Schwarzes Verlangen
können.
Aber. Ja: aber. Auch wenn es ihr nicht möglich war, ihr Leben besser zu machen, so doch wenigstens das von Kane. Bestimmt. Hoffentlich.
Vor ein paar Tagen hatte sie ihn in seinem Zimmer besucht. Wie eine zweite Haut hatte er seine Pein getragen, auch wenn er versucht hatte, es zu überspielen. Bei jedem außer Cameo wäre es ihm wahrscheinlich auch gelungen. Das Leid anderer begeisterte ihren Dämon nun mal.
Einen Moment lang, nur einen Moment, hatte sie sich besser gefühlt. Leichter. Endlich frei. Dann hatte sie sich tausend Mal schlechter gefühlt, als ihr eigenes Elend sich mit dem von Kane vereint hatte.
Kane hatte es scheinbar nicht bemerkt. Abwesend hatte er mit ihren Haarspitzen gespielt, die dunklen Strähnen hatten einen hübschen Kontrast zu seiner gebräunten Haut abgegeben. „Silberauge“, hatte er sie mit seinem liebsten Spitznamen für sie angesprochen. „Ich hab dich mehr vermisst, als ich in Worte fassen kann.“
Liebliche Worte. Wahre Worte. Sie vermissten einander immer, wenn sie getrennt wurden. Doch dann war er aufgestanden, ohne ihr eine Chance zu geben, etwas zu erwidern, und war ins Badezimmer gegangen. Hatte sich eingeschlossen. Ohne sich noch einmal zu ihr umzublicken.
Er blickte immer zu ihr zurück, wenn er von ihr fortging.
Zwinkerte ihr jedes Mal dabei zu.
Und jedes Mal warf sie ihm einen Luftkuss zu. Manchmal, wenn sie sauer auf ihn war, einen scharfen Schmatzer. Er lachte dann jedes Mal leise in sich hinein.
Danach hatte er die Festung verlassen, ohne sich von ihr zu verabschieden. Er verabschiedete sich immer von ihr.
Jahrhundertelang hatten sie gemeinsam gekämpft, und nicht ein Mal waren sie von ihren Traditionen abgewichen. Traditionen, die entstanden waren, weil sie anfangs kurz zusammen gewesen waren. Doch sein Dämon, Katastrophe , und ihr Dämon, Elend , hatten ihnen zu viele Probleme bereitet, und letzten Endes hatten sie sich getrennt. Er war ihr bester Freund geworden. Ihr Vertrauter. Und ihre Traditionen waren alles, was ihnen noch geblieben war.
Seit seiner Rückkehr hatte sich etwas verändert.
Er hatte sich verändert.
An sich hätte sie damit rechnen müssen. Er hatte mehrere Wochen in der Hölle verbracht, in Ketten und unter Folter. Details hatte er nicht verraten, aber die hatte sie auch nicht gebraucht. Sie konnte es erahnen – und wusste, dass selbst ihre schlimmsten Vorstellungen nicht einmal ansatzweise an das herankamen, was er durchlitten hatte. Alles, was sie gewollt hatte, war, ihn zu trösten, wenigstens für eine kleine Weile.
Als könntest du irgendwas ausrichten, damit sich jemand besser fühlt.
Zähneknirschend blockte sie die Manipulationen ihres Dämons ab. Ich kann und werde ihm helfen.
Cameo stand in einem Zimmer, aus dem sämtliche Möbel entfernt worden waren. An den Wänden aus bröckelndem Gestein befanden sich überall Kameras. Torin nahm das Thema Sicherheit sehr ernst. Durch den Marmorboden verlief ein langer Riss – Kane war hier gewesen, und zwar erst vor Kurzem. Die Luft war kühl, aber trocken, und ein wenig staubig.
Nachdenklich musterte sie die vier Artefakte, die vor ihr aufgereiht standen. Um sie waren Kriege ausgetragen worden. Menschen und Unsterbliche hatten getötet, um sie aufzuspüren, sie zu beschützen, sie zu stehlen. Sie und ihre Freunde hatten all das und mehr getan, um sie in ihren Besitz zu bringen.
Auf irgendeine bislang noch unbekannte Weise würden diese auf den ersten Blick nutzlosen Gegenstände den Weg zur Büchse der Pandora weisen. Zur Freiheit der Herren. Und ihrer endgültigen Verdammnis.
Der Zwangskäfig war eine verrostete würfelförmige Zelle. Doch wer darin eingesperrt war, musste tun, was auch immer der Eigentümer des Käfigs befahl.
Dann gab es da den Tarnumhang. Ein schlichtes Stück Stoff. Wer sich den Umhang jedoch um die Schultern legte, wurde unsichtbar.
Außerdem war da die Rute, ein langer, dünner Speer, an dessen oberem Ende ein glitzernder Kristall angebracht war. Bei Berührung konnte sie den Geist aus einem Körper stehlen, sodass nichts als eine leere Hülle zurückblieb.
Schließlich gehörte noch ein Gemälde aus der Feder des Allsehenden Auges dazu, das Cameo erst heute Morgen bekommen hatte.
Danika, die aktuelle Inkarnation dieses Auges, konnte manchmal in den Himmel sehen, manchmal in den Abgrund. Manchmal in die Vergangenheit. Manchmal, und das war eine Gabe des Höchsten, in die Zukunft. Bei diesem Bild hatte Danika offensichtlich in das Büro
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