- Schwarzspeicher - Du kannst dich nicht verstecken
drückte den Off-Button.
Die Dunkelheit schlug über ihm zusammen und schnürte ihm die Kehle zu. Er rüttelte an der Tür, aber sie blieb verschlossen. Als er ein Rascheln hörte, wusste er nicht, ob die Quelle in der Ferne lag oder direkt zu seinen Füßen. Mit zitternden Knien hockte er sich auf den Boden.
Irgendwann horchte er auf. Er brauchte eine Weile, bis er erkannte, dass das Geräusch von einem mechanischen Schloss stammte, in dem sich ein Schlüssel drehte. Türangeln quietschten. Grelles Neonlicht fiel in den Gang und reduzierte die Gestalt im Türrahmen auf eine Silhouette.
»Wurde auch Zeit«, sagte David.
///11
Blaulicht zuckte über die Mannschaftswagen, die eine unordentliche Reihe auf der Karl-Liebknecht-Straße bildeten und immer neue Einsatzkräfte ausspuckten. Die Sirenen von Polizei und privaten Sicherheitsfirmen schrillten durcheinander. Nach dem Aussteigen vermischten sich staatliche und private Ordnungshüter für kurze Zeit, ehe sie sich voneinander absetzten wie Öl und Wasser, streng nach Herkunft getrennte Einsatzgruppen bildeten und sich wieder in Bewegung setzten, sobald sie ihre Befehle erhalten hatten. Aus der Ferne konnte Stephans die beiden Parteien in ihren Sicherheitspanzerungen nur auseinanderhalten, wenn er auf die Bewaffnung achtete; die falschen Polizisten trugen keine Maschinenpistolen.
Seine Lungen brannten. Längst bereute er seinen Entschluss, vom Ministerium zum Ground Zero zu laufen. Doch wenn er erst seinen Wagen aus der Tiefgarage geholt hätte, hätte er wertvolle Zeit verloren, und Stephans ahnte, dass er sich das nicht leisten konnte. Von Seitenstechen geplagt steuerte er den nächsten Durchgang auf den Platz des 16. Oktober an. Die Lücke im Zaun war mit Gittern versperrt, und ein Zug der Bereitschaftspolizei drängte jeden zurück, der den Platz betreten oder verlassen wollte. Als sie den Zivilisten bemerkten, der sich ihrem Posten in vollem Lauf näherte, wanderten die Hände der Polizisten zu den Waffen. Stephans hatte keine Lust, sich von einem nervösen Beamten erschießen zu lassen und drosselte das Tempo.
Als er die Sperre erreichte, richteten sich mehrere Mündungen auf seine Brust. »Kommissar Stephans, IKM«, keuchte er. »Lassen Sie mich durch.«
»Können Sie sich ausweisen?«, verlangte der Zugführer zu wissen. Er hatte als Einziger seiner Mannschaft das Visier hochgeklappt.
Stephans deutete auf den Dienstausweis an seinem Revers. Der andere richtete sein Siemens darauf, um den eingeschweißten Funkchip auszulesen. Nach einem Blick auf sein Pad hielt er es Stephans hin. »Bitte autorisieren Sie sich.«
Stephans legte den Finger auf den Sensor, und ein grünes Textfeld erschien. Der Zugführer entspannte sich. »Sie können passieren.«
»Danke. Und überprüfen Sie beim nächsten Mal meine Fingerkuppe, um sicherzugehen, dass ich Ihren Sensor nicht täusche.«
Der Beamte lief rot an. »Äh … Jawohl, Herr Kommissar.«
Stephans zwängte sich durch den Spalt zwischen den Sperrgittern, den die Polizisten für ihn geschaffen hatten, und tauchte in die Menge ein. Der Platz des 16. Oktober war der zentrale Verkehrsknotenpunkt Berlins. Über ein Dutzend U- und S-Bahn-Linien liefen hier zusammen, und die Vollsperrung fand an einem Freitag zur Hauptverkehrszeit statt. Unzählige Pendler und Touristen standen auf dem Platz herum, telefonierten oder suchten in den Newsblogs nach dem Grund für die Abriegelung. Viele von ihnen sahen Stephans argwöhnisch an. In der Eile hatte er seinen Helm im Kommandoraum liegen gelassen.
Während er sich zum Bahnhof vorarbeitete, wählte er eine Nummer aus dem Kurzwahlspeicher seines Pads an. Es läutete viermal, ehe Fenninger abnahm.
»Hanno, wo steckst du? Hast du eine Ahnung, was hier gerade los ist? Littek hat die halbe Innenstadt gesperrt, und …«
»Ich weiß. Ich war dabei.«
»Was ist passiert? Hier schwirren die wildesten Gerüchte herum. Du hättest dich mit Littek geprügelt, erzählt man sich.«
»Wichtig ist im Moment nur, dass er mich von dem Fall ausgeschlossen hat. Ich habe einen Kontakt im Kommandoraum, der mich auf dem Laufenden hält, aber ich brauche deine Hilfe.«
»Solange ich keinen Ärger mit Littek kriege. Was ist überhaupt los?«
»Dieser Effenberger hat sich ein A-Modul beschafft, und jetzt können wir ihn nicht mehr anpeilen.« Fenninger pfiff durch die Zähne, als Stephans den Anonymisierer erwähnte. »Ich glaube, ich kann ihn trotzdem finden, aber dafür musst du einen
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