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- Schwarzspeicher - Du kannst dich nicht verstecken

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Titel: - Schwarzspeicher - Du kannst dich nicht verstecken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Radloff
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Nachdem sie abwechselnd die letzten Brotkrümel aufgepickt hatten, scrollte Rebekka durch die ausufernde Diskussion auf Running Meph . Meph zappelte in einem Sessel herum und scheiterte kläglich daran, sich in Geduld zu üben.
    Er war nicht der Einzige, den der Beitrag von anonyme_quelle in Aufregung versetzt hatte. Das gesamte Diskussionsforum brummte. Keiner wusste, ob das Kommissions-Memo echt oder nur gut erfunden war, aber nichtsdestotrotz war es Öl ins Feuer der Spekulationen über das, was sich am 16. Oktober ereignet hatte.
    Entgegen Mephs anfänglichen Hoffnungen waren es Spekulationen geblieben, obwohl alles so vielversprechend begonnen hatte. Mehrere zehntausend Menschen waren seinem Video-Aufruf gefolgt und hatten die Webseite besucht, die er im Ausland eingerichtet hatte. Hier trugen sie Medienberichte, Indizien und Gerüchte aus der Zeit nach dem Anschlag zusammen und versuchten, sie wie Puzzleteile zu einem Bild zu sortieren. Dabei kamen einige interessante Details über die damaligen Ereignisse ans Licht: widersprüchliche Zeugenaussagen, nachträglich geänderte Berichte, kritische Newsartikel, die wenige Stunden nach Erscheinen kommentarlos aus dem Netz verschwanden. Wenn Running Meph eine Erkenntnis zu Tage gefördert hatte, dann die, dass bei der Aufarbeitung des 16. Oktober bei Weitem nicht alles mit rechten Dingen zugegangen war. Doch was wirklich geschehen war, blieb ein Rätsel.
    Dabei mangelte es nicht an Erklärungsversuchen. Sie reichten von einer gemeinsamen Verschwörung von Westphal und Siemens-Chrome über diverse Theorien zu Ephraims Motiven und Hintermännern bis hin zur Mephraim-These, derzufolge Meph selbst den Anschlag geplant und ausgeführt hatte. Die meisten Theorien waren an den Haaren herbeigezogen, wichtigtuerisch oder beides, und sie alle hatten gemein, dass niemand sie bestätigen oder widerlegen konnte. Mephs Hoffnung, Westphal mit der Intelligenz des Internets in die Knie zwingen zu können, wurde täglich kleiner. Aus diesem Grund war der Beitrag von anonyme_quelle das, was einem Durchbruch bislang am Nächsten kam. Zum ersten Mal gewährte jemand Einblick in vertrauliche Informationen.
    Rebekka ließ das Pad sinken. »Na ja.«
    Seine Begeisterung erhielt einen Dämpfer. »Zum ersten Mal taucht ein geheimes Dokument auf, und du sagst dazu ›Na ja‹?«
    »Was soll ich denn sagen? Es ist eine Fälschung. Irgendjemand hat sich dieses vermeintliche Memo aus den Fingern gesogen.«
    Meph konnte seine Enttäuschung nicht verhehlen. »Woher willst du das wissen? Es kann genauso gut echt sein. Vielleicht hat anonyme_quelle noch mehr interne Informationen.«
    »Hoffentlich nicht. Jemand, der Zugriff auf Daten hat, mit denen er Westphal belasten kann, arbeitet aller Wahrscheinlichkeit nach im Ministerium selbst, und zwar nicht als Fensterputzer. Glaubst du wirklich, dass einer von Westphals eigenen Leuten ihn verrät?«
    »Warum nicht? Ein IKM-Mitarbeiter wäre jedenfalls der beste Verbündete, den ich mir wünschen kann. Mit Ausnahme von dir, versteht sich.«
    Rebekka ging nicht darauf ein. »Die wollen dich bloß in eine Falle locken. Sie schaffen es nicht, dich aufzuspüren, also werfen sie dir ein paar geheimnisvollen Wissensbrocken zu, um dich aus deinem Versteck zu treiben.«
    »Ich bin nicht dumm. Und mit dem Netz kenne ich mich aus.«
    »Und ich mich mit Kriegslisten.«
    Meph zuckte mit den Achseln. »Wir wissen nicht, ob die Informationen echt sind, aber wir können auch das Gegenteil nicht beweisen. Und ich brauche immer noch Beweise für Kruppstahls Lügen. Ich kann mich nicht ewig hier verstecken, vergiss das nicht.«
    »Das tue ich nicht. Aber vergisst du auch nicht, wie viel du zu verlieren hast?«
    »Ich verliere doch auch, wenn ich die Hände in den Schoß lege. Dieses Memo ist die beste Chance, die wir haben.«
    »Dann hast du Cassandros Schwarzspeicher also aufgegeben.«
    »Ich weiß einfach nicht, wo ich danach suchen soll.«
    »Dann denkst du nicht scharf genug nach. Cassandro sagte, es wäre für dich ein Leichtes, den Schwarzspeicher zu finden. Das waren deine eigenen Worte.«
    »Er muss sich geirrt haben.« Meph starrte an die Decke. Er hatte schon wieder Hunger.
    »Ich weiß nur, dass nie die Rede davon war, dass du nach anderthalb Wochen immer noch keine Spur hättest.«
    Meph war sich nicht sicher, ob in Rebekkas Worten eine Drohung mitschwang oder ob er sich diese nur einbildete. »Glaubst du, ich stelle mich absichtlich so dumm an?«, erwiderte er.

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