Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzlicht (German Edition)

Schwarzlicht (German Edition)

Titel: Schwarzlicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
Vom Netzwerk:
hat mehrere Stifte. Du kannst sie fühlen. Es geht darum, einen nach dem anderen zurückzusetzen, und zwar in der Reihenfolge ihrer Reibungskraft.»
    «Aha.»
    «Du musst dich darauf konzentrieren, was im Schloss passiert.»
    «Ich nehme an, du hast das lange geübt.»
    « Sportsfreunde der Sperrtechnik , so hieß unser Verein. Ich war siebzehn damals. Übrigens hat keiner von uns je seine Fertigkeiten für eine Straftat benutzt. Darauf haben wir Wert gelegt.»
    Die beiden Frauen tuschelten und spähten herüber. Vincent war sich sicher, dass es um sein Hemd ging.
    «Und die geräuschvolle Art?»
    Bruno lachte. «Die Deppen-Tour, so haben wir Sportsfreunde das genannt. Ich wusste, dass dir diese Methode lieber sein würde.»
    «Vielen Dank.»
    Der Champion zog ein metallenes Gerät aus dem Mäppchen. Es hatte Ähnlichkeit mit einem Bohrer, wie ihn Zahnärzte verwendeten. Bruno steckte eine Nadel auf das Ende.
    «Ein Elektropick», stellte Vincent fest.
    «Richtig. Der Schlüsseldienst sagt auch Zieh-Fix dazu.» Bruno drückte einen Knopf. Das Aluminiumteil surrte, die Nadelspitze vibrierte.
    Das Geräusch erinnerte Vincent an den Dienstagabend im Designer-Apartment. Ingo hatte die Wohnungstür mit einem Elektropick geöffnet, um ihm einen Fernsehapparat zu bringen. Wozu sind Freunde da?
    Vincent hatte ein Gefühl, als stünde er neben einem Tiefkühlraum, die Tür ging auf, und eiskalte Luft strömte in großer Menge über seine Haut. Er wusste jetzt, wie Castorps Mörder in das Penthouse am Hafen gekommen waren. Die Mithilfe von Carmen Markowitz war tatsächlich nicht nötig gewesen, es war auch ohne Schlüssel gegangen.
    Bruno legte ein Sicherheitsschloss auf den Tisch, führte die Nadelspitze ein und stocherte zusätzlich mit einem gewinkelten Teil, das wie ein hauchdünner Inbusschlüssel aussah. Es summte leise, und nach wenigen Sekunden sprang das Schloss auf.
    «Da staunst du, was?»
    «In der Tat», antwortete Vincent.

77

    Das Haus war einer der stilvollen Altbauten am Schillerplatz im Zooviertel. Grobe Natursteinfassade, Sprossenfenster, feine Gegend – Makler wussten, wie man an gute Wohnungen kam.
    Vincent war mehrfach durch das Viertel gekreist. Freie Parklücken waren hier noch rarer als anderswo. Ingos schwarzen Geländewagen hatte er nirgends erspähen können.
    Drei Stufen führten zur Haustür. Vincent zögerte. Wenn ein Nachbar ihn dort mit einem Elektropick hantieren sah, würde er sofort die Polizei rufen.
    Ein korpulenter Kerl mit Schirmmütze huschte an ihm vorbei, einen Packen Werbeblätter unterm Arm. Er klingelte, rief «Rheinbote!» in die Gegensprechanlage, drückte nach dem Summton die Tür auf und warf ein paar Exemplare in den Hausflur.
    Der Kerl stapfte weiter zum Nachbarhaus. Bevor die Tür ins Schloss fiel, hatte Vincent sie erreicht und schlüpfte hinein.
    Ritters Wohnung lag unterm Dach. Vincent drückte das Ohr gegen das Türblatt. Er hörte einen Mix an gedämpften Geräuschen, erkannte, dass sie von der Straße heraufdrangen, und packte das Gerät aus, das der Champion ihm überlassen hatte.
    Vincent schaltete es ein, führte die vibrierende Nadel in das Schlüsselloch und stocherte. Er hatte den Eindruck, als brumme die gesamte Tür, vernehmbar für jeden im Haus. Er fummelte schier endlos, doch nichts geschah. Wie hatte Bruno das angestellt?
    Du musst dich darauf konzentrieren, was im Schloss passiert .
    Endlich klickte etwas, doch das war nur der Anfang. Vincent glaubte, allmählich ein Gefühl für die Widerstände zu bekommen. Noch ein Klicken, der zweite Stift, dann spürte Vincent, wie etwas ruckelte.
    Die Tür sprang auf.
    Er lauschte in das Treppenhaus. Niemand unterwegs. Die Bewohner arbeiteten oder waren einkaufen. Mittagszeit – keine schlechte Stunde für Einbrecher.
    Vincent zog die Tür hinter sich zu. Als Erstes verschaffte er sich einen Überblick. Ein Wohnzimmer mit schräger Decke, hoch bis unter den First, einen beachtlichen Teil der Fläche nahm eine anthrazitfarbene Sitzlandschaft ein, schwere Polsterelemente, fleckig und zerknautscht. Es gab ein Arbeits- und ein Schlafzimmer, beide eng und düster. Eine Essküche und ein Bad, unaufgeräumt – die typische Junggesellenbude.
    Raum für Raum suchte Vincent nach dem Geld ab. Er stöberte in den Schränken, klopfte die Wände ab, drehte jedes Sofakissen zwei Mal um. Unter der Matratze, hinter dem Filter der Dunstabzugshaube, im Spülkasten der Toilette – nichts.
    Vincent hängte sämtliche Bilder ab, doch

Weitere Kostenlose Bücher