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Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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hart nach links – backbord – zog. Hart nach backbord.
    Als er sich wieder umdrehte, war ihm Kips Witzelei anscheinend entgangen.
    »Wie dem auch sei, wo waren wir? Aah. Das Problem bei der Unterweisung im Wandeln ist, dass Farbe existiert – sie ist getrennt von uns –, aber wir kennen sie nur aufgrund unserer eigenen Erfahrung. Wir wissen nicht, warum, aber einige Männer – Subchromaten – können nicht zwischen Rot und Grün unterscheiden. Andere Subchromaten können nicht zwischen Blau und Gelb unterscheiden. Wenn man einem Mann sagt, er könne eine Farbe nicht sehen, die er nie gesehen hat, wird er einem vielleicht nicht glauben. Jeder andere, der ihm erzählt, Rot und Grün seien unterschiedliche Farben, könnte ihm lediglich einen grausamen Streich spielen. Oder er muss die Existenz von etwas akzeptieren, das er niemals sehen wird. Es gibt theologische Konsequenzen, aber die werde ich dir ersparen. Um es einfach zu machen, wenn es farbdefiziente Männer gibt – übrigens sind es tatsächlich fast immer Männer –, warum könnte es dann nicht auch solche geben, die extrem farbsensibel sind, Superchromaten? Und es hat sich herausgestellt, dass es diese Superchromaten tatsächlich gibt. Aber sie sind fast immer Frauen. Ungefähr die Hälfte der Frauen kann auf einem extrem hohen Niveau zwischen Farben unterscheiden. Bei Männern finden wir unter Zehntausenden nur einen einzigen.«
    »Moment mal, also verlieren Männer in beiden Punkten? Häufiger farbenblind und seltener wirklich gut darin, Farben zu sehen? Das ist ungerecht.«
    »Aber wir können schwere Dinge heben.«
    Kip brummte. »Und im Stehen pinkeln, richtig?«
    »Sehr nützlich in der Nähe von Giftsumach. Ich war da einmal mit Karris auf einer Mission …« Gavin stieß einen Pfiff aus.
    »Das hat sie nicht getan«, sagte Kip entsetzt.
    »Du hast gedacht, sie sei vorhin auf dem Fluss wütend auf mich gewesen? Irgendwie war es damals auch meine Schuld.« Gavin grinste. »Wie dem auch sei, um langsam wieder auf den Punkt zu kommen, die meisten von uns können das normale Farbspektrum sehen. Hm, das ist wohl eine Tautologie.«
    »Was?«, fragte Kip.
    »Das ist eine Abschweifung zu viel. Nur weil du eine Farbe sehen kannst, bedeutet das nicht, dass du sie auch wandeln kannst. Aber wenn du eine Farbe nicht sehen kannst, wirst du sie schlecht wandeln. Also sind Männer nicht so akkurat, wenn sie gewisse Farben wandeln, wie Superchromatinnen. Mit Willenskraft kann man eine Menge Fehler überdecken, aber es ist besser, wenn es überhaupt keine Fehler gibt. Das wird ungeheuer wichtig, wenn du versuchst, ein Luxin-Gebäude zu bauen, das nicht einstürzen soll.«
    »Es gibt Gebäude aus Luxin?«
    Gavin beachtete ihn nicht. »Die speziellen Fälle, von denen ich anfangs sprach, sind Infrarot und Ultraviolett. Wenn du Hitze sehen kannst, Kip, besteht eine gute Chance, dass du sie auch wandeln kannst.«
    »Ihr meint, ich kann im Handumdrehen – wusch – ein Feuer auflodern lassen?!« Kip machte eine großartige, weit ausholende Geste.
    »Nur, wenn du dabei ›Wusch‹ sagst«, erwiderte Gavin lachend.
    Kip errötete abermals, doch Gavins Gelächter war nicht spöttisch. Es gab ihm nicht das Gefühl, dumm zu sein, nur albern. Der Mann war in vieler Hinsicht beängstigend, so wie Meister Danavis manchmal beängstigend war. Aber keiner der beiden Männer wirkte gemein. Keiner wirkte schlecht.
    »Und das wäre sehr seltsam«, sagte Gavin, »weil du Grün gewandelt hast.« Er sah aus, als versuche er, dahinterzukommen, wie er ihm etwas Bestimmtes vermitteln konnte. »Hast du jemals einen Regenbogen gesehen?«
    »Einen Regen-was?«, fragte Kip mit großen Augen.
    »Es war eine rhetorische Frage, Klugscheißer. Die Reihenfolge der Farben ist Ultraviolett, Blau, Grün, Gelb, Orange, Rot, Infrarot. Im Allgemeinen erfasst ein Bichromat einfach einen breiteren Bogen. Also wandeln Bichromaten Ultraviolett und Blau oder Blau und Grün oder Grün und Gelb. Ein Polychromat – viel seltener – könnte Grün, Gelb und Orange wandeln. Ein Wandler, der Farben wandelt, die nicht aneinander angrenzen, ist selten. Karris ist eine solche Wandlerin. Sie wandelt Grün, aber nicht Gelb, nicht Orange, und dann wandelt sie die meisten Rottöne bis hinein ins Infrarote.«
    »Also ist sie eine Polychromatin.«
    »Beinahe. Karris kann kein dauerhaftes Infrarot wandeln – was sie einen Feuerkristall nennen. Feuerkristalle halten sich trotzdem nicht lange, weil sie auf

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