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- Schwarzspeicher - Du kannst dich nicht verstecken

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Titel: - Schwarzspeicher - Du kannst dich nicht verstecken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Radloff
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den Schlagworten Neuromedizin, Biotech, Neurovirus und so weiter.«
    »Ich übermittle die Suchanfrage.«
    David zufolge ergab ihre Anfrage etwa 12.000 Treffer. »Die meisten stehen in den Regalen 26, 31 und 80 bis 84.«
    Etwas an Davids Tonfall irritierte Meph. Ehe er darüber nachdenken konnte, meldete sich Han zu Wort: »Wir haben uns doch längst von außen reingehackt und den Inhalt jedes Buches durchsucht. Wenn in einem davon die Formel für den Antivirus steht, hätten wir ihn längst finden müssen.«
    »Und die Gepo lange vor uns«, ergänzte Lilith.
    Darüber hatte Meph auch schon nachgedacht, ohne eine Lösung zu finden. Doch im Taxi zum Flughafen war ihm wieder der Zeitungsartikel von der Hinfahrt eingefallen. »Papier«, murmelte er. »Wir haben zwar den Text jedes Buchs durchsucht, aber was ist mit den Büchern selbst? Ich vermute, man hat die Formel mit der Hand auf die Buchseiten geschrieben.«
    Schweigen. Fast glaubte Meph, in der Ferne die Sirenen der Gedankenpolizei zu hören, die auf dem Weg zu ihnen war. 1:10, 1:11 …
    »Angenommen, du hast recht«, sagte Han endlich, »woher wissen wir dann, in welchem Buch wir suchen müssen?«
    Darauf wusste Meph allerdings keine Antwort. »Ich hatte gehofft, ihr habt eine Idee.«
    »Hier ist eine«, meinte Lilith gehetzt. »Du fängst schon mal an, die 12.000 Treffer durchzublättern, und Han und ich verschwinden. Wenn die Lobo-Drohnen da sind, kannst du sie ja um Hilfe bitten.«
    »Denkt doch mal nach! Es muss ein Buch sein, das sofort ins Auge springt, wenn man weiß, wonach man suchen muss. Wer auch immer den Antivirus versteckt hat, wollte schließlich, dass man ihn findet.«
    Han schnalzte mit der Zunge. »Da ist was dran. Und mir fällt noch etwas ein: David würde unsere Charaktere nicht auf eine Mission schicken, die wir nicht erfüllen können. Er wird also darauf geachtet haben, dass wir das Buch durch Nachdenken finden können.« Wie immer dachte Ben noch eine Ecke weiter.
    »Unsaubere Vermengung von Spieler- und Charakterwissen. Dafür ziehe ich euch fünf Sekunden ab.« Mit diesen Worten stellte David die Stoppuhr vor.
    Meph verdrehte die Augen. Es war nicht zuletzt David zu verdanken, dass er so gerne Thought Police spielte. Er war ein ausgezeichneter Spielleiter, der es verstand, die düstere Welt von Neoberlin ganz ohne Grafikeffekte und Surround-Sound zum Leben zu erwecken, nur mit Worten und einem einzigen, selbst gezeichneten Bild. Bei den Abenteuern, die David sich für Connor und die anderen ausdachte, fieberte Meph auf eine Art und Weise mit, die er nur von guten Büchern und exzellenten Filmen kannte. Und selbst dieser Vergleich hinkte. Bei Thought Police saß Meph nicht im Publikum, sondern spielte eine Hauptrolle.
    Der einzige Wermutstropfen war Davids Pingeligkeit, die an Paranoia grenzte. Wenn er eine Regelverletzung ausmachte, zog er den Charakteren gnadenlos Erfahrungspunkte ab oder erhöhte den Zeitdruck. Meph fragte sich, was für ein Mensch David im echten Leben war. Mussten seine Friends und Kollegen ihn ebenfalls wie ein rohes Ei behandeln? Meph wusste nichts über ihn. Er kannte nicht einmal Davids MyLife-Seite, und er hatte mehr als einmal danach gesucht. Im Grunde wusste Meph nicht viel mehr über ihn, als wie seine Stimme klang.
    »Gut, dann eben auf die brachiale Tour«, rief Han. »Jeder nimmt sich ein Regal vor und blättert so viele Bücher wie möglich durch. Lilith, welches waren die Regale mit den meisten Treffern?«
    »Äh … 26, 32, nein warte …«
    »Der Bibliothekscomputer blendet vor Liliths Auge noch immer die Zahlen 26, 31 sowie 80 bis 84 ein«, korrigierte David. Wieder wunderte Meph sich, warum er die letzte Zahl derart betonte.
    Im nächsten Moment schlug er sich vor die Stirn. »Ich hab‘s!«
    In der Flugzeugkabine drehten sich mehrere Köpfe in seine Richtung. Leiser redete er weiter. »Ich weiß jetzt, in welchem Buch die Formel steckt. Lilith, such nach 1984 .«
    »Ich gebe ein, was Connor sagt. Was ist das für ein Buch?«
    »So ein Überwachungsschinken aus dem letzten Jahrhundert. Musste ich in der Schule lesen. Connor hat die Holoverfilmung gesehen, behaupte ich jetzt mal.« Seine letzten Worte wählte er mit Bedacht. Und mit Erfolg: David ließ die Erklärung durchgehen, ohne ihnen weitere Sekunden abzuziehen.
    » Nineteen Eighty-Four von George Orwell. Regal 35, drittes Fach, Sektion B12«, verkündete der Spielleiter. Er klang eindeutig zufrieden, dass Meph sein Rätsel gelöst

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