Schwarzes Prisma
warum Ihr in eine Flamme blast, wenn Ihr ein Lagerfeuer schürt?«, fragte Corvan. Er wartete Karris’ Antwort nicht ab. »Weil Feuer atmen muss. Ich bin ein Monochromat, Lady Weißeiche. Wir müssen kreativer sein als Beinahe-Polychromaten wie Ihr.«
»Erzählt mir einfach, was Ihr getan habt«, sagte Karris. Woher wusste er, dass sie beinahe eine Polychromatin war? Sie versuchte immer noch zu entscheiden, ob es überhaupt möglich war, dass dies General Danavis sein konnte. In diesem hintersten Winkel des Landes? Und aus einer Blutwäldlerfamilie stammend? Die Augen und die Sommersprossen kündeten von einer Blutwäldlerabstammung, aber mit dieser Haut? Natürlich war er in einer adligen Familie groß geworden, in einer Familie, die ihre Söhne für den Krieg heranbildete. Die perfekte Kombination für einen Kriegswandler war schwarze Haut mit blauen Augen. Aber selbst karamellfarbene Haut war erheblich besser als bleiche Blutwäldlerhaut, um einem Krieger einen zusätzlichen Sekundenbruchteil zu verschaffen, bevor seine Gegner wussten, welche Farbe er wandelte. Also war es möglich. Adlige Familien hatten ihre Töchter und Söhne gewiss aus geringeren Gründen verheiratet. Die Befürchtung, dass die Kinder in ihrem eigenen Land nicht wie Einheimische aussehen würden, nahm auf der Liste der Sorgen vermutlich einen der untersten Plätze ein, wenn das nackte Überleben auf dem Spiel stand.
»Als ich nach unten ging«, fuhr Corvan fort, »wusste ich, dass sie mir folgen würden, also bedeckte ich jede Oberfläche im Raum mit rotem Luxin. Ich habe den Raum vollkommen versiegelt und auch mich selbst mit Luxin bedeckt. Als die Soldaten hereinkamen, schloss ich die Tür hinter ihnen und steckte alles in Brand. Das Feuer verschlang die Luft im Raum, und sowohl das Feuer als auch die Soldaten starben.« Das also war der Grund, warum das rote Luxin eine Kruste gehabt hatte, statt sauber zu verbrennen. Keine Luft.
»Und die Röhren?«
»Sie haben nach draußen geführt. Damit ich atmen konnte.«
»Warum seid Ihr dann nicht aufgebrochen, nachdem Ihr sie getötet hattet?«
Er starrte sie an. »Wenn ich nicht abwartete, bis auch die letzte Glut oben in der Kirche erloschen war, riskierte ich, dass der ganze Keller explodiert. Wie Ihr vielleicht bemerkt habt, als Ihr schwelende Glut mitgebracht und dafür gesorgt habt, dass der Keller tatsächlich explodierte.«
Oh.
»Warum stellt König Garadul eine Armee auf?«, fragte Karris. »Warum jetzt?«
»Um sich abzusichern, schätze ich. Ein neuer König will zeigen, dass er stark ist. Muss es komplizierter sein? Rask Garadul war schon immer ein verrückter kleiner Bastard.«
»Wenn Ihr wirklich Corvan Danavis seid, habt Ihr mich soeben belogen«, erwiderte Karris. »Ein General von Corvans Ruf hätte die möglichen Strategien erkundet, die Rask vielleicht verfolgte. Einem General mit Corvans Erfolgsgeschichte wären zu diesem Zeitpunkt bereits ein Dutzend eingefallen.«
Corvan lächelte. »Die kleine Karris Weißeiche ist also erwachsen geworden«, bemerkte er. »Ist der Schwarzen Garde beigetreten und ist jetzt eine Spionin der Chromeria.«
»Wovon redet Ihr da?«, fragte Karris. Sie fühlte sich, als hätte sie einen Schlag in den Magen bekommen.
»Die einzige Frage ist, wer will Euch töten, Karris? Ihr seid in Tyrea noch auffälliger, als ich es bin, mit Eurem feinen Haar und Eurer hellen Haut. Und vor allem, Ihr seid, wer Ihr seid. Warum ausgerechnet Ihr? Man hat Euch ausgeschickt? Hierher?«
»Warum sollte ich nicht hier sein? Ich bin gekommen, um Nachforschungen über die Roten der südlichen Wüste anzustellen …«
»Bitte, Karris. Entwürdigt nicht uns beide. Zumindest bin ich ein Feind Eures Feindes. Ihr seid hier, um Informationen zu sammeln. Ich werde sie Euch geben, aber nicht, wenn Ihr mich belügt. Wenn Ihr unvorbereitet gegen diese Leute in den Kampf zieht, werdet Ihr sterben.«
Er hätte sie im Tempel töten können, begriff Karris. Oder er hätte sie dort lassen können, so dass das Feuer es für ihn erledigt hätte. Corvan besaß einen erstklassigen Ruf, selbst unter seinen Feinden, und sie musste wissen, was er wusste. Sie kapitulierte und hob die geöffneten Hände. Dann zuckte sie zusammen. Au, ihr linker Arm brachte sie um. »Also, warum sollte ich nicht hier sein?«, fragte sie.
»Habt Ihr irgendeine Ahnung, was aus all den Männern und Frauen geworden ist, die für Dazen gekämpft haben?«, fragte Corvan.
»Ich nehme an, sie sind nach
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