »Ich kann nicht – ich habe dich nicht einmal auf diesen Flug mitgenommen, den ich dir versprochen habe.«
    »Du kannst wirklich fliegen?«
    Er nickte, und seine Kehle war wie zugeschnürt.
    »Mein Sohn kann fliegen.« Ihr Lächeln erhellte ihr Gesicht. »Dazen, ich bin so stolz auf dich.«
    Gavin versuchte zu sprechen, scheiterte jedoch.
    Ihre Augen waren sanft. »Ich werde dir helfen«, sagte sie. Sie kniete am Geländer nieder und entschied sich für größere Förmlichkeit. Bei seiner Mutter hätte Gavin das wissen sollen. »Lord Prisma, ich habe Sünden zu gestehen. Werdet Ihr mir die Beichte abnehmen?«
    Gavin blinzelte gegen plötzliche Tränen an und riss sich zusammen. »Mit Freuden … Tochter.«
    Ihre schlichte Frömmigkeit half ihm, seine Rolle zu spielen. Er war nicht ihr Sohn, nicht hier und jetzt. Er war ihr spiritueller Vater, eine Verbindung zu Orholam am heiligsten Tag ihres Lebens.
    »Lord Prisma, ich habe unklug geheiratet und in Angst gelebt. Ich habe zugelassen, dass meine Angst, mein Mann würde mich verstoßen, sich meiner bemächtigt hat, und ich habe nicht gesprochen, als ich wusste, dass ich es hätte tun sollen. Ich habe zugelassen, dass meine Söhne gegeneinander kämpften, und einer von ihnen ist deshalb tot. Ihr Vater hat es nicht vorausgesehen, weil er ein Narr war, aber ich wusste Bescheid.«
    »Mutter«, warf Gavin ein.
    »Tochter«, korrigierte sie ihn entschlossen.
    Gavin hielt inne. Gab nach. »Tochter, fahre fort.«
    »Ich habe grausame Worte gesprochen. Ich habe tausendmal gelogen. Ich habe meine Sklaven ohne Rücksicht auf ihr Wohlergehen behandelt …« Sie sprach fünf Minuten lang und schonte sich nicht, unumwunden und offen. Es war unwirklich.
    Gavin hatte während der letzten sechzehn Jahre erstaunliche Geständnisse gehört und dunklere Seiten von Menschen mit beinahe heiligem Ruf gesehen, aber sie zu hören, wie sie beichtete, eine unschuldige Sklavin in ihrem Zorn geschlagen zu haben, Minuten nachdem sie Andross mit einer anderen Frau im Bett gefunden hatte, war herzzerreißend. Erschütternd. Seine Mutter beichten zu hören, war so, als sehe er sie nackt.
    »Und ich habe getötet, dreimal. Für meinen Sohn. Ich habe zwei Söhne verloren; ich konnte es nicht ertragen, meinen letzten zu verlieren«, sagte sie. Gavin konnte ihr kaum glauben. »Einmal habe ich einen Schwarzgardisten, der Verdacht gegen ihn geschöpft hatte, während der Rebellion am Roten Kliff auf einen gefährlichen Posten versetzen lassen, von dem ich wusste, dass er dort getötet werden würde. Einmal habe ich Piraten auf das Schiff gehetzt, das Dervani Malargos nach Hause brachte, nachdem er jahrelang in der Wildnis von Tyrea umhergeirrt war. Er behauptete, dem Feuer bei den Getrennten Felsen am nächsten gewesen zu sein und Dinge gesehen zu haben, die niemand sonst gesehen hatte. Ich versuchte, ihn zu kaufen, aber er schlüpfte davon. Und einmal habe ich während der Dornenverschwörungen einen Meuchelmörder in Dienst genommen und den Kampf eines anderen als Tarnung benutzt, um jemanden zu ermorden, der im Begriff stand, meinen Sohn zu erpressen.«
    Gavin war sprachlos. Im ersten Jahr seiner Maskerade hatte er drei Männer getötet, um seine Identität zu schützen, und ein Dutzend weiterer ins Exil geschickt. Dann zwei im siebten Jahr. Seither hatte er niemanden mehr kaltblütig getötet. Doch, heute hatte er es wieder getan … Er hatte gewusst, dass seine Mutter ihn beschützt hatte, aber er hatte immer geglaubt, sie habe es getan, indem sie Informationen weitergab, die ihr zu Ohren gekommen waren. Seine Mutter hatte immer einen wilden Beschützerdrang verspürt, aber er hätte nie geahnt, wie weit sie gehen würde. Wie weit er sie zu gehen zwingen würde, weil er an Gavins Stelle getreten war.
    Lieber Orholam, wie sehr ich mir wünschte, ich würde an dich glauben, so dass du mir meine Taten verzeihen könntest.
    »Jedes Mal«, fuhr sie fort, »habe ich mir gesagt, dass ich Orholam und den Sieben Satrapien diene und nicht nur meiner Familie. Aber mein Gewissen war niemals rein.«
    Erschüttert stimmte er die traditionellen Worte an und bot ihr Vergebung an.
    Sie stand auf und sah ihn eindringlich an. »Nun, Sohn, es gibt einige Dinge, die du wissen solltest, bevor ich meine Lasten niederlege.« Sie wartete nicht darauf, dass er antwortete, was gut war, denn er glaubte nicht,

Weitere Kostenlose Bücher