- Schwarzspeicher - Du kannst dich nicht verstecken
selbst benutzt. Aber seit sie alle U-Bahnhöfe mit Gesichtserkennungskameras und Podscannern zugepflastert haben, ist es zu riskant.«
»Und wie gehst du ins Netz?«
»Ich habe einen alten Router zum Laufen gebracht. Über die Leitungen von früher kann ich auf das Netz zugreifen. Beim Bau des neuen Bahnhofs waren sie zu geizig, die gesamte Elektronik neu zu verlegen und haben Teile der alten Kabel weiterverwendet.«
»Und niemand hat je bemerkt, dass du die Bahnhofsleitungen anzapfst?«
Cassandro zuckte gelassen die Achseln. »Das bleibt unter dem Radar. Die Leitsysteme der Züge und die Kameras erzeugen riesige Datenmengen. Meine paar Megabytes fallen gar nicht auf.«
Meph nickte anerkennend. »Nicht schlecht. Machen die anderen das genauso?«
»Die anderen?«
»Die anderen Schattenmenschen. Ich habe nicht viel von dem Gangsystem gesehen, aber es muss groß genug für euch alle sein. Wie bei Thought Police .«
»Ich hoffe, dir ist klar, dass das hier nicht Thought Police ist«, stellte Cassandro fest.
»Natürlich. Also, wie viele seid ihr?«
Mit ausdruckslosem Blick schob Cassandro sich ein Stück Orange in den Mund.
»Aber du stehst du mit ihnen in Kontakt?«, vermutete Meph. »Du weißt, wo sie sich verstecken und wie du sie erreichen kannst?«
»Ich habe keine Ahnung, von wem du redest.«
»Von den anderen Widerständlern. Von der Untergrundbewegung gegen Westphal und das IKM. Was glaubst du, warum ich hier bin? Ich will mich euch anschließen.«
Cassandro begann zu lachen.
Er warf den Kopf in den Nacken und schlug sich auf die Schenkel, bis ihm der Fruchtsaft in Bächen über das Kinn lief. Der Gefühlsausbruch wirkte völlig übertrieben, als säße Meph einem schlechten Schauspieler gegenüber. Er begriff, dass Cassandro im zwischenmenschlichen Bereich aus der Übung war.
»Du denkst wirklich, ich lebe hier unten in geheimer Mission und bastle mit einer Horde Mitverschwörer an der Bombe, um Westphal zu schaden?«, kicherte Cassandro. »Selbst für einen wie dich ist das ziemlich random.«
Meph war zu konsterniert, um beleidigt zu sein. »Aber … Wenn du nicht hinter Westphal her bist, warum versteckst du dich dann hier unten?«
Cassandro schnitt die nächste Orange an. »Das musst du Westphal fragen. Er ist hinter mir her, nicht umgekehrt.«
»Aber irgendwas musst du doch gemacht haben. Die jagen dich doch nicht einfach so.«
»Bist du dir da ganz sicher?«
»Du behauptest, dass du durch Zufall zum Staatsfeind geworden bist? Du hast nichts Falsches getan?«
Cassandro tippte sich an die Schläfe. »Es geht nicht um das, was ich getan habe. Es geht um das, was ich weiß.«
»Und was ist das?«
»Das Letzte, was du willst, ist eine Antwort auf diese Frage.«
Meph machte eine ernüchterte Geste. »Du weißt also, was ich will und was nicht.«
Cassandro nickte. »In den letzten zwei Jahren habe ich oft genug miterlebt, wie du dich in Extremsituationen verhältst.«
»Ich bin nicht Connor.«
»Natürlich nicht. Die Unterschiede sind offensichtlich.«
»Allmählich habe ich genug von deiner Überheblichkeit. Wer gibt dir das Recht, über mich zu urteilen? Ich verbringe meine Zeit nicht damit, Dosenroulette zu spielen und in Selbstmitleid zu baden. Denkst du, ich wüsste nicht, auf wen dein Name anspielt? Aber der Vergleich hinkt. Damit deine Warnungen ungehört verhallen können, musst du sie zunächst einmal aussprechen. Doch das ist dir offenbar zu viel Arbeit, sonst würdest du nicht ängstlich in deinem Erdloch hocken und die Augen vor dem Rest der Welt verschließen.«
»Ich habe dir geholfen«, merkte Cassandro an.
»Weil du einen Lieferservice gebraucht hast. Es geht immer nur um dich.«
Cassandro schlug mit der Faust auf den Tisch, dass die Tastaturen tanzten. »Wer von uns beiden ist denn der Staatsfeind? Im Gegensatz zu dir wurde ich zur Flucht gezwungen!«
»Ich etwa nicht?«, gab Meph aufgebracht zurück. »Die haben mich gefoltert!«
»Glaubst du, dass sie mir einen freundlichen Klaps auf die Schulter geben werden?« Cassandro lief zu einer der Kisten und riss den Deckel auf. Sie war randvoll mit alten Festplatten. Wahllos packte er eine davon und hielt sie Meph unter die Nase. »Hier! Ich besitze so viele Schwarzspeicher, dass sie mich allein dafür verschwinden lassen würden. Im Vergleich zu dem, was man mir antun wird, bist du mit ein paar blauen Flecken davongekommen, also jammere mir nicht die Ohren voll!«
»Ich dachte, du versteckst dich, weil sie hinter dir
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