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Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Merciel
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zunicken, als er fertig war.
    »Ich habe es«, rief Bitharn, während sie einen steifen, verrotteten Teppich auf der anderen Seite der Hütte wegschob. Im Boden darunter war eine kleine Falltür eingelassen. Sie griff nach dem Ring in der Mitte, aber Malentir scheuchte sie beiseite.
    »Ich werde als Erster hineinschauen«, erklärte er.
    Bitharn warf ihm einen säuerlichen Blick zu, trat jedoch ohne eine Bemerkung beiseite.
    Der Dorn ignorierte sie und bewegte einige Zoll über der Falltür die Hände. Nachdem er den Umriss der Falltür zweimal nachgezeichnet hatte, nickte er und zog die Tür an ihrem Ring hoch. Dann nahm er den Kadaver eines Spatzen aus einer verborgenen Tasche in seinen Roben und flüsterte über dem steifen, verkrümmten Körper einige Worte. Der Vogel öffnete die Flügel und richtete sich mit einem winzigen Knacken der Knorpel auf, bevor er sich durch die offene Tür in die Tiefe stürzte. Malentir ging in die Hocke und wartete. Zweimal murmelte er unhörbar etwas vor sich hin, aber nicht ein einziges Mal richtete er das Wort an sie. Die anderen wechselten einen Blick. Dann zuckte Kelland die Achseln, setzte sich im Schneidersitz in eine Ecke und verfiel in ein meditatives Gebet. Bitharn wanderte zwischen den Hundefellen umher und sammelte so viele Pfeile wie möglich ein. Sie schob gerade die letzten in ihren Köcher, als Malentir sich endlich regte.
    »Unsere Beute erwartet uns«, sagte er.

27
    Kelland näherte sich vorsichtig der offenen Falltür. »Was habt Ihr gesehen?«
    »Die Leiter führt in einen kleinen Keller«, erwiderte Malentir. »Ein Teil davon ist mit Brettern und Seilen abgesperrt. Hinter den Brettern ist ein Hund gefangen, aber ich glaube nicht, dass er entkommen kann. Ein kurzer Tunnel führt zu einem Schmugglersteg, auf dessen Schwelle ein Schutzzauber liegt; ich habe meinen Vogel nicht auf den Steg geschickt.«
    »Irgendetwas Gefährliches?«
    »Nichts Unüberwindliches.«
    Bei der Antwort des Dorns wurden die Lippen des Ritters schmal vor Ärger, aber er nickte. »Ich werde vorangehen. Asharre, Ihr geht als Zweite. Bitharn folgt Euch. Malentir bildet die Nachhut. Niemand geht an diesem Schutzzauber vorbei, bis wir ihn beide untersucht haben.« Kelland steckte sein Schwert in die Scheide, griff nach der obersten Sprosse der Leiter und schwang sich hinab. Asharre wartete oben und hielt die Laterne hoch. Sobald er unten angekommen war, reichte sie die Laterne an den Ritter weiter. Er stellte sie in der Nähe auf den Boden und ging tiefer in den Tunnel hinein.
    Asharre folgte ihm. Der Abstieg war eng, und ihr Körper blockierte den größten Teil des Lichtes, daher tastete sie sich halb blind an der Leiter entlang. Rostflocken lösten sich unter ihren Händen. Die Metallsprossen knarrten und schwankten unter ihrem Gewicht. Sie gab sich alle Mühe, nicht darauf zu achten, auch nicht auf die Schweißtropfen, die ihr langsam von den Schläfen zum Kinn rollten.
    Auf halbem Weg nach unten erblickte Asharre etwas in der geborstenen Ziegelsteinwand hinter den Sprossen der Leiter: eine Gestalt, einen geisterhaften Umriss, kaum erkennbar in der unsteten Düsternis. Es sah aus wie ein ausgekratzter Kreis – vielleicht die Silhouette eines Eingangs –, markiert von seltsamen, ungleichmäßigen Löchern in den Steinen. Einen kurzen Herzschlag sah sie das geisterhafte Bild eines Rings aus Knochen an der Wand, ineinander verschränkt zu einem schauerlichen Kranz aus Armknochen … Und sobald sie es begriff, schloss Asharre die Augen und schüttelte abwehrend den Kopf.
    Darauf war sie in Cardental hereingefallen. Die Illusion einer Bedeutung war lediglich ein Köder, einer von Maols unendlich vielen Tricks, die Unvorsichtigen in seine Umklammerung zu locken. Sie würde nicht noch einmal in diese Falle tappen.
    Kaum war ihr der Gedanke gekommen, da gaben die Sprossen unter ihren Füßen auch schon mit einem merkwürdig nassen Geräusch nach, dem Zerreißen von Fleisch näher als dem Knacken von brechendem Metall. Die Stangen der Leiter rutschten ihr durch die Hände und rissen ihr die Haut auf. Asharre fiel hart zu Boden. Schmerz schoss ihr die zittrigen Beine und den Rücken hinauf. Zitternd richtete sie sich auf, dann durchfuhr sie ein Gefühl der Überraschung, dass sie sich kein Bein gebrochen hatte.
    Das Sirren einer Armbrust – nein, es waren zwei – erklang hinter ihr. Es war ein Geräusch aus Albträumen: das gleiche Geräusch, das sie gehört hatte, bevor Falcien gefallen war.

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