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Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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Hause gegangen.«
    »Für die Verlierer ist es immer härter, nach Hause zu gehen. Dazens Armeen waren ein bunt zusammengewürfelter Haufen. Eine Menge schlechter Männer und einige gute, denen Unrecht widerfahren war.«
    »Wie Ihr zum Beispiel«, warf Karris sarkastisch ein.
    »Hier geht es nicht um mich. Der Punkt ist, viele von uns konnten nicht nach Hause gehen. Ein paar gingen nach Grünhafen, die Aborneaner nahmen einige kleine Gemeinschaften auf, und die Ilytaner behaupteten, sie seien bereit, jeden aufzunehmen, aber zum Empfang haben sie dann jedem, der kam, ein Ohr abgeschnitten.«
    Karris schauderte. Das war die Art, wie die Ilytaner Sklaven markierten. Sie erhitzten Scheren, bis sie glühend heiß waren, und schnitten das linke Ohr des Sklaven beinahe in zwei Hälften. Das Narbengewebe hinderte das Ohr daran, jemals wieder zusammenzuwachsen, und machte es leicht, sie als Sklaven zu identifizieren.
    »Einige von uns hatten mehr Glück«, fuhr Corvan fort. »Unsere Armeen tobten einige Monate lang kreuz und quer durch dieses Land, und die Menschen hier hatten keinen Grund, eine der beiden Seiten zu lieben. Wir haben ganze Dörfer ausgelöscht. Die Überlebenden waren kleine Kinder, alte Männer und einige Frauen. Die meisten Städte wollten nichts von den Soldaten wissen, und wo ehemalige Soldaten mit Gewalt versuchten, ein Verweilen zu erzwingen, löschte Satrap Perses Garadul, Rasks Vater, sie aus. Aber einige Städte begriffen, dass sie, wenn sie ihr Zuhause jemals wieder aufbauen wollten, Männer brauchten. Die Alkaldesa von Rekton war eine von ihnen. Sie wählte zweihundert Soldaten aus und ließ uns bleiben, und sie wählte gut. Einige Städte in der Nähe taten das Gleiche. Andere Männer wurden natürlich Banditen, und nicht einmal Perses Garadul konnte sie alle zur Strecke bringen.«
    »Wie habt Ihr es geschafft zu bleiben?«, wollte Karris wissen. »Als General war Eure Verantwortung für das, was diesem Land widerfahren ist, größer als die der meisten Männer.«
    »Meine Frau war Tyreanerin. Wir hatten einige Jahre vor dem Krieg geheiratet. Sie war in Garriston, als … als es niederbrannte. Einer ihrer Gefolgsleute überlebte, rettete unsere Tochter und brachte sie zu mir. Also hatte ich ein einjähriges kleines Mädchen, und die Alkaldesa erbarmte sich meiner. Der Punkt ist, die Menschen hier haben den Krieg ein wenig anders in Erinnerung als Gavins Leute.«
    Keine große Überraschung, wenn man den Ausgang bedachte …
    »Sie erinnern sich an den Krieg als an einen Kampf um eine Frau«, erklärte Corvan unumwunden.
    »Das ist … das ist lächerlich!«, stotterte Karris. Orholam steh ihr bei.
    »Ihr seid hier eine große Favoritin der Künstler. Nicht dass wir viele Talente hätten, aber die hellhäutige, exotische Schönheit mit dem feurigen Haar inspiriert noch immer gute wie schlechte Künstler. Selbst wenn die meisten Männer nicht zu glauben wagen würden, dass Ihr dieselbe Frau seid – Ihr werdet im Allgemeinen in einem Hochzeitskleid porträtiert, das manchmal zerrissen ist –, besitzt Rask zweifellos Gemälde von talentierten Künstlern, die Euch tatsächlich gesehen haben.«
    »So war es überhaupt nicht«, sagte Karris.
    »Aber es ist eine gute Geschichte.«
    »Eine gute Geschichte?«
    »Gut im Sinne von tragisch. Gut im Sinne von interessant. Nicht gut im Sinne von glücklich.« Corvan räusperte sich. »Ich kann nicht glauben, dass Ihr das nicht wisst.«
    »Auf den Jasperinseln gibt es heute kaum noch Tyreaner. Und niemand spricht mit mir über diese Tage.«
    Corvan schien drauf und dran zu sein, etwas zu sagen, aber er hielt den Mund. Schließlich bemerkte er: »Die Frage ist also, wer hat Euch zu unserem neuen König Garadul geschickt, wohl wissend, dass dieser Euch gewiss erkennen würde?«
    Die Weiße. Die Weiße hat mich verraten? Warum?

34
    Der Morgen war nicht mehr jung. Noch in der Nacht hatte Gavin sich auf den Weg zur Küste gemacht, um bei Tagesanbruch mit der Kraft der ersten Sonnenstrahlen über die Azurblaue See zu gleiten. Das letzte Stück zur Kanoneninsel hatte er mit einem traditioneller wirkenden Boot zurückgelegt und dann einen unangenehmen, von Platzangst beschwerten Marsch durch den Fluchttunnel unternommen. Am Ende war er schmutzig, verschwitzt und übermüdet gewesen, und seine Muskeln hatten gebrannt. Aber nach dem, was der Farbwicht ihm erzählt hatte, war höchste Eile geboten.
    Der Tunnel endete in einem nicht mehr benutzten Lagerraum im Keller

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