Schwarzlicht (German Edition)
Netzstrumpfhose und glänzendem Oberteil, stolz auf ihre operierten Brüste: Und Mike habe ich wegen seiner Kokainsucht verpetzt .
Es passte nicht.
Der Fußballstar Mike Dollinger war wegen einer positiven Dopingprobe aufgefallen. Erst nachdem er von einem Labor des sportmedizinischen Instituts der Universität Köln des Kokainmissbrauchs überführt worden war, hatte die Staatsanwaltschaft Ermittlungen eingeleitet. Über eine Anzeige hatte Vincent in den Akten nichts gefunden.
Es passte ganz und gar nicht.
Oder doch.
Blümchen und Ingo kannten sich. Er war die treibende Kraft gewesen, als sie Borsig die Falle gestellt hatten. Er hatte Blümchen über Borsigs bevorstehende Haftentlassung informiert und ihr und Feli diese Wohnung überlassen. In den letzten Jahren war aus dem Kommissar der Kriminalwache ein Dienststellenleiter geworden – Chef des Kommissariats für Rauschgiftdelikte, zuständig auch für Meldungen wegen Koksmissbrauchs.
Und Mike habe ich wegen seiner Kokainsucht verpetzt .
Bei Ingo Ritter höchstpersönlich.
Der Blümchens Hinweis nicht zu den Akten nahm. Und nicht gegen den berühmten Mittelstürmer Mike Dollinger ermittelte, zumindest nicht offiziell.
Vincent überlegte, dass er sich vielleicht genauso verhalten hätte. Man muss eine Kuh nicht schlachten, solange sie Milch gibt. Ingo Ritter hatte Dollinger unter Druck gesetzt, angezapft, als Informanten benutzt. Eine seltene Gelegenheit, um etwas über die Dealer der Prominenz zu erfahren. Über eine Szene, in der es nicht bloß um ein paar Zehntelgramm stark verschnittenen Zeugs ging. Nicht um abgewrackte Kleindealer, die auf schummrigen Toiletten gutgläubige Discokids übers Ohr hauten. Sondern um Macht, um Einfluss und große Geschäfte.
Was daraus folgte, gefiel Vincent ganz und gar nicht.
Der Leiter der Drogenfahndung und Mike Dollinger hatten sich gekannt. Ein Vertrauensverhältnis war entstanden: Wenn Dollinger unerhörte Neuigkeiten erfuhr, kam er damit zuerst zu Ritter.
Vincent sah den Kollegen vor sich, am Montagabend vor dem Park-View -Neubau, verschwitzt und abgehetzt. Ingo war nicht von einer süßen Referendarin gekommen, sondern von einem Mord.
Es ist nur eine Kette von Spekulationen, dachte Vincent.
Er wünschte sich, dass er sich irrte.
76
Vincent rührte im Cappuccino und überlegte, ob er ein zweites Sandwich bestellen sollte. Das Café war fast leer. Über die Lautsprecher sang Edith Piaf: Je ne veux pas travailler . Ein paar Tische weiter saßen zwei junge Frauen, Minzblätter und Limettenstücke im Prosecco, Einkaufstaschen zu ihren Füßen. Sie schäkerten mit dem Kellner.
Auf dem Tresen lag eine Zeitung, die es im Kiosk des Krankenhauses nicht gegeben hatte. Vincent holte sich das Blatt. Auch darin nichts über Castorps Coup und die schwarzen Kassen.
«Noch einen Wunsch?», fragte der Kellner, ein Schönling mit öligem Haar.
Vincent verneinte. Die beiden Frauen blickten herüber. Die Blonde senkte den Blick, die Dunkelhaarige lächelte.
Bruno Wegmann kam herein, sein Schädel glänzte wieder wie frisch geölt.
«Endlich», sagte Vincent.
«Dein Hals …»
Vincent winkte ab.
Der Champion setzte sich und deutete auf das Hawaiihemd. «Du und Klaus Schranz. Der gleiche Herrenschneider?»
Vincent berichtete, was in der Düsselstraße geschehen war und was ihm seitdem nicht aus dem Kopf ging.
«Und?», fragte er anschließend.
«Ich mach’s nicht», antwortete Bruno.
«Feigling.»
«Es ist illegal. Ich will dich nicht daran hindern, wenn du meinst, dass du es nicht anders hinkriegst. Aber verlang bitte nicht, dass ich mich beteilige. Ein paar Jährchen muss ich in der Behörde noch durchhalten, sonst reicht die Pension nicht.»
«Wie du meinst.»
«Aber ich kann dir zeigen, wie’s geht.» Bruno zog ein Ledermäppchen aus der Tasche. «Lautlos oder geräuschvoll?»
Der Kellner stand neben ihnen. «Schon gewählt?»
Bruno räusperte sich und bestellte einen doppelten Espresso. Der Schönling in der langen Schürze verschwand wieder.
«Lautlos», antwortete Vincent.
«Gut. Es ist alles nur eine Frage der Geduld und des richtigen Drehmoments.» Bruno entnahm zwei Werkzeuge. In seinen Pranken wirkten sie winzig, und Vincent fragte sich, wie der Exboxer damit umgehen konnte. «Das klassische Pickset besteht aus Spanner und Schlange. Du führst beide ein und ruckelst ganz sachte. Etwa so.» Der Champion verdrehte die Hände, und Vincent fragte sich, wie er sich das merken sollte. «Jedes Schloss
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