- Schwarzspeicher - Du kannst dich nicht verstecken
Effenberger. Darf ich Martin sagen?«
»Meph«, sagte Meph.
»Wie bitte?
»Ich heiße Meph. Alle nennen mich so.«
»Meph. Gut. Je offener Sie meine Fragen beantworten, desto schneller sind Sie hier fertig, Meph. In Ordnung?«
Meph schwieg. Helm und Schild auf Stephans Dienstausweis versprachen Sicherheit, aber es war ein Versprechen ohne Bedeutung. Auch seine Entführer waren vom IKM gewesen. Hatte der Bulle ihnen den Befehl gegeben, ihn zu foltern, damit er sich nachher als Retter inszenieren konnte?
Stephans las Daten von seinem Pad ab. »Sie sind 24 Jahre alt, geboren in Hannover. Wie ich sehe, haben Sie den gleichen Geburtstag wie das Internet. Das World Wide Web, wie wir es kennen, ging an einem 6. August online. Das wussten Sie nicht? Na, war ja auch vor Ihrer Zeit.«
Meph fuhr zusammen, als er ein Geräusch hörte. Aber niemand stürzte in den Raum und richtete eine Waffe auf ihn.
»Meph, hören Sie mir überhaupt zu?«, fragte Stephans.
Er nickte und schüttelte gleich darauf den Kopf. »Warum haben Sie mich einsperren lassen?«
»Dazu komme ich gleich. Zuerst will ich herausfinden, wer Sie sind.«
»Ich habe nichts verbrochen.«
»Beantworten Sie einfach meine Fragen. Wo wohnen Sie?«
»Im PC-Baang«, erklärte Meph. »Die Filiale in der Seegefelder Straße.«
»Ich meine Ihren Wohnsitz.«
»Das sage ich doch. Ich wohne im Baang.«
»Sie wollen mir erzählen, Sie wohnen in einem Internetcafé?« Stephans hob skeptisch eine Augenbraue. Meph fand, dass die Bewegung einstudiert wirkte.
»Viele machen das«, erwiderte er. »Seit die Mieten explodieren, sind I-Cafés günstiger als eine richtige Wohnung.«
»Zugegeben, die Berliner Mieten sind hoch. Aber man kann sich immer noch eine Wohnung leisten.«
»Vielleicht. Aber der Breitbandzugang im Baang verdient seinen Namen, und er ist im Preis inbegriffen.« Meph griff nun doch nach dem Kaffee. Er war lauwarm und dünn und schmeckte herrlich.
Stephans sah ihn schweigend an. Meph fuhr sich über die Lippen. »Außerdem kann ich es mir nicht leisten, die Grafikhardware zu kaufen, die ich brauche«, fügte er hinzu. »Wozu also eine Wohnung mieten, wenn ich meine Zeit sowieso im Baang verbringe? Dort gibt es Schlafkabinen, einen Mikrowellenherd und einen Automaten, der Zahnpasta verkauft.«
Wieder die Augenbraue, diesmal die andere. »Mehr benötigen Sie nicht? Sie sind also eine Art moderner Nomade.«
Meph zuckte die Achseln.
»Und Sie verspüren nicht den Drang, sich irgendwo niederlassen?«
»Ich habe es nie anders kennengelernt. Meine Mutter war Schauspielerin und ist ihr Leben lang von einer Bühne zur nächsten gereist. Ich habe meine Kindheit praktisch im Hotel verbracht. Alle paar Wochen in einem anderen.«
»Verstehe.« Der Unglaube war aus Stephans Stimme gewichen, und Meph hatte den Verdacht, dass der Bulle ihn stattdessen bedauerte.
»Ich war nicht einsam«, betonte er. »Im Netz hatte ich Hunderte von Friends. Damals war das noch richtig viel.«
»Ich weiß«, sagte Stephans. »Aber bleiben wir beim Thema. Eben haben Sie von teurer Grafikhardware gesprochen. Wofür brauchen Sie die?«
»Ich entwerfe Poddesigns«, erklärte Meph. »Um eine aufwändige 3D-Grafik in guter Qualität zu rendern, braucht ein Pad ein paar Stunden. Dedizierte Hardware erledigt das in Sekunden.«
»Das klingt, als seien Ihre Designs sehr anspruchsvoll. Ich persönlich bin mit der Standardoberfläche immer zufrieden gewesen.«
»Meine Kunden waren das früher auch.«
»Das klingt, als wollten Sie mir anbieten, meinen Pod umzugestalten.«
»Nein, natürlich nicht«, wehrte Meph ab. »Ich antworte nur auf Ihre Fragen.«
Stephans beugte sich vor. »Lassen Sie mich eines klarstellen, Meph: Ich würde Ihnen unter keinen Umständen Zugriff auf meinen Pod gewähren, schon allein aus dem Grund, weil ich mich damit strafbar machen würde.«
Meph versteifte sich. »Haben Sie mich deshalb abgeholt? Weil ich Poddesigner bin? Ich schwöre, ich habe die Daten meiner Kunden nie angerührt.«
»Das will ich hoffen«, entgegnete Stephans kühl. »In jedem Fall scheinen Sie sich gut in der digitalen Welt auszukennen. Programmieren Sie selbst?«
»Ein bisschen. Ich habe hier und da bei Open-Source-Projekten mitgeholfen.«
»Tatsächlich? Ich auch.« Stephans lächelte. In seiner Pranke sah der Kaffeebecher wie ein Schnapsglas aus. »Welche Programmiersprachen?«
»Ich habe nie echten Code geschrieben, nur Benutzeroberflächen gestaltet«, gestand Meph. »Und das
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